Ja, es ist schon heimtückisch mit diesem Internet. Da plant HTC von großer Hand die Präsentation des Wildfire, welches man als erstes richtiges Social Media-Handy bezeichnet und dann das: Bereits vor dem Presse-Event ist das ganze Netz bereits rappelvoll mit News, Daten und hochauflösenden Bildern zu dem neuen Android-Handy, welches mit 279 Euro (ohne Vertrag) bewusst ein nicht ganz so zahlungskräftiges, weil junges Publikum ansprechen will.
Es ist sicher nicht das erste Mal, dass irgendwo in einer Marketing-Abteilung jemand ziemlich gepennt hätte und es gab bestimmt auch schon dramatischere Leaks als den eines Low-Budget-Handys. Das des iPhone zum Beispiel, dessen neues Modell „4G“ sich angeblich gerade 24-millionenfach in den Startlöchern befindet und unter anderem mit einer Bildschirm-Auflösung von 960×640 die Messlatte für die Android-Konkurrenz noch einmal höherlegen soll. Das sehr frühe Auftauchen der ersten Screenshots oder gar dessen komplette Review dürften seinem Ruf oder seiner Beliebtheit nicht wirklich Schaden zufügen. Nicht wenige Fans und Experten haben dem Apple-Lager sogar unterstellt, eine geschickte Werbe-Aktion lanciert zu haben.
HTC sollte sich also eigentlich glücklich schätzen, dass das Schlupfloch im eigenen Unternehmen die weite Medienwelt lediglich einen Tag zu früh informiert hat und nicht, wie im obigen Beispiel, bereits Monate vorher. Stattdessen wenden sich die Taiwanesen an den Tech-Blogger René Hesse von mobilflip.de, der es gewagt hatte, als einer von unzähligen Twitter-Usern einen Link zu den Bildern des Wildfire zu retweeten. Und zwar mit der absurden Bitte, die betreffenden Tweets zu entfernen. In der Mail der PR-Agentur, die im Auftrage von HTC unterwegs ist, liest sich das wie folgt:
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Bitte nehmen Sie alles zum Thema Wildfire sofort von Ihrem Twitter.
Aha – und dann? René hat lediglich einen Tweet weiter geschickt – ob man da nun wohl jeden angeschrieben hat, der diese Links weitergegeben hat? Diese „Social Media? Ach das machen doch jetzt alle, da machen wir auch mal mit“-Tour ist natürlich mehr als armselig, zeigt sie doch, dass wieder Mal ein sich als hip inszenierendes Unternehmen gar nicht begriffen hat, was es im Internet eigentlich möchte. Fragt doch mal bei Frau Streisand nach, wie leicht man ein einmal veröffentlichtes Bild wieder aus dem Netz entfernen kann.
Noch besser als René hat es Heike Scholz von mobile-zeitgeist getroffen. Denn HTC hat heute flott eine korrigierte Pressemitteilung rausgeschickt, die neben dem angepassten Datum (jetzt steht dort anstelle des 18. der 17. Mai) auch besagte Bloggerin als Sündenbock brandmarkt:
Sehr geehrte Damen und Herren, wir bitten zu entschuldigen, dass Sie die Pressemitteilung zu dem ersten Social Media Smartphone von HTC verspätet erhalten. So wie Ihre Kolleginnen und Kollegen in sieben anderen europäischen Ländern haben auch Sie sich an das Embargo gehalten…bis auf eine besonders smarte deutsche Kollegin, die das Embargo noch während der Veranstaltung gebrochen hat und damit allen Beteiligten enorme Unannehmlichkeiten bereitet hat. Dieses unprofessionelle Verhalten ist nicht zu entschuldigen.
Wie schön im letzten Satz von unprofessionellem Verhalten die Rede ist. Liebe Leute bei HTC – ich drücke Euch ernsthaft die Daumen, dass man Euch diesen Spruch im Netz nicht noch hundertfach um die Ohren haut. Wer nämlich heutzutage so dringend um seinen eigenen Shitstorm bettelt, wird meistens auch dementsprechend von den Digital Natives bedacht. Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich über zahlreiche Blogger gestolpert, die weitaus mehr als nur diesen Fauxpas im Bezug auf HTC genannt haben. Nicht eingehaltene Termine und knauserige Politik bei den Test-Geräten wurden da hauptsächlich angeführt. Da liefert Google mit dem Android-Betriebssystem so eine Waffe und man hat nichts besseres zu tun, als seine Inkompetenz in Sachen Internet zu beweisen?
(Carsten Drees)