Es ist nun tatsächlich erst eine Woche her, dass Mark Zuckerberg uns allen versprochen hat, eine neue Ära einzuläuten. Man kann die Änderungen begrüßen oder man kann sie verdammen – eines jedoch kann man nicht: ihre Relevanz leugnen! Auf jeden kritischen Kommentar oder Artikel kommt auch eine Seite oder ein Blog, welches die neuen Funktionen integriert. Mitunter findet beides gleichzeitig statt, weil man zwar
- auf die Gefahren und die Ausmaße hinweisen muss, aber
- sich auch nur sehr schwer dem Reiz entziehen kann, den die neuen Möglichkeiten für den eigenen Webauftritt verheißen.
Schon vor dem letzten Vorstoß des Netzwerk-Giganten probte die deutsche Politik – vertreten durch einen einsamen Vorstoß der Bundestagsabgeordneten Ilse Aigner – den Aufstand, mit bisher eher mäßigem Erfolg. Sie verlangte Privacy-Änderungen (sonst würde sie ihr Profil bei Facebook löschen – keine echte Bedrohung für ein 450 Millionen Menschen umfassendes Netzwerk), Facebook reagierte (erstaunlicherweise) auf den offenen Brief und bot ein Gespräch an. Aigner befindet sich natürlich nach wie vor bei Facebook, was ihr jederzeit hier überprüfen könnt.
Während Aigners Versuch eher befremdlich bis mitunter sogar herzlich naiv anmutet, verhält sich das alles schon anders, wenn es sich bei den kritisierenden Politikern um US-Senatoren handelt. Charles E. Schumer und drei seiner Senatoren-Kollegen wenden sich nun in einem offenen Brief (PDF) direkt an Facebook und Zuckerberg:
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Wir sind besorgt!
Sie kritisieren die schwer durchschaubaren Privacy-Einstellungen Facebooks und die Tatsache, dass der User in den Vereinigten Staaten (in Deutschland per default deaktiviert) die weiterreichenden Rechte für ausgewählte Facebook-Partner selbst deaktivieren muss. Die US-Politiker fordern den umgekehrten Weg. Alles soll so lange privat bleiben, bis der User die gewünschten Optionen aktiviert. Es ist davon auszugehen, dass mit diesen Forderungen bei den Datenschützern und auch vielen anderen Digital Natives offene Türen eingerannt werden.
Wer von euch übrigens selbst mal testen möchte, was im Rahmen des Graph API Protokolles an Daten zu Dritten weitergereicht wird, kann sich das auf zesty.ca einmal anschauen. Dort hat Blogger Ka-Ping Yee einen API-Browser installiert, mit dessen Hilfe zu überprüfen ist, was alles öffentlich einzusehen ist, ohne mit jemandem selbst bei Facebook befreundet zu sein:
Eine Medaille, zwei grundverschiedene Seiten
Ich habe einige der Facebook-Neuerungen direkt in mein privates Blog eingebaut und muss zugeben, dass ich ehrlich beeindruckt bin von den neuen technischen Möglichkeiten. Es gibt mehr Feedback, es ist transparenter für mich und meine Leser und es ist in seiner Anwendung der Inbegriff des „keep it simple“-Grundsatzes:
Das hiermit eine Social Media-Lawine los getreten wurde, sieht man auch an Entwicklungen, die direkt im Anschluss an die f8 das Tageslicht erblickten wie beispielsweise likebutton.me oder die von Kosmar erstellte Ableitung davon namens dasgefaelltuns . Hierbei handelt es sich um einen Aggregator, der durch den Bezug auf meine „gemochten“ Seiten und meine Facebook-Freunde einen ganz anderen Grad der Relevanz erreichen kann als die üblichen Meme-Tracker wie Rivva:
Schaut man sich an, was Twitter für ein Interface vorzuweisen hat und was Twitter-Clients wie Tweetdeck und Co. da für Mehrwerte schaffen können, kann man durchaus gespannt sein, welche für Anwendungen uns auch seitens Facebook noch ins Haus stehen.
Aber ich sprach ja von zwei Seiten der Medaille und da muss ich ebenso ungeniert eingestehen, wie viele andere Net Citizens auch, dass ich nicht im Ansatz erahnen kann, wo die Reise für uns alle hingehen wird, wenn wir dem allmächtigen Facebook nicht zwischendurch ein wenig auf die Finger klopfen. Die Initiative der US-Senatoren ist da ein Anfang und Facebook selbst zeigt in einer ersten Reaktion auf diesen offenen Brief an, dass man das Anliegen „sehr ernst“ nimmt. Klingt in meinen Ohren weniger nach heißer Luft, sondern eher nach der typischen Facebook-Methode: Drei Schritte vor, einen Schritt zurück. Ich gehe nämlich davon aus, dass schon bald die „Instant Personalization“ weltweit per Default deaktiviert sein wird, man im Gegenzug aber dafür eine unermesslich große Zahl an Homepages und Blogs vorweisen kann, die die Facebook-Funktionen wie den Like-Button unterstützen.
Aber selbst ein solches Einlenken würde die weit wichtigere Frage nicht beantworten: Wer kann Facebook und seinen Datenhunger überhaupt noch stoppen? Wir wollen doch eigentlich weg von den walled gardens und grundsätzlich ist ein „Gefällt mir“-Button auf einer externen Seite doch auch ein großer Schritt in diese Richtung – schließlich wollen wir doch alle vernetzt und enger miteinander verzahnt sein. Dennoch: Müssen diese Datenfluten ausgerechnet bei Facebook – oder besser gesagt – bei einem einzigen Konzern zusammenlaufen? Was geschieht dort mit meinen Daten und was passiert eigentlich, wenn – aus welchem Grund auch immer – die Facebook-Seite selbst einmal verschwindet? Hier steht noch viel Arbeit an. Arbeit für Facebook und Arbeit für diejenigen, die Facebooks Gier nach Input im Zaum halten wollen.
Wenn der Kompromiss in ein, zwei Jahren lauten sollte, dass Facebook die ganze Welt miteinander vernetzt, diese Daten aber nicht im gleichen Unternehmen unter Verschluss liegen, sondern dort wo wir sie gerne hätten, werden wir alle vermutlich gerne an heute zurückdenken und über die aktuellen Verschwörungs-Theorien lachen.
via allfacebook.com
(Autor: Carsten Drees/ Foto: nitot)