Ich hatte es im Zusammenhang mit dem Computer-Spiel „Call of Duty: Modern Warfare 2“ schon einmal gesagt: Als der Ego-Shooter seinerzeit für Wirbel in der Öffentlichkeit sorgte, weil in einer Szene Zivilisten von einem Terror-Kommando abgeschlachtet wurden, handelte es sich meines Erachtens um nichts anderes, als um kalkulierte Provokation. Sex sells, Violance sells. Und je expliziter Paarungs- und/oder Todherbeiführungsbereitschaft demonstriert werden, desto größer die Wahrscheinlichkeit auf Resonanz – egal in welcher Form. Brutalo-Filme wie Rambo haben es vorgemacht, und Skandal-Bands wie Rammstein auch. Und nun tritt M.I.A. (siehe Bild) auf den Plan.
Hinter dem Buchstabenkürzel verbirgt sich die englische Sängerin Mathangi „Maya“ Arulpragasam. Sie hat gerade eine neue Single namens „Born Free“ auf den Markt gebracht – natürlich samt dazugehörigem Video. Und dieses sorgt momentan für richtig viel Gesprächsstoff. Zum einen deswegen, weil M.I.A. damit nach der oben dargelegten PR-Logik Nägel mit Köpfen macht und sozusagen Rambo mit Rammstein verbindet. In sehr expliziter Weise werden darin nämlich sowohl Gewalt als auch Sex dargestellt. Und zum anderen, weil YouTube genau dieses Video – angeblich – gesperrt haben soll.
Letzteres postuliert beispielsweise die „Süddeutsche„, und liegt damit eigentlich auch gar nicht so falsch. Aber eben auch nicht ganz richtig. Um aber das YouTube- oder genauer gesagt Google-Bashing zu rechtfertigen, das in dem Artikel betrieben wird, reicht das eben nicht aus. Vom Verfasser wird nämlich behauptet, dass der Suchriese Wasser predigt und Wein trinkt. Während sich der Konzern einerseits in China zum „Vorkämpfer für Meinungsfreiheit“ stilisiert, wird andererseits ein politisches Video, das „einen ästhetischen Aufbruch markiert“, auf der Tocherplattform gesperrt. Dies sei „die Botschaft, dass die Freiheit im Netz vorbei ist“.
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Ganz so weit ist es aber allem Anschein nach noch nicht. Denn wie nun Wired berichtet, existiert das Video noch auf YouTube, dort ist es nur nicht mehr ganz so leicht zu finden, wie bisher. Die „Portalwächter“ sollen es demnach aufgrund seines expliziten Inhalts sozusagen versteckt haben, und zwar hinter einer Alterssperre. So soll es nur noch für denjenigen zugänglich sein, der die exakte URL zum Video kennt. Das Auffinden über die YouTube-Suche funktioniert nicht mehr. Dies ist eine normale Prozedur, auf die YouTube sogar in einem Blogpost von 2008 hinweist. Wird ein Video von einer bestimmten Anzahl an Usern wegen seines unangemessenen Inhalts „geflaggt“, wird es von einem YouTube-Mitarbeiter unter die Lupe genommen. Und wenn dieser die Meinung der User teilt, verschwindet das Video entweder im Mülleimer (dies gilt vor allem für jene mit pornografischem Inhalt) oder eben im Nirvana der Plattform. Dort kann es dann nur noch von jenen gefunden werden, die den Weg dorthin kennen, sprich: die URL.
Mir ist nun nicht ganz klar, ob die Sperre nicht oder noch nicht richtig greift, da ich es durch Eingabe entsprechender Suchbegriffe leicht finden konnte. Wie dem auch sei: Ich begrüße YouTubes Umgang mit dem Video. Es mag sein, dass es in irgendeiner Weise künstlerisch wertvoll ist und die Message des Liedes unterstreicht. Mir erschließt sich dieser Zusatzwert aber nicht, vielleicht deswegen, weil ich in Bezug auf solche Provokationen schon zu abgestumpft bin. Ich weiß, dass da draußen Dinge passieren, wie jene, die im Video gezeigt werden. Das jüngste und prominenteste Beispiel hierfür dürfte das kürzlich aufgetauchte Wikileaks-Video sein, in dem Soldaten unter anderem auf Kinder schießen. Dies dürfte auch jedem anderen Erwachsenen klar sein, der mit halbswegs geöffneten Augen und Ohren durch die Welt geht. Erwachsenen, wohlgemerkt.
Die Frage ist nun, welches Publikum M.I.A. mit ihrem Song respektive Video anspricht? Sind es Erwachsene, so werden sie das Video schon finden, wenn sie es denn wollen. Auch wenn YouTube es versteckt. Sind es Kinder und Jugendliche, bin ich dafür, dass sie es nicht zu sehen bekommen. Dieser Art der Sensibilisierung für die Missstände in der Welt ist in meinen Augen für sie ungeeignet. YouTube hat keine andere Möglichkeit, seiner Verantwortung den jüngeren Usern gegenüber nachzukommen. Von „Zensur“ oder dem Ende der „Freiheit im Netz“, wie es bei der „Süddeutschen“ genannt wird, kann daher meines Erachtens keine Rede sein. Und dann das Video noch in den Artikel einzubinden, und damit für jedes Kind zugänglich zu machen, grenzt für mich an Fahrlässigkeit. Daher auch von mir hier kein Link – weder zum Wikileaks- noch zum M.I.A.-Video.
(Marek Hoffmann / Bild: Wikipedia)