Copy-Cat hin oder her: Wenn mir ein neuer Online-Plattformbetreiber guten oder gar besseren Service als seine Konkurrenten verspricht und dazu noch im Gegensatz zu jenen kostenfrei ist, dann horche ich zunächst einmal auf. So wie bei „1 1818 – Deutschlands erste kostenlose Telefonauskunft“. Das am heutigen Dienstag startende Angebot bietet angeblich das, was der Name verspricht und was es so bisher angeblich nur im Internet gab. Während andere Anbieter, wie etwa Telegate und die Deutsche Telekom, knapp 2 Euro pro angefangene Minute aus dem deutschen Festnetz berechnen, beschreiten die Betreiber einen anderen Weg, den sie sich in den USA abgeschaut haben wollen: „Finanzieren wird sich unsere kostenlose Telefonauskunft über Werbepartner, die eine kurze Ansage vor dem Operator-Gespräch schalten“, so der Geschäftsführer der im Jahre 2006 gegründeten 1 18 18 Auskunft GmbH, Heiner Tent.
Kein großartig neuer, aber durchaus akzeptabler Plan, könnte man meinen. Genauso schnell wie bei mir bei solch schönen Angeboten und Versprechungen zunächst das Interesse geweckt wird, suche ich dann aber auch nach den kleinen Asterisken und dem Kleingedruckten. Und in diesem Fall sind beide schnell gefunden (siehe Screenshot): Nur die erste Minute ist kostenfrei, jede darauffolgende schlägt mit knapp einem Euro zu Buche. Kostenlos ist was anderes.
Damit ist man zwar immer noch günstiger als die Konkurrenz. Aber nur, wenn der Kunde seine Auskunft innerhalb der ersten beiden Minuten erhält. Dies gilt zwar nicht für die oben, von der 1 18 18 Auskunft GmbH selbst zitierten Konkurrenten Telegate und Telekom, sehr wohl aber für einen Anbieter wie „11813“, der nur 59 Cent pro Minute verlangt. Zudem wird auf der Unternehmensseite nichts darüber verraten, welche Preise für Anrufe aus dem Mobilfunk-Netz oder dem Ausland berechnet werden. Gut möglich, dass man hier sogar über den Preisen der Konkurrenz liegt, um die kostenfreie erste Minute finanziell wieder auszugleichen.
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Der fahle Beigeschmack, dass hier etwas in einer schönen Verpackung angepriesen wird, dessen Inhalt dann enttäuscht, bleibt damit. Ähnlich den Versprechungen der DSL-Anbieter, der Kunde würde bei Vertragsabschluss einer Internet-Flat beispielsweise 16.000 kBit/s erhalten. Und wenn er dann irgendwo bei knapp der Hälfte rumdümpelt und sich beschwert, wird er auf den kleinen, aber entscheidenden Zusatz „bis zu“ hingewiesen. Typische Juristen- oder Marketing-Tricks, könnte man meinen und läge vielleicht gar nicht so verkehrt, ist Herr Tent doch gelernter Jurist.
Bezüglich der genannten fehlenden Preise hätte ich mich gerne direkt informiert, allerdings verweigert der Service momentan noch seinen Dienst, das heißt, er war beim Posten dieses Artikels noch nicht verfügbar. Diese und andere Fragen habe ich daher mangels einer Ersatznummer per Mail an die Verantwortlichen geschickt. Sobald ich eine Antwort erhalte, werde ich sie hier veröffentlichen. Wenn ihr eurerseits Fragen habt, könnt ihr sie gerne in den Kommentaren posten, vielleicht beantwortet sie ein Unternehmenssprecher direkt hier auf dem Blog.
Was haltet ihr von dem Angebot? Sehe ich es zu kritisch und es ist gut, weil die Auskünfte in der Regel tatsächlich, wie vom Unternehmen behauptet, in der ersten Minute erfolgen? Oder handelt es sich hierbei um einen PR-Streich oder Lock-Angebot?
Update: Dienstag, 01. Juni, 15 Uhr
Soeben hat mich ein Pressesprecher des Unternehmens angerufen und mir netterweise die Antworten auf meine Fragen gleich telefonisch gegeben. So konnte ich die in den Kommentaren von euch gestellten Fragen gleich mit anbringen.
Zielgruppe: Es soll tatsächlich noch Menschen geben, die trotz eines internetfähigen Mobiltelefons die Auskunft bemühen – weil es in manchen Fällen offenbar schneller geht. Hauptzielgruppe seien aber aus eben diesem Grund vor allem Unternehmen.
Kosten: Welche Preise für Anrufe aus dem Mobilfunk-Netz oder dem Ausland berechnet werden, konnte man keine Auskunft geben, weil diese offenbar nie von den Auskunftsdiensten, sondern von den Telekommunikationsunternehmen gestaltet werden.
Aktion: Es handelt sich bei dem kostenlosen Angebot um eine lang- beziehungsweise unbefristete, und nicht um eine auf schnelle Aufmerksamkeit setzende PR-Aktion.
Werbepartner: Zu den Werbepartnern gehören sowohl große als auch lokale (kleinere) Unternehmen. Bislang befindet man sich mit diesen aber noch in Verhandlungen, weshalb mir auch keine Namen genannt werden konnten. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass der Service auf unbestimmte Zeit zwar kostenlos, aber ohne Werbe-Ansage angeboten wird.
Werbe-Ansage: Die Ansage wird maximal zehn Sekunden lang sein und der Freiminute vorgeschaltet. Dem Auskunftssuchenden stehen somit volle 60 Sekunden zur Verfügung.
Speicherung der Rufnummer: Die Rufnummer wird nur im Rahmen der Rechnung gespeichert. Sie wird nicht etwa an die oben erwähnten Partner zu Werbezwecken weitergegeben. Dies wird von der Bundesnetzagentur überprüft.
Zuletzt die Frage nach dem Lockangebot: Man habe nur die erste Minute kostenfrei gestaltet, um Missbrauch vorzubeugen. Etwa in der Form, dass Kunden sehr lange Abfragen starten und dadurch das Konzept des Unternehmens nicht mehr wirtschaftlich sein kann. In der Regel könnte jede einzelne Abfrage aber innerhalb einer Minute beantwortet werden. Wie das Unternehmen mit Kunden umgehen will, die mehrmals hintereinander anrufen, habe ich verpennt zu fragen…
Nachtrag: Wie mich Daniel gerade in den Kommentaren hingewiesen hat, hat die Verbraucherzentrale Berlin den 11818-Betreiber wegen unlauterer Werbung und Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Preisangaben abgemahnt. Die Verbraucherschützer halten demnach offenbar nicht viel von dem Missbrauchs-Schutz-Mechanismus des Betreibers.
(Marek Hoffmann)