Windows ist bei Google unten durch – das ist die Geschichte, die ich in dieser Woche besonders amüsant fand. Die „Financial Times“ beruft sich auf Informationen von Google-Mitarbeitern, denen der Konzern nahe gelegt hat, lieber Mac OS X, das eigene Chrome OS oder eine andere Linux-Distribution zu verwenden. Microsoft kontert den Vorwurf der Sicherheitsbedenken natürlich prompt. Und der Rest der Welt steht achselzuckend daneben: Anders als noch vor zehn Jahren ist es heute kein großes Problem mehr, auf Windows zu verzichten. Besonders wenn man den Trend zugrunde legt, dass die Zukunft den mobilen Geräten gehört (wie Netbooks, Tablets, Smartphones). Hier scheint vor allem ein Betriebssystem das Rennen zu machen, das als Desktop-Version jahrelang ein Schattendasein fristen musste, dem nun aber die Zukunft zu gehören scheint: Linux. Wir wollen euch heute die wichtigsten Systeme für mobile Geräte und ihre Chancen kurz vorstellen.
Windows 7/XP
Trotz der viel gepriesenen Alternativen ist auf den meisten derzeit angebotenen Netbooks Windows 7 vorinstalliert (zum Beispiel Samsung N150, Lenovo S12, Asus EeePC 1201/1015/1016/1018, Acer Aspire One 532/533) oder auch noch XP Home (Samsung N130, NC10, Asus EeePC 1001, Lenovo IdeaPad, Asus EeePC 1005, HP Compaq Mini 110c, Medion Akoya E1311). Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Hersteller die breite Masse als Kunden gewinnen wollen, die am ehesten mit Windows vertraut sind und ihre bekannten Anwendungen nutzen wollen. Microsoft hat aber noch zwei weitere Eisen im Feuer.
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Windows Embedded Compact
Zum einen Windows Embedded Compact (vormals Windows CE oder Windows Embedded CE), Microsofts Lösung für eingebettete, mobile Systeme. Es eignet sich für Geräte mit ARM-Architektur und kann auf Tablets (wie dem Asus EeePad 101TC 10), Konsolen, Set-Top-Boxen und Netbooks (wie dem Firstview Mini) zum Einsatz kommen. Eine Preview mit Multitouch und Gestensteuerung hat Microsoft-Entwickler Steve Guggenheimer in dieser Woche auf der Computex vorgestellt. Microsoft stellt das System in Kontrast zu Windows Phone 7, das sich offenbar wirklich nur an Smartphones richtet. Beide Systeme basieren auf demselben Kern, Embedded Compact versteht sich aber eher als abgespeckte Version von Windows 7, wartet mit ähnlichen Anwendungen auf und synchronisiert sich leicht mit Microsofts „Großem“.
Windows Phone 7 (Mobile 6.0/6.5)
Windows Mobile und Windows Phone sind Smartphones-Betriebssysteme, die Windows Embedded Compact im Kern nutzen und von Microsoft für die Bedürfnisse von Smartphones angepasst sind. Aktuell ist die Version Windows Mobile 6.5, auch 6.0 ist noch auf vielen Geräten im Einsatz. Mit der Version 7, die Ende dieses Jahres erscheinen soll, ändert Microsoft den Namen von Windows Mobile in Windows Phone. Auch ein durchaus beachtliches Bedienkonzept mit Multitouch und Gestensteuerung soll zum Einsatz kommen. Viel wird für einen Erfolg des Systems davon abhängen, welche Hersteller Windows Phone einsetzen werden. Smartphones mit Intel-Atom-Prozessoren werden wohl so schnell nicht dabei sein. Intel lamentiert, dass Windows Phone 7 zu energiehungrig sei, was natürlich auch ein Politikum ist: Der Chiphersteller lässt sein Moblin-Projekt mit Nokias Maemo verschmelzen, woraus das eigene System MeeGo entsteht. LG hat derweil mit seinem „Panther“ ein erstes Smartphone mit Windows Phone 7 angekündigt.
iPhone OS
iPhone OS ist das Betriebssystem, das auf dem iPhone und iPod touch sowie in modifizierter Form auf dem iPad zum Einsatz kommt. Es ist eine jeweils angepasste Version von Mac OS X und wird – wie bei Apple üblich – für die eigenen Geräte beschränkt bleiben und damit eine Nische besetzen. Das iPhone OS 4.0, das unter anderem Multitasking unterstützt, soll im Sommer erscheinen, ob zusammen mit einer möglichen neuen iPhone-Version ist noch nicht bestätigt.
