Am vergangenen Sonntag hatte ich im Fernsehen von einer Aktion erfahren, deren Sinn mir nicht unmittelbar einleuchtete, die aber gerade aufgrund ihrer ungewöhnlichen Natur augenscheinlich ein großer Erfolg war. Die Rede ist von dem Still-Leben Ruhrschnellweg. Wer es nicht mitbekommen hat: Die Bundesautobahn A40 und Teile der Bundesbahn A52 sowie der Bundestraße B1 wurden auf einer Gesamtlänge von 60 Kilometern für den Autoverkehr voll gesperrt, damit die Bürger und Besucher der Metropole Ruhr ein Fest kultureller Vielfalt feiern konnten. Dabei wurden etwa 20.000 Tische zur längsten Tafel der Welt aneinandergereiht und um sie herum gesangliche, tänzerische, theatralische und andere künstlerische Programmpunkte angeboten. Soweit zum Fest.
Nun hat mich ein Twitter-Post meines geschätzten Ex-Kollegen André (eigentlich Retweet vom ebenfalls geschätzten GoogleWatchBlog) heute dazu animiert, mir einmal ein Internet-Angebot des WDR genauer anzusehen. Dort bietet die Rundfunk- und Fernsehanstalt dem Besucher nämlich ein 360-Grad-Panorama der besagten Veranstaltung an. Wer also nicht selbst vor Ort war, kann einen Blick auf die „größte Picknick-Strecke der Welt“ werfen, indem er mittels seines Mauszeigers virtuell die 60-Kilometer-Strecke abläuft. Hindurch zwischen all jenen Personen, die es zum Fest geschafft haben. Und die sind auch genau der Knackpunkt, der eine interessante Frage aufwirft.
Während nämlich Google bei seinem Street View-Projekt die Gesichter aller auf den Aufnahmen zu erkennenden Menschen (auf deren Verlangen hin) unkenntlich machen muss, ist dies bei dem WDR-Angebot unterblieben. Auf dem Screenshot lassen sich die Gesichter der Besucher gut erkennen. Da in Deutschland ja so hoher Wert auf Datenschutz gelegt wird, wollte ich sichergehen, dass hier auch wirklich alles mit rechten Dingen zugeht und habe daher mal bei der Kölner Firma Panogate nachgefragt.
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Deren Produkt „Sightwalk“ bildet nämlich laut kleinem Copyright-Vermerk die Basis für das WDR-Panorama. Der Geschäftsführer Henrik Wild versicherte mir in einem Telefongespräch, dass bei dem Projekt alles datenschutztechnisch unbedenklich ablief. Man sei als technischer Dienstleister vom WDR damit beauftragt worden, das Fest mitsamt der sich dort befindenden Menschen zu fotografieren – ohne sie unkenntlich zu machen. Die redaktionelle Verantwortung hätte dabei beim WDR gelegen. Und der hat zuvor beim Veranstalter das Okay eingeholt, der wiederum alle Besucher explizit darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass sie gefilmt oder fotografiert werden könnten.
Beim Still-Leben Ruhrschnellweg handelt es sich nämlich um eine geschlossene Veranstaltung, für deren Zutritt jeder Besucher eine Karte kaufen musste. – mit Betreten der Geländes nahm der Besucher die Haus- und Streckenordnung zur Kenntnis und willigte in die AGB (Paragraf 7, PDF) des Veranstalters ein. Diese enthalten eine Klausel, die auf die Möglichkeit von Film- und Fotoaufnahmen hinweist. Zudem wurde der Hinweis in schriftlicher Form auch an den Eingängen angebracht. (Karten brauchte nur, wer an einem Tisch sitzen wollte). Somit sei hier im Grunde ein ähnliches Szenario wie im Fußballstadion oder einem Musik-Konzert gegeben. Dies wurde mir auf Nachfrage von einem Projektbeteiligten bestätigt. Und auch von einem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen. Ein ähnlicher Kontext wie bei Googles Projekt, bei dem man quasi ungefragt auf offener Straße fotografiert wird, lag somit nicht vor.
Außerhalb des „abgesperrten“ Geländes wurde vom WDR aber darauf geachtet, dass die Gesichter von Personen oder die Kennzeichen von Autos anonymisiert wurden. Auf dem obigen Bild ist das schwach, aber doch gut genug zu erkennen.
