Wenn sich Facebook-Gründer und -Lichtgestalt Mark Zuckerberg in den letzten Wochen und Monaten zu Wort gemeldet hat, hatte es oft etwas Beschwichtigendes und Einlenkendes an sich. Als ehemaliger Student einer Universität, die traditionell einen sehr guten Achter stellt, versteht er sich – an und für sich nicht gerade als Vorzeige-Sportler zu betrachten – mittlerweile auch als Ruder-Experte, wenngleich er meistens zurückrudert.
Jetzt hat er dem Blog Inside Facebook ein exklusives Interview gegeben und dort ist nichts zu spüren von Zurückhaltung oder gar einem Zurückrudern in Sachen Privacy, einem Themenkomplex, der Facebook zuletzt öfter in die Schlagzeilen gebracht hat, als es den Kaliforniern lieb sein dürfte.
Zuckerberg nimmt sich viel Zeit, plaudert aus dem Nähkästchen und wirft einen Blick in die nahe Zukunft. Ob er deswegen so entspannt ist, weil die Privatsphäre-Einstellungen nicht thematisiert werden, oder ob er mit dem Status quo einfach zufrieden ist, so wie er sich heute darstellt, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist jedoch, dass der jugendliche Milliardär mit dem Strahlemann-Image mit seinen 1.400 Angestellten viel konzentrierter und fokussierter an der Zukunft des Unternehmens arbeiten, als das nach außen oft den Anschein erweckt.
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Twitter who?
Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, es war das Social Media-Sommermärchen des Jahres 2009, aber die Spekulationen um einen Twitter-Kauf seitens Facebook hat letztes Jahr doch für viel Gesprächsstoff gesorgt. Wie Mark Zuckerberg im Interview zugibt, war er auch sichtlich beeindruckt vom rasanten Wachstum des Microblogging-Dienstes und bescheinigt ihm auch heute noch, dass er sich auf eine Sache spezialisiert hat und diese auch außerordentlich gut erfüllt.
Mittlerweile ist das Thema vom Tisch und die Facebook-Mannschaft muss auch nicht mehr wirklich befürchten, in den Userzahlen hinter Twitter zurückzufallen. Weder im Nutzer-Zuspruch noch technisch fürchtet Zuckerberg den Konkurrenten:
Ich glaube, ich persönlich habe Twitter zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Wenn man sieht, wie marginal sich Twitter in seinem Funktionsumfang entwickelt und welche Quantensprünge hingegen Facebook in zwei Jahren gemacht hat, möchte man ihm Recht geben.
Anvisierte Erträge für 2010: Jenseits der Milliarden-Grenze
Tja, die ganz lange Nase zeigt Mark Zuckerberg all denen, die Facebook attestiert haben, einen Social Media-Koloss geschaffen zu haben, den zwar so ziemlich jeder nutzt, aber mit dem niemand – allen voran Facebook selbst – Geld verdienen kann.
Bereits für dieses Jahr möchte/wird man Erlöse in Höhe von 1,1 Milliarden US-Dollar erzielen. Im Grunde könnten sich die Facebook-Manager zurücklehnen und einfach diesen Ist-Zustand beibehalten und grundsätzlich hätte Zuckerberg damit sogar gar kein Problem. Er versichert nämlich, dass er nach wie vor nicht die höchste Priorität im Monetarisieren der Plattform sieht.
Nichtsdestotrotz treibt das Unternehmen – wie zum Beispiel gerade in Cannes – den Monetarisierungs-Gedanken weiter nach vorne, denn schauen wir uns an, wie lange statistisch jeder Nutzer auf den Facebook-Seiten verbleibt, können wir erkennen, wie viel Potential Facebook da aktuell noch verschenkt. Durch den hohen Vernetzungsgrad der User und nicht zuletzt den viel genutzten Spielen wie Farmville und Mafia Wars ist der Anreiz hoch, viel Zeit auf Facebook zu verbringen und genau dort werden Zuckerberg und Co ansetzen wollen.
Farmville – geliebt oder gehasst!
Apropos Games auf Facebook. Anschaungsunterricht in Sachen Monetarisierung bekommt Facebook von vielen Spiele-Entwicklern wie Zynga oder Popcap frei Haus geliefert. Nur ein kleiner Teil der Erlöse dieser Unternehmen stammt nämlich aus Werbung, während der Einnahmen-Anteil aus dem Verkauf von virtual goods steigt und steigt.
