In Italien waren die Behörden in jüngster Vergangenheit nicht gerade Googles größte Fans. So verurteilten sie im vergangenen Februar drei Google-Top-Manager unter anderem wegen Verstoßes gegen den Datenschutz zu Bewährungsstrafen. Und dann war da noch die AdSense-Sache. Ein Ausschuss untersuchte Googles Werbe-Dienst in Bezug auf mangelnde Transparenz, darauf, wie die Erlöse für Kunden berechnet werden und schließlich in welcher Höhe sie bei italienischen Zeitungsverlegern ausfielen. Ihre Untersuchungen führten drei Haupt-Kritikpunkte zutage: 1. Google ist nicht dazu verpflichtet, offenzulegen, wie die Bezahlung an die AdSense-Kunden berechnet wird beziehungsweise auf welcher Basis die Zahlen erstellt werden. 2. Die an seine Kunden erfolgten Zahlungen errechnet Google anhand von Daten, die nur dem Unternehmen zugänglich sind. 3. Der Suchriese kann jederzeit die Preisbestimmungen und -strukturen nach seinem Gutdünken verändern.
Ein Gericht sah darin offenbar einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung und erreichte, was andere zuvor nicht geschafft hatten: Es zwang Google Kraft seines Amtes zu mehr Transparenz. Der Suchgigant versprach daraufhin Besserung und der Forderung nachzukommen, die genauen Prozentangaben über die mit den Verlagen geteilten Erlöse offenzulegen. Und da diese Zahlen sicherlich von Letzteren nicht unter Verschluss gehalten werden würden, entschloss sich der Suchgigant zur Flucht nach vorne und legte sie auf seinem Blog nun für alle offen.
Allerdings sei vorweg angemerkt, dass sich AdSense aus mehreren Produkten zusammensetzt und Google nur für die beiden wichtigsten – nämlich AdSense für Content-Seiten und AdSense für Suchergebnisseiten – die Umsatzbeteiligung angibt. Bei Erstgenanntem erzielen die Publisher durch das Schalten von Anzeigen neben dem Inhalt ihrer Webseiten ihre Einnahmen, beim Letztgenanntem dadurch, dass sie eine benutzerdefinierte Google-Suchmaschine in ihre Website einbinden und dann Einnahmen mit den Anzeigen generieren, die neben den Suchergebnissen geschaltet werden. Und so lauten die – für Branchenkenner eher wenig überraschenden – Zahlen:
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Publisher mit AdSense für Content-Seiten, die den Großteil unserer AdSense-Publisher ausmachen, erhalten weltweit eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 68 Prozent. Das bedeutet, dass wir 68 Prozent der Einnahmen ausbezahlen, die wir von Werbetreibenden erhalten, die Anzeigen auf AdSense für Content-Seiten schalten. […] Seit der Markteinführung von AdSense für Content-Seiten im Jahr 2003 wurde die Umsatzbeteiligung nicht geändert.
Und weiter:
Unsere AdSense für Suchergebnisseiten-Partner erhalten weltweit für suchbezogene Anzeigen, die durch die Implementierung der benutzerdefinierten Google-Suchmaschine geschaltet werden, eine 51-prozentige Umsatzbeteiligung. Seit der Markteinführung von AdSense für Content-Seiten im Jahr 2003 wurde die Umsatzbeteiligung nicht geändert.
Google räumt ein, dass diese Zahlen bei größeren Kunden zu deren Gunsten abweichen können. Die einbehaltene Differenz nutzt den eigenen Angaben zufolge angeblich für die Deckung eigener Kosten, die durch den Aufwand für Forschung und Entwicklung neuer Technologien, Produkte und Funktionen von AdSense entstehen. Bedenkt man einerseits, dass Google über 90 Prozent seines Umsatzes über Werbung generiert und andererseits, wie viele kostenlose Services anbietet, ist man geneigt, dies bis zu einem gewissen Grad zu glauben. Und damit wären wir auch schon bei der ersten Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang aufdrängt.
Heiligt der Zweck die Mittel? Oder anders gefragt: Ist es akzeptabel, dass ein Unternehmen 32 beziehungsweise 49 Prozent des Umsatzes aus dem Deal mit seinen AdSense-Kunden einbehält – und diesen dafür ein stetig weiterentwickeltes, auf die Maximierung der Einnahmen aus den Anzeigen optimierten Dienst zur Verfügung stellt? Einerseits kann man einen Anteil von fast der Hälfte als unverschämt hoch ansehen, andererseits könnte argumentiert werden, dass die Publisher ohne AdSense entweder gar keine solche Einnahmen generieren würden. Oder diese bei anderen Anbietern – etwa durch die geringere Reichweite oder unterlegene Technologie – weit geringer ausfallen würden. Die Bewertung hängt demnach wohl zu einem großen Teil vom Standpunkt ab.
Werden diese Zahlen zudem mit denen eines Newcomers in diesem Bereich (Werbung) – nämlich Apple – verglichen, relativiert sich deren Höhe schon wieder ein wenig. Wie nämlich Ende des vergangenen Monats bekannt wurde, wird das Unternehmen aus Cupertino die Kunden seiner Werbe-Plattform iAd, mit der Werbung in Apps geschaltet werden kann, mit 40 Prozent des Umsatzes zur Kasse bitten. Bei den Erlösen mit den Anwendungen fürs iPhone langte das Unternehmen bislang nur mit 30 Prozent hin. Doch gegen diesen – geringeren – Anteil formt sich langsam Kritik, es darf also zu erwarten sein, dass auch die 40 Prozent nicht ohne Weiteres hingenommen werden. Wobei wir wieder bei meiner oberen Statement wären: Arbeit muss sich zwar lohnen, bevor ich aber nichts verdiene, teile ich lieber zu den Konditionen des Anbieters.
Nun bleibt zu wünschen, dass Google in naher Zukunft blank zieht und alle Werbeerlöse offenlegt. Etwa auch jene, die auf Mobiltelefonen oder YouTube umgesetzt werden. Letzteres wäre vielleicht denkbar, wenn die GEMA ihre Forderungen gegen Google irgendwann doch noch durchsetzt. Denn die Regierung hat sich momentan auf ein anderes Angebot von Google eingeschossen. Aktuell untersagt die bayerische Staatsregierung Google weitere Fotoaufnahmen deutscher Städte für seinen Karten-Dienst, Hamburg drängt auf die Herausgabe gespeicherter Daten aus dem Projekt und in Berlin häufen sich die Widersprüche von Bürgern dagegen, so dass die Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner einen Start von Street View in Deutschland noch in diesem Jahr für nahezu ausgeschlossen hält.
(Marek Hoffmann)