Gestern hat der Gründer des mit annähernd 500 Millionen Usern weltweit größten Sozialen Netzwerks Facebook, Mark Zuckerberg, Unzulänglichkeiten in Sachen Datenschutz eingestanden. Eigentlich hatte er das explizit schon ein paar Tage zuvor getan, nämlich in einer Mail an den populären US-Tech-Blogger Robert Scoble: „Ich weiß, wir haben eine Menge Fehler gemacht.“ Streng genommen hatte er dies aber bereits im Dezember 2009 getan. Und im August 2009. Und im März 2008. Und im Dezember des Jahres 2007. Und vermutlich noch zu anderen Gelegenheiten, die ich vielleicht übersehen habe.
Gemein ist all diesen „Sorry“-Bekundungen, dass sie aus der Not heraus geboren sind, Zuckerbergs Not. So auch dieses Mal wieder, wo die Welle der Empörung über ein kritisches Maß zu steigen drohte. Und das ist immer dann der Fall, wenn in das Lamento einer besorgten Facebook-User-Minderheit, welcher Datenschutz am Herzen liegt, auch Medien und Politiker, Behörden und Organisationen einstimmen. Jüngstes Beispiel der Empörung über Facebooks Datenschutz-Pannen, -Unzulänglichkeiten und undurchsichtigen –Einstellungsmöglichkeiten (nachfolgend zeigt euch ein Video-Tutorial, wie es geht) ist die Boykott-Seite Quitfacebooktoday, deren Aufruf bereits knapp 23.000 Facebook-Mitglieder gefolgt sind.
Und jedes Mal, wenn eine solche Palastrevolution bevorsteht, tritt der nicht unsympathisch wirkende 26-Jährige vor die Menge, entschuldigt sich, gesteht Fehler ein, gelobt Besserung und beruhigt damit die User, während er zugleich die Kritiker außerhalb seiner Plattform einlullt. Diese „Katastrophenschutz-Maßnahme“ hat System. Eins, das bisher bestens funktioniert hat und das auch dieses Mal wieder seinen Zweck erfüllen wird (dazu später mehr). Die Erklärung dafür ist eine zweigeteilte: Zum einen liegt sie in einem Vorteil, den Facebook vor allem gegenüber seinem deutschen Konkurrenten, den VZ-Netzwerken, besitzt. Mark Zuckerberg ist nicht nur der Gründer, sondern gleichzeitig das Gesicht von Facebook. Wenn jemand von dem Sozialen Netzwerk spricht, assoziiert es in den allermeisten Fällen mit dem US-Amerikaner. Gleichzeitig ist Zuckerberg einer von ihnen, ein User, der Facebook für seine Zwecke nutzt. Das schafft eine ideale Grundlage für die User, sich mit den Netzwerk zu identifizieren und ihm somit auch in schweren Zeiten treu zu bleiben. Dass Zuckerberg dabei aber ein „Primus inter pares“ ist, der die Regeln nach seinem Gutdünken ändern kann und Wasser predigt, während er Wein trinkt – das sehen ihm die User nach. Zumindest die, die sich überhaupt mal mit dem Thema Datenschutz befassen.
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Und die Kritiker? Die stellt Zuckerberg immer für eine gewisse Zeit kalt, bis Gras über eine Sache gewachsen ist und sich kein Mensch mehr an den Ursprung einer Debatte erinnert. Dies funktioniert so gut, weil sich die Kritiker mangels Optionen darauf verlassen müssen, dass Zuckerberg Wort hält und Veränderungen vorantreibt. Also warten sie, da sie ihn zur Umsetzung nicht zwingen können. Nicht von Ungefähr werden daher die Stimmen lauter, die ein Einschreiten der Politik und eine rechtliche Richtlinie für Datenschutz fordern.
Wenn ich vorher davon sprach, dass sich das System auch dieses Mal wieder durchsetzen wird, dann hängt dies mit der Bewertung der am gestrigen Mittwoch von Zuckerberg auf einer Pressekonferenz vorgestellten Veränderungen zusammen:
Die wichtigsten Punkte lauten zusammengefasst wie folgt (weitere Punkte und eine ausführliche Beschreibung findet ihr bei Allfacebook):
1. Mit nur einem Click können die Privacy-Settings eingestellt werden
2. Opt-Out-Funktion bei Applikationen
3. Möglichkeit, die Freundesliste auf „Privat“ zu setzen
4. Eigene Interessen auf der Community-Seite können unsichtbar gemacht werden
5. Durch das Verschieben älterer Status-Updates nach „Nur für Freunde“, werden diese für Dritte unzugänglich
So lobenswert diese Änderungen auch sein mögen, sie sind bei weitem nicht das, was möglich gewesen wäre und was hätte geändert werden müssen. Denn weiterhin werden – wahrscheinlich übertreibe ich dabei noch nicht einmal – mehr Daten der User Werbepartnern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, als vor ihnen geheim gehalten. So wie es mir nämlich scheint, kommt die wahre Bedeutung nicht den Privacy-Einstellungen selbst zu, sondern dem Umstand, dass sie nun einfacher zu bewerkstelligen sind. Nach wie vor, und das ist der entscheidende Punkt, muss der User aber noch selbst aktiv werden, um sich zu schützen.
Dies gilt sowohl für sämtliche „Opt-Out“-Option als auch für jene Einstellungen, die bei einer Neuanmeldung zu Beginn standardmäßig auf „Öffentlich“ gesetzt sind und vom User selbst geändert werden müssen. Hier bewegt sich Facebook aber auch in einem Teufelskreis, da das Netzwerk nun mal davon lebt, dass Daten unter den Usern ausgetauscht werden…
(Marek Hoffmann)