Die einen werden es vermutet haben, die anderen befürchtet: Trotz der teils sehr bedenklichen Beschränkungen, denen ausländische Unternehmen in China ausgesetzt sind – das Land muss sich wegen möglicher Sanktionen oder Boykotts durch diese Firmen keine Sorgen machen. Symptomatisch dafür dürfte wohl der Fall Google sein, in dem der Suchriese sich zuerst gegen das totalitäre Regime auflehnte und dann – ganz offensichtlich aus finanziellen Interesse – wieder auf Schmusekurs ging. Dass der Suchriese nun immer wieder als Beispiel dafür herhalten muss, wie Konzerne vor China kuschen, dürfte vor allem an der Enttäuschung darüber liegen, dass das Unternehmen sich selbst beziehungsweise seinem Anspruch nicht treu geblieben ist. Denn nüchtern und emotionslos betrachtet sind finanzielle Erwägungen, die das Überleben eines Konzerns und damit unzählige Arbeitsplätze sichern, an der Tagesordnung. Mögen sie moralisch oder ethisch noch so verwerflich sein.
Und weil beziehungsweise dass dem so ist, beweist aktuell der finnische Mobilfunk-Hersteller Nokia. Wie die internationale Nachrichtenagentur AFP mit Berufung auf Sprecher der chinesischen Behörde State Bureau of Surveying (Aufgabenbereich) berichtet, haben sich die Finnen als erstes ausländische Unternehmen die Erlaubnis eingeholt, ihren Karten-Dienst Ovi Map im Land der Mitte betreiben zu dürfen. „Wenn es irgendwelche Einwände gegen die veröffentlichten Ergebnisse geben sollte, werde wir eine Untersuchung einleiten. Anderenfalls werden wir den Antrag des Unternehmens offiziell genehmigen“, so der Sprecher.
Wer der Meinung ist, dass ich hier Äpfel mit Birnen vergleiche, der Streit um Googles zensierte Suchergebnisse nichts mit Nokias Karten-Dienst zu tun hat, dem möchte ich kurz meine Sicht der Dinge schildern. Zum einen ist es doch sehr erstaunlich, dass sich ein Karten-Dienst-Anbieter von einer Regierungsbehörde die Erlaubnis einholen muss, seinen Service anbieten zu dürfen. Es ist ja nicht gerade so, dass Nokia dabei auf Chinas Staatsgeheimnisse oder -dokumente zugreifen würde. Und eventuell rechtswidrig erworbene User-Daten, wie es Google im Zusammenhang mit seinem Street-View-Dienst vorgeworfen wurde, verwenden die Finnen für Ovi Maps meines Wissens auch nicht. Und selbst wenn: Dann müsste eben an diesem einzelnen Rädchen gedreht werden, aber dadurch würde doch der Service als solcher nicht genehmigungspflichtig. Wofür also eine Erlaubnis?
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Des Weiteren sehen die erst im vergangenen Juni eingeführten Bestimmungen vor, dass sich alle Anbieter von Online-Karten-Diensten diese Erlaubnis bis zum Ende des Jahres eingeholt haben müssen. Sonst darf die Behörde jene Karten- oder Lokalisierungsdienste einfach verbieten oder abschalten. Wer das nicht möchte, wird also mit der Behörde kooperieren und Zugeständnisse machen müssen. Ähnlich wie dies bei Google der Fall war, zuletzt, als der Suchmaschinen-Betreiber seinen Antrag auf Erteilung der Internet Content Provider License eingereicht hatte, davor, als die Suchergebnisse im Sinne des chinesischen Regimes zensiert wurden. Unter anderem sehen die Bestimmungen (Übersicht) vor, dass jedes ausländische Unternehmen mit einem eigenen Karten-Dienst ein Joint Venture oder einer Partnerschaft mit einem ortsansässigen Unternehmen eingehen muss. „Warum?“ dürfte fast auf der Hand liegen. Weil dann nämlich die rechtliche Handhabe gegen einen unbequemen ausländischen Konzern einfacher ist, als wenn er sich außerhalb der Grenzen Chinas befindet. Für diese Interpretation spricht auch eine weitere Bestimmung, wonach sich die Server, auf denen sich die Karten-Daten befinden, in China befinden müssen.
