Im Jahr 2000 saßen wir nach gerade eben überstandener Millenniums-Party an unseren Desktop-PCs, wählten uns mit 56K-Modem oder ISDN ins Internet ein, um ganz schnell unsere Mails zu checken. Wir schauten dann vielleicht noch kurz bei ICQ nach unseren Freunden, um dann möglichst bald wieder offline zu gehen. Zeit war damals Geld, das Internet war langsam, Rechner waren klobig, Handys konnten SMS verschicken. Seitdem hat sich viel verändert. Obwohl. So viel dann doch wieder nicht.
Was waren wichtige Schritte und Entwicklungen auf dem Weg in die durchaus komfortable Zeit, die wir derzeit genießen? Und welche Selbstverständlichkeiten von heute waren damals zum Teil noch Jahre entfernt? Wir wollen euch heute einfach nur kurz vor Augen führen, wie gut ihr es habt.
Zur Klärung: Ich betrachte die Jahre 2000 bis 2009 unkorrekterweise als ein Jahrzehnt, was mir persönlich sympathischer erscheint. Nimmt man es ganz genau, endet dieses Jahrzehnt natürlich erst am 31.12.2010.
Die Erfindung von Schnelligkeit und Gemütlichkeit: DSL-Anschluss mit Flatrate
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Am Anfang waren das Schneckennetz und Internetzugänge mit Zeittarifen. (Für einige wenige von euch gilt das heute leider immer noch. Mein Beileid!) Lediglich an den Hochschulen oder bei der Arbeit kamen hierzulande einige in den Genuss einer Breitband-Internetanbindung. Das änderte sich in Deutschland maßgeblich im Jahr 2000, als die Deutsche Telekom nach erfolgreichem Test im Vorjahr T-DSL mit anfangs 768 kbit/s im Downstream großflächig anbot: eine Breitbandleitung für Privatkunden. Fast noch wichtiger als die deutlich höheren Datenraten war die Möglichkeit des zeitlich unabhängigen Surfens: die Flatrate. Ein Segen vor allem für Content-Anbieter und alle Anbieter zeitintensiver Anwendungen. Der Download größerer Software- und Datenpakete ist seitdem kein Problem mehr, eine CD-ROM zum Datenaustausch wird seitdem nur noch selten benutzt. Was heute ohne Breitband los wäre? Nicht viel. Google Earth, YouTube, Podcasting, Flickr – all das wäre entweder gar nicht möglich oder würde sehr, sehr wenig Spaß machen.
Komfort und räumliche Unabhängigkeit: WLAN und Laptops
Am Rechner sein, das hieß damals: im Heimbüro sitzen und den gut versteckten Kabelsalat hinter dem Schreibtisch ertragen. Heute nicht mehr notwendig dank dem Laptop-Boom Anfang bis Mitte der 2000er Jahre und einer bescheidenen aber wertvollen Technik namens WLAN, die Anfang des Jahrzehnts endlich erschwinglich wurde. Ich kann also heute vom Büro aus arbeiten oder mich mit dem Laptop auf die Couch oder ins Café mit Hotspot setzen. Wir können die Arbeit mit uns herumtragen. Wie schön. WLAN und Laptops zu günstigen Preisen haben in den Nullerjahren den Durchbruch geschafft, und sie sind ein Komfortgewinn. Allein die Möglichkeit, eine lange Zugfahrt mit einem Spielfilm auf dem Rechner zu überbrücken, ist Gold wert. Und das war vor zehn Jahren nur sehr eingeschränkt möglich.
Gesichtsloses Betriebssystem einer ganzen Generation: Windows XP
Das zurückhaltende Betriebssystem und der dominante Browser
Vergangene Woche hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, noch einmal mit Windows XP arbeiten zu dürfen. Der in die Jahre gekommene Rechner zickte ein bisschen, als er meinen USB-Stick erkennen sollte, und weigerte sich, den Browser zu starten, ehe das Antivirenprogramm sich neue Updates gezogen hatte. Aber davon abgesehen war es halt ein Betriebssystem. Kein sonderlich berauschendes, aber gemessen an Microsofts Vorgängerversionen auch ein gar nicht so schlechtes. Windows XP ist ein Betriebssystem, das halt einfach da ist, sich aber auch nicht unnötig in den Vordergrund stellt.
