Die Überraschungsmeldung des Tages dürfte die vom plötzlichen KIN(ds)-Tod sein. „Wir haben die Entscheidung getroffen, uns auf unseren Windows Phone 7-Launch zu konzentrieren und werden das KIN nicht, wie geplant, im Herbst in Europa auf den Markt bringen. Darüber hinaus wird das KIN Team in das Windows Phone 7 Team überführt, wodurch wertvolle Idee und Technologien vom KIN in die künftigen Releases des Windows Phone einfließen sollen.“ Nach gerade einmal sechs Wochen stellt Microsoft also die Produktion und den Verkauf seines „Social Phone“ wieder ein. Wer hierzulande dem Launch des KIN entgegen gefiebert hat, wird sich wohl oder übel neu orientieren müssen.
Die Gründe für das vorzeitige Ziehen des Steckers liegen – wie könnte es anders sein? – im schlechten Abverkauf. Obwohl Microsoft die Zahlen nie kommentiert hat, sind Schätzungen zufolge wohl nur knapp 500 Exemplare des Mobiltelefons bis dato über den Ladentisch gehuscht. Und die Gründe hierfür wiederum dürften zahlreich sein. Da wäre zum einen das sehr gewöhnungsbedürftige Design – vor allem des KIN One, das nahezu rund ist. Dann die recht unübersichtliche, fast konfuse Nutzeroberfläche. Des Weiteren die etwas, sagen wir mal unorthodoxe Marketingstrategie, die bei der anvisierten Zielkundschaft – der „Generation der sozialen Netzwerker“ – betont cool und lässig rüberkommen wollte, offenbar aber gerade deswegen von ihr verschmäht wurde. Nicht zu vergessen die Vorwürfe des Sexting, die gegen einen KIN-Werbespot erhoben wurde. All das hätte schon für einen schlechten Marktstart bereits ausgereicht. Das Genick gebrochen hat dem Projekt letztlich aber offenbar etwas anderes.
Das US-Telekommunikationsunternehmen Verizon, Microsofts Vertriebspartner für das KIN, verlangte von den Kunden viel zu hohe Preise für die dazugehörigen Datenpakete – bevor sie dann drastisch, aber augenscheinlich zu spät reduziert wurden. Der Kunde musste für die Möglichkeit, mit dem KIN im Internet surfen, E-Mails abrufen und andere Internet-Features nutzen zu können so viel bezahlen, wie bei einem viel besser ausgestatteten Smartphone, etwa aus der Droid-Serie. Die nicht gerade zu der am besten betuchten Zielgruppe zählenden Teenager hielt hiervon natürlich denkbar wenig.
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Welches Fazit lässt sich aus der Geschichte ziehen? Ein positiver Aspekt ist, dass Microsoft relativ schnell das Fiasko als solches erkannt und die notwendigen Schritte eingeleitet hat. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Negativer Punkt daran ist allerdings, dass der Katastrophe nicht schon im Vorfeld begegnet oder sie gar verhindert wurde. Aber das lässt sich ja bekanntlich im Nachhinein immer leicht sagen. Ein Konzern mit so viel Geld und Markterfahrung wird schon seine nötigen Studien und Forschungen betrieben haben, ist aber trotzdem vor solchen Pleiten nicht gefeit. Mal abgesehen vom überzogenen Preis dürfte gerade die Werbekampagne schön viel Schaden angerichtet haben. Ich weiß nicht, wer in den riesigen Konzernen solche Dinge abnickt, aber auch Yahoo hat schon 100 Millionen US-Dollar verpulvert, als es sich die völlig wirkungslose „It’s you“-Kampagne von der Agentur Ogilvy & Mather hatte aufschwatzen lassen.
Am Personal-Karussell dreht Steve Ballmer ja schon länger, viele der Top-Manager, unter ihnen James Allard und Robbie Bach, sind bereits gegangen. Kritiker meinen, der Chef selbst sollte den Hut nehmen, damit sich endlich grundlegend etwas bei Microsoft ändern kann. In Anbetracht der nach oben verlaufenden Erfolgskurve in der jüngeren Vergangenheit dürfte dies allerdings ein frommer Wunsch bleiben. Helfen könnte aber sicherlich eine Re-Strukturierung des Unternehmens, ein offenes Ohr für Feedback, Orientierung an der erfolgreichen Konkurrenz, eine große Portion Selbstkritik und wieder ein wenig mehr Weitsicht.
(Marek Hoffmann)