Apropos Google: Dem Sprecher zufolge hat der US-Konzern – ebenso wenig wie Microsoft – noch keinen entsprechenden Antrag auf Betreiben seines Karten-Dienstes in China eingereicht. Laut Google-Sprecher hängt das damit zusammen, dass die Bestimmungen noch intern geprüft werden. Hauptsächlich wird dabei wohl die oben genannte Server-Klausel für Kopfzerbrechen sorgen, da sich kein Server des Unternehmens auf chinesischem Boden befindet. Letztlich wird man sich aber auch dieses Mal in Mountain View wieder anpassen, teilt man sich mit den chinesischen Konkurrenten Baidu und dem Karten-Dienst-Anbieter DDMap (Google Translate) doch mehr als die Hälfte des Karten-Marktes in China.
Und dass der Karten-Markt ein lukratives Geschäft ist, nicht nur in China, das scheint nun auch Apple mitbekommen zu haben. Der News-Seite Cyberpresse (Google Translate) zufolge hat der in Cupertino ansässige Konzern nämlich das kanadische Unternehmen Poly9 geschluckt. Der Dienst bietet unter anderem einen „Cross-browser, cross-platform 3D“- Weltkugel an. Mit dieser interaktiven Software ist es Usern möglich, einen dreidimensionalen Globus zu drehen und dabei unter anderem Real-Time-Statistiken und zu seinem Aufenthaltsort zu erhalten. Damit hat sich Apple nach dem Google Maps-Konkurrenten Placebase innerhalb kurzer Zeit bereits das zweite Unternehmen aus dem Karten-Bereich unter den Nagel gerissen. Man darf also gespannt sein, was da noch kommt – und wo. Möglicherweise wird ja der chinesische Markt auch anvisiert, was dem Geheimhaltungsstreben von Steve Jobs aber ein großer Dorn im Auge sein dürfte…
(Marek Hoffmann)
Nun ich den „Westen“ beim besten Willen nicht verstehen, wenn also Nokia, Google oder MS sich chinesischen Auflagen beugen müssen, warum gilt das eigentlich nicht umgekehrt ? Warum darf „Baidu“ z. B. seine Dienste anbieten ohne Auflagen. Ich kann mich z. B. an eine Klage von Scientology gegen Google erinnern weil die deren „Vorfeldorganisation“ aus dem Index verbannt haben – wieso wird Baidu nicht für Zensur hierzulande belangt ?
Nicht mal der größte Auftrageber (die öffentliche Hand nämlich, Gemeinden, Bundesländer, Bundesstaat, Staaten, EU-Institutionen) innerhalb der EU kann sich entschließen bei öffentlichen Aufträgen einen klaren (und vor allem rechtlich verbindlichen) Richtlinenkatalog herauszugeben, und den Bewerbern klare Regeln vorzuschreiben wie etwa keine Unterstützung von Dikaturen, Kinderarbeit, Mißachtung von Menschenrechten und sozialen Mindesstandards – das würde tatsächlich Bewegung in die Sache bringen. Solange Vorstände (und Unternehmen im allgemeinen) nicht dafür belangt werden das sie gegen die GRUNDSÄTZE unserer Gesellschaften opponieren und unsere Demokratie in Frage stellen wird sich nichts ändern – im US-Senat gibt es bereits Bestrebungen dies zu ändern würde solche Initiativen in Europa ausdrücklich begrüßen.
Das das „zu Kreuze kriechen“ keinerlei Arbeitsplätze (auf lange Sicht jedenfalls) sichert ist jedem Menschen mit Hausverstand klar – ausser vielleicht im Vorstand der jeweiligen Unternehmen aber sicher nicht an den Produktionsstätten, Europa als Sitz von tausenden Briefkastenfirmen a la Lichtenstein ? Höchstens eine kranke Fantasie von irgendwelchen hochbezahlten Wirtschafttheoretikern.