(Marek Hoffmann)
Was für ein Glück das ich dann doch nicht hin bin.
Schon ein gutes Stück was sich da der Veranstalter/WDR erlaubt. Aber im Gegenzug sieht man auch was alles mal wieder mit den AGB, ohne sie zu lesen, so alle abgenickt wird.
Man musste eine Karte kaufen? Als ich dort war war das absolut nicht der Fall. Man konnte die Autobahn so betreten. Ob an den Eingängen etwas derartiges aushing kann ich nicht sagen. Hab das aber auf den Schildern nicht wahrgenommen. Mich stört es jetzt nicht wenn ich wirklich irgendwo auf den Bildern zu sehen bin, aber ob dies wirklich so etwas anderes als Google StreetView kann ich nicht so ganz erkennen.
Man brauchte nur Karten für Tische, oder?
Oh wie furchtbar!…
Ich persönlich finde, dass das wirklich Schlimme nicht die Aktion vom WDR ist, sondern dass tatsächlich Leute sich über diese Sache aufregen. Alleine schon die Debatte über Streetview sehe ich sehr skeptisch gegenüber, aber wo soll man denn jetzt hinkommen, wenn man auch bei Fernsehübertragungen schon Leute aus einer Menge heraus unkentlich machen müsste? Man sollte doch viel mehr entgegengesetzt denken: wieso ist Streetview denn schlimm? Sollen wir demnächst alle maskiert vor die Straße gehen, weil sonst die Nachbarn wissen wohin ich wann gegangen bin? Habe etwas Angst, dass in Deutschland dann doch etwas zu viel Paranoja regiert…
„Beim Still-Leben Ruhrschnellweg handelt es sich nämlich um eine geschlossene Veranstaltung, für deren Zutritt jeder Besucher eine Karte kaufen musste.“
Das ist FALSCH!
Zitat von der von euch verlinkten Seite (http://www.ruhr2010.still-leben-ruhrschnellweg.de/deutsch/projekt/idee/):
„Voranmeldungen für die Nutzung dieser Mobilitätsspur sind nicht erforderlich, auch für das Flanieren auf der so genannten Programmspur wird keine vorherige Anmeldung benötigt.
Um am Veranstaltungstag >Platz an >>einem der Tische<< zu nehmen,< muss im Vorfeld ein Tischticket erworben werden.
@mace: Was stört dich den daran bitte? Das man dein Bild im Internet sieht? So wie auf dem Profil Bild welches du hier eingestellt hast? Ich versteh dieses ganze Datenschutzgeschwafel nicht. Irgendwie hat man das Gefühl, das besonders die Deutschen das nur noch aus Prinzip gegen einen lockeren Datenschutz sind. Ich find es ja löblich, aber bei dem inkonsequenten Verhalten vieler Deutscher nicht verständlich. *Kopf schüddel*
@Mischa: guter Beitrag!
Naja, ich glaube es hat nix mit dem einfach Abnicken der AGB’s zu tun. Ich denke es stört eben nur einen sehr kleinen Prozentsatz von Menschen, dass von Ihnen Aufnahmen gemacht werden könnten.
Ich finde die Datenschutzbedenken nach wie vor albern und hoffe, das Google Street View auch für Deutschland bald verfügbar sein wird.
(Gesichter und Autokennzeichen sind ja eben unkenntlich gemacht.)
@stecklars: Yepp. Habe mich diesbezüglich gerade noch vergewissert und ändere es oben entsprechend ab.
Ich habe die Streckenordnung vorher gelesen und da stand das eindeutig drin.
Für mich war das eigentlich von vornherein klar, dass es Film- und Fotoaufnahmen von mir geben kann und ich halte das bei einer solchen (in meinen Augen allerdings) öffentlichen Veranstaltung auch nicht für einen besonders groben Eingriff in die Privatsphäre.
Wer in ein Geschäft geht, muss ja auch damit rechnen von Überwachungskameras aufgenommen zu werden.
Das hätte man sich ja auch vorher überlegen können bevor man dort hingeht.
Eine solche Klausel ist auch in anderen Umgebungen, wie der Verfasser selbst ja schreibt (z.B. im Fussballstadion), völlig normal.