Symbian OS
Symbian ist ein in die Jahre gekommenes Handy-Betriebssystem, das in unterschiedlichen Benutzeroberflächen wie S60 für Smartphones und Handys von Herstellern wie Nokia, Sony-Ericsson und LG benutzt wird. Es ist zu 100 Prozent im Besitz von Nokia. Anfangs wurde das System, dessen Quellcode mittlerweile vollständig Open Source ist, nur für Oberflächen mit Tastaturbedienung konzipiert. Inzwischen gibt es auch einige Symbian-Geräte mit Touchscreen-Steuerung, die im Vergleich zu Konkurrenzsystemen aber meist wenig benutzerfreundlich sind. Trotz der Initiative für MeeGo will Nokia offenbar an Symbian festhalten und es eher für kleinere Geräte einsetzen. Die aktuelle Version Symbian^3 soll Hardwarebeschleunigung bieten und damit bis zu 180 Prozent schneller sein als alte Symbian-Versionen. Erste Geräte mit Symbian^3 werden im dritten Quartal 2010 erwartet. Darunter soll das Nokia N8 sein. Lee Williams, Chef der Symbian Foundation erwartet im Frühjahr 2011 bereits die Symbian-Version 4.
Blackberry OS
Das Blackberry OS ist proprietär und basiert auf einem Java-Kernel. Es ist Multitasking-fähig und kommt auf allen Blackberrys von RIM zum Einsatz, sowohl auf Geräten mit Trackball- oder Trackwheel-Steuerung als auch auf solchen mit Touchscreen. Das Blackberry OS wird aufgrund der Beschränkung auf Blackberry-Geräte ähnlich wie das iPhone OS in der eigenen Nische bleiben. RIM hat die neue Version 6.0 der Software angekündigt, das frühestens für das dritte Quartal 2010 erwartet wird. Das Slider 9800 mit ausklappbarer Tastatur soll eines der ersten Geräte sein, die das Blackberry OS 6.0 einsetzen.
Samsung Bada
Bada ist ein proprietäres System, das in Smartphones und Low-End-Handys von Samsung Einzug halten soll. Als einer der ersten Geräte ist es auf dem Samsung Wave installiert. Bei den Apps setzt Samsung nach eigenen Angaben auf Qualität statt Quantität: So sollen bis Jahresende nur 150 deutschsprachige Apps erscheinen. Bada basiert auf einem Kernel, bei dem Linux bevorzugt wird, aber nicht vorgeschrieben ist. Multitasking ist möglich. Fraglich ist, was Samsung mit Bada bezweckt. Zum einen bietet das dem laut Gartner zweitgrößten Hersteller größere Kontrolle über die eigenen Geräte, zum anderen verlangt es aber auch die Verantwortung, ein eigenes System zu finanzieren und jeweils auf dem neuesten Stand zu halten. Gleichwohl bleibt Samsung Mitglied der Open Handset Alliance und liefert weiterhin Geräte mit anderen Systemen aus, darunter Android und LiMo.
Der Rest ist Linux – in bunter Vielfalt
Linux kommt in für PCs erprobten Distributionen oder in angepasster Form für einige Netbooks zum Einsatz, zum Beispiel Suse, Xandros oder Ubuntu. Daneben gibt es speziell für Netbooks entwickelte Versionen mit Linux-Kernel wie…
Google Chrome OS
Google Chrome OS soll im Herbst veröffentlicht werden und dann in erster Linie auf Geräten mit leistungsschwacher Hardware wie Netbooks eingesetzt werden. Das System basiert auf einem Linux-Kern und dem Browser Google Chrome, worin die Cloud-basierten Anwendungen laufen sollen. Alleine weil Google dahinter steht und viele Journalisten darüber schreiben werden, könnte Chrome OS viele Netbook-Anwender dazu verleiten, das System zu testen und dann erstmals mit einem Cloud-basierten System zu arbeiten.
Jolicloud
Davon könnte auch Jolicloud profitieren. Das quelloffene System basiert auf der Linux-Distribution Ubuntu und ist – ähnlich wie Google Chrome – auf Browser-basierte Anwendungen ausgelegt. Jolicloud setzt für die Integration von Webanwendungen auf dem Desktop Mozilla Prism ein.