Die Tatsache dürfte eine Entwicklung begünstigt haben, die in den 2000er Jahren offenbar wurde: Der Browser wird zur wichtigsten Anwendung des Betriebssystems; zahlreiche Verbesserungen der Softwarelandschaft konzentrieren sich seitdem darauf. So sehr, dass Hersteller wie Mozilla (Firefox, 2003), Apple (Safari, 2003) und Google (Chrome, 2008) ihre eigenen Browser ins Rennen schickten und Microsoft Marktanteile abjagten. Google Chrome verfügt über eine eigene Speicherverwaltung, die dem System den Speicher nicht mehr benutzter Tabs zurückgeben soll – zumindest theoretisch. Eine klare Entwicklung hin zu etwas, das gegen Ende des Jahrzehnts absehbar wird: das Browser-Betriebssystem.
Social Media erobert den Browser
Der Browser immer dominanter und darin am dominantesten: Social-Media-Anwendungen aus dem viel zitierten Web 2.0. Bloggen vom Café aus, Freunden auf dem Laptop in der Küche schnell die neuesten YouTube-Videos zeigen – all das gehört zum Zeitgeist der Nullerjahre. Hinzu kommt die Vernetzung mit Freunden und Bekannten über Social Networks wie Xing, StudiVZ und MySpace – zuletzt immer mehr Facebook. Der Gigant aus Kalifornien kombiniert zahlreiche Funktionen, die bis dahin eigentlich einer Vielzahl von Softwareherstellern vorbehalten waren: Kalender, Chat, Nachrichtendienst, Bildbetrachtung, Spiele, Homepage, kleine Anwendungen. Immer mit dem Fokus auf Vernetzung – und fast immer für andere sichtbar. Möglich werden viele Anwendungen erst durch offene Entwicklerschnittstellen (APIs) und Kombination von Diensten (Mashups).
Anwendungen werden mobil
Mit dem Handy ins Internet zu gehen, das bleibt die längste Zeit des vergangenen Jahrzehnts über eine Qual. Die Hersteller stellen keine fähigen Endgeräte bereit, Diensteanbieter keine Anwendungen und Netzbetreiber keine Kapazitäten. Es ändert sich erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, maßgeblich durch die Einführung des iPhones (2007) und des iPhone App Stores (2008) – zwei mit massiven Marketing und Journalistenzuspruch getriebene Entwicklungen, die eine mobile Internetverbindung praktisch notwendig machen. Die Netzbetreiber rüsten mit UMTS, EDGE und HSDPA mächtig auf und praktisch alle Handy-Hersteller ziehen mit iPhone-ähnlichen Smartphones und eigenen App-Stores nach. Ein Fokus liegt auf der Entwicklung besserer mobiler Betriebssysteme.
Zehn Jahre in der Zukunft
Und wie sieht die Zukunft aus? Die Zehnerjahre werden wohl, das zeigt sich schon jetzt, das mobile Jahrzehnt. Rechner mit Internetanbindung verlieren ihren Charakter, ihre Größe und ihren ursprünglichen Einsatzort. Wetter-Apps in Fensterscheiben, eine Radio-App im Küchenherd, der Downloadstore im Autoradio – alles wohl nur noch eine Frage der Zeit. Der nächste Mobilfunkstandard Long-Term Evolution (LTE) wird es uns ermöglichen, unseren Breitbandanschluss überallhin mitzunehmen, auf dem Gerät unserer Wahl. Das Internet wird überall sein, und wir werden es kaum noch als solches wahrnehmen.
Und was werden wir daraus machen? Vermutlich das, was wir schon vor zehn Jahren gemacht haben und heute immer noch machen: In den meisten Fällen sitzen wir nämlich noch immer am Desktop-PC, checken unsere Mails, treffen Freunde auf ICQ und wundern uns, warum Internetangebote so langsam laden. Wir sagen nur kurz hallo und verschwinden dann wieder aus dem Chat, weil wir dringend was erledigen müssen. Zeit ist Geld unter Gewohnheitstieren und Menschen verändern sich langsamer als die Technik – auch wenn sich ihnen alle Möglichkeiten bieten, sich zu ändern.