Es kann dem Veranstalter wohl kaum angelastet werden, dass die Besucher Hinweise nicht lesen. Wäre genauso absurd wie in der U-Bahn zu rauchen und wenn man dann Strafe zahlen soll zu sagen „Ich habe die Hausordnung nicht gelesen“.
Was man dem Veranstalter aber durchaus vorwerfen kann ist das fehlende Fingerspitzengefühl zu Zeiten in denen kontrovers über Street View diskutiert wird.
Kleine Ergänzung noch:
Wer in der Öffentlichkeit nicht gesehen werden will, sollte vielleicht über eine Burka nachdenken.
Aber da hat ja der deutsche Pöbel (pardon) wieder was dagegen. Man will ja schließlich sein gegenüber in der Öffentlichkeit erkennen.
Was denn nun? Privatsphäre oder Identifizierbarkeit.
Heimlich auf die A40 zu gehen am Sonntag war sowieso nicht möglich.
Und ob man nun nur von anderen Menschen vor Ort gesehen werden konnte oder auch von Menschen im Internet, wo ist der Unterschied?!
@Beelzebub2003
Mich stört es ja nicht, wie ich bereits in meinem obigen Kommentar geschrieben habe. Mich kann man dort ja ruhig sehen, so wie auf meinem Foto hier im Internet :). Ich habe damit kein Problem. Sehe da nur wie gesagt nicht den Unterschied zu StreetView, da das keine geschlossene Veranstaltung war.
@Beelzebub2003 – ich glaub, @mace stört es nicht, dass er auf einem Bild landen kann. Im Gegenteil, in seinem letzten Satz meint er, dass für Streetview die Messlatte viel zu hoch liegt.
Naja § 22 KunstUrhG regelt ja vor allem das recht am eigenen Bild und das niemand einfach so Bilder von einem veröffentlichen darf. § 23 regelt die Ausnahmen, und sowas wie oben erfüllt wohl die Tatbestände 1 (Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;) und 3 (Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;). Diese dürfen einfach so veröffentlicht werden ohne das die Person das erlaubt haben muss.
Ich denke einfach mal das WDR beruft sich bei der ganzen Sache da drauf. Ne Schweinerei ist es trotzdem 🙂
Also ich hab jetzt mal paar kilometer abgescrollt und gefühlte 80 prozent der besucher sind zwischen 55 und 70 jahren alt und der rest familien mit kindern. es liessen sich echt keine frauen mit geilen totten finden und auch nicht minirockbitches. scheiss langweilig also. auf grund des artikels hatte ich ganz andere erwartungen.
Auf einer öffentlichen Veranstaltung ist es meiner Meinung normal das Bilder gemacht werden und ins Internet gestellt werden.Von mir sind auch Bilder im Internet und das ist auch völlig in Ordnung.Und ich hoffe das Street View bald auch bei uns an den Start geht.
Auf einer öffentlichen Veranstaltung ist es meiner Meinung normal das Bilder gemacht werden und ins Internet gestellt werden.Von mir sind auch Bilder im Internet und das ist auch völlig in Ordnung.Und ich hoffe das Street View bald auch bei uns an den Start geht.
Da passt der neue Bericht im Spiegel ja gut dazu
„Jahrelang hat Apple Millionen iPhones weltweit als W-Lan- und Mobilfunkmasten-Scanner benutzt – ohne seine Kunden zu informieren“
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,707417,00.html
Genau wie im intergalaktischen Planungsbüro, die Pläne zum Abriss der Erde bereits vorlagen. Selber Schuld, wenn man sie vorher nicht einsieht, oder? 😉
@16: So ungefähr. 😉
Demnächst hänge ich auch einfach ein Schild an meinen Briefkasten:
Wer hier etwas einwirft, verpflichtet sich… zu was auch immer.
Komisch, überall muss man bestätigen (Häkchen setzen), dass man zB. AGBs zumindest zur Kenntnis genommen hat. Hier reicht es plötzlich, dass irgendwo ein Schild steht, welches die meisten schon aufgrund der Menschenmassen gar nicht sehen konnten, um sich mit etwas einverstanden zu erklären.
Eigentlich soll es mir (in diesem Fall) egal sein, aber es ist doch interessant zu sehen, wie mal wieder mit zweierlei Maß gemessen wird…
@15
Blablabla… und Andoid macht es genauso;)
http://blog.fefe.de/?ts=b2bb296d