Na, was ist denn da schon wieder los? Wie ich eben per Zufall auf Digg gelesen habe, scheint es, als stünde Facebook innerhalb kurzer Zeit wieder einmal Ärger mit der muslimischen Community ins Haus. Dieses Mal sind die Betreiber des Sozialen Netzwerks aber direkter in die Geschehnisse involviert. Aber von Anfang an: Vor circa zwei Monaten war Mark Zuckerbergs Plattform in Pakistan für eine Weile nicht mehr erreichbar, da sie vom dortigen IT-Ministerium gesperrt wurde. Der Grund war der „Everybody Draw Mohammed Day“ – ein Malwettbewerb, der die Teilnehmer dazu aufrief, Bilder des Propheten Mohammed zu malen und sie auf Facebook zu posten. Da der Islam jegliche Abbildungen des Propheten verbietet, hatten islamische Anwälte gegen die Aktion geklagt. Zumal sie in ihren Augen eigens darauf abzielte, den Islam zu beleidigen und die Gefühle der Muslime zu verletzen. Die Seite verschwand dann kurze Zeit später wieder vom Netzwerk, wofür offenbar nicht Facebook, sondern der Initiator der Aktion selbst Sorge trug.
So, und nun brennt also wieder die Luft. Und zwar deswegen, weil Facebook am 8. Juli augenscheinlich vier populäre Seiten mit islamischen Inhalten gelöscht hat. Grundlos, wie von den Beschwerdeführern betont wird, da jene angeblich nicht gegen die Nutzungsbedingungen auf der Plattform verstoßen hätten (was sich leider jetzt nicht mehr überprüfen lässt). Und nun drohen sie Mark Zuckerberg und seinem Netzwerk.
Eigentlich handelt es sich mehr um Erpressung in Form eines Boykott-Aufrufs. Sollte Facebook die Seiten nämlich nicht wieder online stellen, dann werden sie aus dem Netzwerk austreten. Und zwar am 21. Juli dieses Jahres. Wenn man den Zahlen Glauben schenken darf, mit denen die Fans der gelöschten Seiten angegeben werden, dann handelt es sich um nicht weniger als 2,47 Millionen. Das wäre ein ganz schöner Schlag für das Netzwerk, das doch so hohe Ambitionen hat, bald eine halbe Milliarde Nutzer zu haben. Zusätzlich zur Reaktivierung der Seiten fordern sie, einen neuen Paragrafen in die Nutzungsbedingungen einzufügen, der das Veröffentlichen von Anti-religiösen oder -islamischen Postings verbietet. Darüber hinaus sollen alle Facebook-Seiten, -Gruppen oder -Events deaktiviert werden, die sich direkt oder indirekt respektlos gegenüber dem Islam äußern.
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Der originale Wortlaut des Aufrufs, der in den vergangenen Tagen offenbar unter zahlreichen der jüngst auf dem Facebook-Blog veröffentlichten Postings auftaucht, lautet wie folgt (ihr könnt ihn im Kontext zum Beispiel unter diesem Post sehen, wenn ihr eingeloggt seid:
Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Verantwortlichen bei Facebook von so einer Aktion nicht zum Einlenken bewegen lassen. Es gab in der Vergangenheit schon den einen oder anderen Fall, wo die Seiten von Usern deaktiviert wurden. Ich meine mich zu erinnern, dass beispielsweise ein Nutzer versehentlich als Spammer eingestuft wurde. Jedenfalls hat Facebook bei solchen „Irrtümern“ eigentlich immer zeitnah gehandelt, den Sachverhalt kommentiert und den Account wieder reaktiviert.
Im vorliegenden Fall gibt es aus Palo Alto meines Wissens bislang keinen Kommentar, was meines Erachtens gegen ein versehentliches Löschen spricht. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass gleich vier Seiten deaktiviert wurden. Es liegt daher der Verdacht nahe, dass – trotz anderslautender Behauptungen in dem Boykott-Aufruf – doch gegen die Facebook-Nutzungsbedingungen verstoßen wurde. Zudem lassen sich die Facebook-Verantwortlichen nicht einmal von hoher Stelle diktieren, was sie zu tun und zu lassen haben. Das musste aktuell der britischen Premierministers David Cameron erfahren, als er den – unerfüllten – Wunsch äußerte, Facebook möge eine Seite mit Solidaritätsbekundungen für den Mörder Raoul Moat löschen.
Wie der Fall aber auch immer liegen mag, ein Detail des Aufrufs ist bemerkenswert, über das ihr beim Lesen vielleicht auch gestolpert seid. Nämlich die Ankündigung, nach dem Verlassen des weltgrößten Sozialen Netzwerks zu Madina wechseln zu wollen. Hierbei handelt es sich um einen Facebook-Klon, der sich offenbar vornehmlich an muslimische Nutzer richtet. Es stellt sich nun die Frage, ob das Ganze nicht vielleicht ein Marketing-Gag des Konkurrenten oder eines ganz besonders eifrigen Fans des Seite ist.
Falls nicht, und Facebook reagiert bis zum Stichtag nicht auf die Forderungen, bin ich sehr gespannt zu sehen, was passieren wird. Sollten die Unterstützer der Aktion tatsächlich die Plattform verlassen – ob nun aufgrund einer tatsächlich ungerechtfertigen Löschung der Seiten oder nicht, sei mal dahingestellt – dann bin ich gespannt, wie viele andere User sie motivieren können. Es würde mich ehrlich gesagt sehr überraschen, wenn es mehr als ein paar Hundert wären. Andererseits: Ziehen tatsächlich knapp zweieinhalb Millionen User (oder vielleicht noch mehr in deren Schlepptau) ab, wäre das das erste Mal, dass sich Facebook einer derart großen Abwanderungswelle gegenübergestellt sieht. Das wäre ein Novum, das noch nicht einmal die Skandale um den Datenschutz geschafft haben. Und zudem würde es – wenn gerechtfertigt, dann sogar noch besser – endlich wieder einmal die Macht des „kleinen Mannes“ demonstrieren.
(Marek Hoffmann / Screenshot)