MeeGo
Nokias Versuche, mit Maemo einen leistungsfähigeren Nachfolger von Symbian zu bauen, waren anfangs zaghaft. Dahingehend macht der Zusammenschluss mit Intels Moblin-Initiative zu MeeGo Sinn: Der Marktführer bei Smartphones trifft auf eine Initiative von Intel, die offiziell unzufrieden mit Microsofts Unterstützung von Atom-Prozessoren unter Windows 7 ist. Im Visier des Open-Source-Projekts, dessen Version 1.0 vergangene Woche startete, stehen vor allem Netbooks und Mobile Internet Devices. MeeGo soll aber auch auf Nokias Smartphone N900 laufen können, obwohl Nokia hier noch Maemo einsetzt. Ob MeeGo Nokias System Symbian ablösen soll, scheint noch nicht endgültig geklärt, da Symbian immer noch weiter entwickelt wird. Als einer der ersten Hersteller hat Acer ein Netbook mit MeeGo angekündigt.
Google Android
Die Open Handset Alliance entwickelt mit Google als treibende Kraft das Smartphone-Betriebssystem Android. Es arbeitet mit einem modifizierten Linux-Kernel und kommt auch auf einigen Tablets und Mobile Internet Devices zum Einsatz. Es unterstützt Multitouch und Multitasking. Langfristig hat Android gute Chancen auf die Marktführerschaft der Systeme, weil Schwergewichte der Gerätehersteller das System verwenden und fleißig daran mitarbeiten, darunter HTC, Samsung, LG, Motorola, Sony-Ericsson und Acer. Google leistet sich den Luxus, mit dem Cloud-basierten Chrome OS ein weiteres System ins Rennen zu schicken, das sich aber vornehmlich an Netbooks richtet. In dieser Woche hat Google angekündigt, statt bisher zwei künftig nur noch eine Android-Version im Jahr herauszubringen und begründete das mit der Reife, die das System inzwischen erlangt habe.
HP/Palm webOS
Palms webOS basiert auf Linux und einer proprietären Benutzeroberfläche. Es ist bislang nur auf Palm-Smartphones neuerer Generation zu finden, wie dem Palm Pre (Plus) und dem Pixi (Plus). Nach der Übernahme von Palm hat Hewlett-Packard für die Zukunft Tablets (das erste im Herbst) und weitere Smartphones mit webOS angekündigt. Nur auf Netbooks solle webOS nicht portiert werden, weil die Gestensteuerung dort keinen Sinn mache. Ob sich HP genauso wie Samsung langfristig den Luxus gönnen will, ein eigenes System zu pflegen und weiterzuentwickeln, wird die Zukunft zeigen. Gegenwind kommt aus den eigenen Reihen: Matias Duarte, der an der Entwicklung der viel gelobten Bedienoberfläche von webOS maßgeblich beteiligt gewesen ist, hat Palm jüngst verlassen. In der Szene munkelt man, er wollte zum Android-Lager überlaufen.
LiMo
LiMo ist ein hardware-unabhängiges, teilweise offenes Handy-Betriebssystem. Der im Januar gegründeten LiMo Foundation gehören unter anderem die Hersteller Motorola, NEC, Panasonic und – wieder – Samsung an. Erst wenige Smartphones wurden mit LiMo ausgeliefert. Zur Fußball-WM soll das Samsung I8330 H2 auf den Markt kommen. Die Zukunft des Projektes ist jedoch ungewiss. Der Code ist nicht wirklich Open Source, sondern nur für Teilnehmer einsehbar, die jährlich mehr als 100.000 US-Dollar in das Projekt investieren. Motorola hat seine Mitgliedschaft bereits auf „Berfürworter“ heruntergestuft und favorisiert nun Android. Es steht zu erwarten, dass die meisten Mitglieder der LiMo-Foundation sich langfristig entweder der Open Handset Alliance (Android) anschließen werden oder ein einzelner Hersteller das System in Eigenregie übernimmt.
Viel Bewegung
War’s das schon? Dieser Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Markt der Linux-Systeme und solche, die auf mobile Geräte portiert werden können, ist fast unüberschaubar. Eine kürzlich gehypete Version ist zum Beispiel Peppermint OS. Die Geldgeber der erst 2007 gestarteten Initiative Openmoko haben hingegen reißaus genommen. Nur einzelne Enthusiasten entwickeln das System noch weiter – angesichts der starken Konkurrenz wohl ohne große Chancen. Für mobile Geräte liegt Linux im Trend. Erst in dieser Woche hat sich das Bündnis Linaro gegründet, das Linux auf Smartphones und anderen mobilen Geräte fördern will. Mit an Bord sind ARM, Texas Instruments und – mal wieder – Samsung.
(Jürgen Vielmeier; Bilder und Screenshots: Microsoft, Apple, Symbian.org, RIM, Samsung, Google, Open Handset Alliance, Jolicloud, MeeGo, Intel, Nokia, HP/Palm, Limo Foundation, samsung-firmwares.com)