Auch hier haben Experten amüsiert mit dem Kopf geschüttelt bei dem Gedanken daran, dass Spieler echtes Geld in die Hand nehmen für virtuelles Getreide oder pixelige Fische. Mittlerweile lächelt niemand mehr – schon gar nicht die alteingesessenen Spiele-Unternehmen. Die gehen stattdessen dazu über, selbst aktiv zu werden – ein Beispiel dafür ist die Kooperation zwischen Playfish und Electronic Arts.
Ich gehe komplett konform mit Mark Zuckerberg, dass wir auch hier noch ganz am Anfang stehen. Vor fünf Jahren wäre es für die meisten von uns nicht selbstverständlich gewesen, Geld für einen Song im MP3-Format zu zahlen und aktuell ist es nicht selbstverständlich, Geld in Geschenke zu investieren, die lediglich bei Facebook oder auf dem Rechner des Beschenkten existent sind. Wartet ab, in zwei oder drei Jahren wird ein Großteil der surfenden Bevölkerung hierzulande mindestens ein Mal ein solches virtuelles Gut gekauft haben – darauf könnt ihr mich gerne festnageln.
Von virtuellen Gütern bis zur virtuellen Währung ist es kein weiter Schritt. Auch in diesem Punkt möchte Facebook stärker Einfluss nehmen in Zukunft. Am liebsten wäre es den Machern natürlich, wenn wir nicht jedes Mal unsere Kreditkarte zücken müssten, wenn wir bei Farmville und Co irgendetwas erwerben möchte, was unser Spiel schöner, effektiver, besser macht. Würden alle Hersteller die Möglichkeit anbieten, sein Spiel mit Facebook-Credits zu bedienen, wäre – so Zuckerberg – die Hemmschwelle viel niedriger, bei dem ein oder anderen Spiel auch mal ein paar Euro zu investieren.
Grundsätzlich gebe ich ihm da recht und befürworte auch den Gedanken, dass man auf diese Weise den Entwicklern der Spiele die Arbeit erleichtern möchte, aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Zieht sich Facebook – und davon ist natürlich auszugehen – einen Anteil dieser Erlöse bei jeder Transaktion an Land, etabliert man im Handumdrehen ein weiteres finanzielles Standbein neben der Werbung. Die Entwickler werden drauf eingehen, weil es viel schlechter für das Geschäft wäre, nicht auf Facebook vertreten zu sein.
An diesem Punkt komme ich wieder auf mein Statement vom Beginn des Artikels zurück: Mark Zuckerberg ist unendlich entspannt angesichts der aktuellen Lage. Facebook kommt finanziell über die Runden, ohne bislang das perfekte Business-Modell gefunden zu haben, Privacy-Schnitzer werden dem Unternehmen verziehen, mindestens jedoch geduldet, ohne dass die Nutzer-Zahlen auch nur ansatzweise darunter leiden (im Juli wird man wohl die halbe Milliarde vollmachen) und technisch ist man der Konkurrenz so weit voraus, dass man sich mit Blick auf MySpace und Co beruhigt zurücklehnen könnte. Stattdessen arbeitet man hier eifrig daran, die Usability weiter zu verbessern. Aktuell bastelt man an einer stärkeren Skype-Integration und einem veränderten News-Feed für Nutzer mit noch wenigen Freunden.
Dieser Zustand der Entspannung dürfte Mark Zuckerberg vermutlich auch milde darüber lächeln lassen, wenn hierzulande immer noch die Relevanz des Unternehmens unterschätzt wird – das aktuelle Paradebeispiel liefert United Internet Media-Chef Matthias Ehrlich:
Es gibt Bereiche, in denen klassische Onlinewerbung einfach schlecht funktioniert. In sozialen Netzwerken wird selten ein konkretes Thema verfolgt. In einer Welt, wo hauptsächlich ‚gequatscht‘ wird, ist keine gezielte Markenführung möglich. Facebook-Fanseiten und Co werden maßlos überschätzt
Klar, Herr Ehrlich – legen Sie sich ruhig wieder hin. Off the record hat sich seiner übrigens ausführlicher angenommen in einem lesenswerten Artikel.
Wäre ich Mark Zuckerberg, ich wäre bei den Aussichten auch sehr, sehr entspannt. In der Haut des Matthias Ehrlich würde ich mich hingegen sichtlich unwohl fühlen. Es sind nicht die Großen, die die Kleinen fressen – es sind die Schnellen, die die Langsamen abhängen.
(Carsten Drees)