„Das Fraunhofer-Institut testete innerhalb des Monats Februar nun fünf kostenlose E-Mail-Dienste. Und kam zu einem klaren Ergebnis: Mit 116 Spam-Mails lieferte GMX.de klar das schlechteste Ergebnis ab.“ – das Zitat stammt vom „Spiegel„. Manche bezeichnen das Blatt als letztes Bollwerk des kritischen Journalismus in Deutschland. Leider haben die Kollegen bei der Meldung aber einen kleinen Fehler gemacht, denn Regel Nummer eins im kritischen Journalismus lautet nun einmal: „Prüfe deine Quellen.“
Die Studie wurde am Montag veröffentlicht (PDF), der Titel lautete „Wo bekommt man am wenigsten Spam? Fraunhofer-Studie untersucht Spam-Aufkommen bei kostenlosen E-Mail-Diensten – Yahoo und Hotmail vorne, GMX und Web.de abgeschlagen.“ Soweit, so gut – doch was die Kollegen von SpOn hätte stutzig machen sollen, war folgender Zusatz in der Pressemitteilung: „Die Studie wurde mit finanzieller Unterstützung von Microsoft erstellt.“ Autsch. In der Meldung des Magazins findet diese kleine Tatsache keine Erwähnung.
Erwartungsgemäß kommt Hotmail in der Studie ganz gut weg, Platz eins belegt Yahoo!, Platz drei Gmail – Web.de und GMX belegen weit abgeschlagen die letzten Plätze. Die beiden Mail-Töchter von United Internet reagierten irritiert bis stinkesauer auf die Meldung, die offenbar ohne den Hinweis auf die Hintergründe der Studie von Medien verbreitet wurde: „Die Untersuchungskriterien, die Microsoft mit dem Fraunhofer-Institut vereinbart hat, lassen vermuten, dass es sich hierbei weniger um eine seriöse Untersuchung, als vielmehr um Propaganda für Microsofts Hotmail handelt“, schießen die beiden in einer gemeinsamen Erklärung zurück. Doch ob an der Kritik tatsächlich etwas dran ist, müssen wir hier erst einmal klären. Ich habe gerade mit Holger Neumann von GMX gesprochen und er konnte mir ein paar interessante Antworten liefern.
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Zum einen seien deutsche Mail-Anbieter dazu gesetzlich verpflichtet, jede Mail ihrem Empfänger zuzustellen. US-Mailer wie Microsoft und Yahoo! könnten sie einfach ohne das Wissen der Nutzer löschen. Die Mails müssen also hierzulande so oder so in die Box – ob der Spam aber erfolgreich mit entsprechenden Filtern abgefangen wird, sei in der Studie kein Stück berücksichtigt worden. Heute erreichten die Rechenzentren bis zu einer Milliarde Mails am Tag, die sofort als Spam identifiziert würden. Rund 55 Millionen Mails werden daraufhin an die Briefkästen der Nutzer weitergeleitet, wobei davon noch einmal 60 Prozent individuell herausgefischt werden und in den Spam-Orndern landen. Anders ausgedrückt: Auch, wenn die Filter gute Arbeit leisten, wurden GMX und Web.de dafür abgestraft, dass überhaupt Spam in die Mailbox gelangte.
Zudem hätte das Fraunhofer-Institut kurzerhand die Werbehauspost (sprich: die Newsletter) der beiden Freemailer als Spam klassifiziert. Dass es für einige Mitteilungen eine Opt-Out-Option gebe, sei erst gar nicht beachtet worden.
Für die Qualität eines Mailers spreche zudem, wie False Positives behandelt werden, also Mails, die fälschlicherweise im Spam-Ordner gelandet sind. Auch hier habe das Institut keinen Gedanken dran verschwendet. Die entsprechende Stelle habe ich gerade in der Studie gefunden (Seite 69): „Andere wichtige Spam-Eigenschaften wie z. B. die Anzahl der False Positives wurden bei der Untersuchung aus Ressourcengründen nicht betrachtet.“ Abschließend räumte das Institut sogar selbst ein, dass die Untersuchung eigentlich gar nicht als repräsentativ einzustufen sei. „Das Ergebnis ist deshalb nur eine Moment-Aufnahme und lässt sich nicht ohne Weiteres verallgemeinern“, meint Studienleiter Dr. Markus Schneider dazu.
„Über die Hintergründe für diese Untersuchung – neben einem positiven PR-Effekt – können wir nur mutmaßen“, so der Sprecher. „Seit einigen Wochen jedoch scheint sich Hotmail mit Werbeanzeigen und Bannerschaltungen auf Web.de als Konkurrent eingeschossen zu haben.“ Die beiden Freemailer gehen davon aus, dass Microsoft verstärkt die Office-Anbindungen über Hotmail-Konten regeln und sich dabei den Wettbewerb auf Abstand halten will: „Microsoft ist bewusst, dass negative Aussagen zu Sicherheit und Spam-Aufkommen die Marken Web.de und GMX besonders hart treffen.“
Beide Unternehmen arbeiten deshalb derzeit an einer eigenen Office-Lösung, die in Kooperation mit Zoho.com entwickelt wird. GMX gibt sich kämpferisch: „Diese Anwendungen sind übrigens kompatibel zu Word, Excel und PowerPoint und stellen aufgrund der Reichweite und Beliebtheit der beiden deutschen Mail-Anbieter eine echte Gefahr für Microsoft dar.“
(André Vatter)