Biz Stone und Evan Williams haben auf der Chirp-Konferenz die Hosen nicht nur bis zu den Knien heruntergelassen – am Ende des Tages waren sie komplett bis zu den Knöcheln gesunken. Bevor in Deutschland die Schlafenszeit anbrach, konnte ich noch kurz von dem neu vorgestellten Feature „Points of Interest“ berichten, über das künftig Tweets auf lokaler Ebene verortet werden. Nutzer haben dann die Möglichkeit, Status-Updates der anderen User auf einer Karte zu verfolgen – andersherum können aber auch alle passenden Tweets zu einer bestimmten Location gefunden werden. Schön und gut, doch auf der Chirp bekamen die Entwickler noch viel mehr zu hören. Was wir alles künftig von Twitter erwarten können, habe ich in einer (wahrscheinlich vorläufigen) Liste zusammen gefasst. MAZ ab, bitte:
Neue Zahlen zu Twitter
Die bislang erhältlichen Statistiken, die wir von der Plattfom haben, speisen sich häufig aus der Betrachtung des Web-Interface: Viele Nutzer greifen aber heute auf Twitter-Clients zurück und schaffen es so gar nicht erst in die Zahlen. Umso erfreulicher, dass das kleine Startup nun selbst einmal in die Vollen greift und uns mit neuesten Daten versorgt: Heute sind über 105 Millionen User bei dem Dienst angemeldet, rund 300.000 Nutzer registrieren sich Tag für Tag neu, wobei – das hatten wir schon – mittlerweile 60 Prozent der User aus dem US-amerikanischen Ausland kommen. Pro Monat werden 180 Millionen Unique Visitors gezählt. Dreiviertel aller Zugriffe gehen auf externe Clients der Drittentwickler zurück, über die auch 60 Prozent aller Tweets abgesendet werden. Bei den Suchanfragen (spannend in Hinblick auf den jüngsten Vorstoß mit den Sponsored Posts), werden pro Tag 600 Millionen ermittelt. 37 Prozent aller aktiven Twitterer nutzen heute ihr Handy, um Tweets zu schreiben.
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Tweets mit Meta-Daten
Schon heute können Entwickler die Tweets der Nutzer mit Metadaten versehen. So wird jeder Tweet beispielsweise mit dem Namen des Clients versehen, von dem er versendet wurde. Oder ob diese bestimmte Meldung eine Antwort auf einer vorhergegangene ist. Im kommenden Quartal wird dieses kleine Feature drastisch erweitert: Drastisch deshalb, weil es den Programmieren freigestellt wird, was für Anhänge sie den Usern als Option anbieten. „Metadaten“ ist ein weit gespannter Begriff: Tweets könnten künftig mit dem Geburtsdatum der Nutzer ausgestattet werden. Vielleicht wandern auch die Hashtags in dieses Bündel an Extrainformationen. Twitter will keine Vorgaben machen und schlauerweise der Fantasie der Entwickler lieber freien Lauf lassen. Für genug Zündstoff hat die Ankündigung bereits gesorgt: Da Tweets durch personenbezogene Metatags nun noch enger mit Nutzern verknüpft werden können, dürften auch die Marketing-Fraktion auf neue Ideen kommen. „Targeting“ und „Datenschutz“ sind hier die Reizwörter.
API-Beschränkungen fallen: Twitter wird zum Echtzeitdienst
„Sie haben 150 API-Abfragen erreicht. Bitte warten Sie.“ – das waren noch Zeiten. Bislang waren die Apps Beschränkungen unterworfen, was die Anzahl von Pings innerhalb einer Stunde anging. Ab sofort ist diese Traffic-Repressionsmaßnahme aufgehoben. Das gilt für alle Handlungen der Nutzer, seien es Tweets, Retweets, Replies oder das Favorisieren von Posts. Damit würde Twitter auf einen Schlag tatsächlich zum Realtime-Dienst – ohne störende Abfrageintervalle. Wie mitgeteilt wurde, sei eine neue Push-Technologie entwickelt worden, um das dadurch entstehende Traffic-Aufkommen zu meistern. Hoffentlich stimmt das – andernfalls gibt es schon in Kürze mehr Fail Whales zu sehen.
@Anywhere
Twitter hat nun seinen eigenen, offiziellen Social-Connector an den Start gebracht. Mit @Anywhere haben Website-Betreiber jetzt die Möglichkeit, Twitter-Funktionen direkt in ihre Seiten zu integrieren. Der Vorteil: Besucher müssen das eigene Angebot nicht mehr verlassen, um einen Tweet zu versenden oder neuen Accounts zu folgen. Das funktioniert beispielsweise über die neuen „Hovercards“ – kleine Twitter-Visitenkarten, die „mit ein paar Zeilen JavaScript“ eingebaut werden können. Ich habe die Developer-Anleitung zu @Anywhere kurz überflogen, es scheint wirklich auch für Code-Nulpen wie mich machbar zu sein.
Dass der Connector ein großes Ding werden dürfte, ist schon heute klar: Vom Start weg sind unter anderem folgende Partner mit an Bord: Amazon, Bing, Digg, eBay, Foursquare, Gawker, Google, Gowalla, The Guardian, The Huffington Post, Mashable, MSNBC, New York Times, WSJ.com, Yahoo! und YouTube.
Twitter in der Bücherei
Es klingt ein wenig verrückt – oder zumindest sehr amerikanisch: Die Library of Congress, die größte Bibliothek der Welt, richtet sich nun auch die neue Abteilung „Tweets“ ein. All die öffentlichen Tweets der vergangenen Jahre seien „wichtig und es wert, bewahrt zu werden“, habe die Institution verlauten lassen. Damit wandern alle Tweets, die ihr und alle anderen von einem Non-Private-Account aus abgeschickt habt, in die Regale der Bibliothek. In der Vereinbarung mit Twitter wurde festgehalten, dass zwischen Tweet-Veröffentlichung und Tweet-Archivierung sechs Monate liegen müssen – wahrscheinlich, damit Nutzer ungewollt abgesendete Posts noch löschen können. Die Tweets werden dann für die „nicht-kommerzielle Forschung“ öffentlich freigegeben. Wie viele 140-Zeichen-Texte das wohl wohl seien mögen? Bei Twitter werden heute rund 55 Millionen Status-Updates gezählt – pro Tag. Und das Startup wurde 2006 gegründet…
Neues Google-Feature: „Replay it“
Google hatte bereits am Mittwoch eine neue Funktion in der Echtzeitsuche angekündigt, die für mehr Übersicht in den Statusmeldungen sorgen soll: „Replay it“ erlaubt das Suchen im gesamten Twitter-Archiv und zeigt Trends in öffentlichen Diskussionen an. Derzeit ist das Feature nur für Google.com freigeschaltet, zudem reicht das Archiv bislang nur bis zum 11. Februar 2010 zurück. Wann die deutsche Suche das Update verpasst bekommt, wurde bislang nicht mitgeteilt.
Google Follow Finder
Neu bei Twitter und noch keine Ahnung, wem man folgen soll? Google will diese Frage durch die kleine App „Follow Friend“ aus den Google Laboren beantworten: Gibt man hier seinen Twitter-Namen ein, taucht automatisch eine Liste mit Nutzern auf, die man sich näher anschauen sollte. Zwar wurde hier kein sonderlich intelligenter Algorithmus verwendet, aber dennoch fördert die App ganz brauchbare Ergebnisse zutage. Beispiel: Ich folge „Turi2“ und „Horizont“. Nun schaut sich Google die übrigen Follower der beiden Accounts an. Da viele dieser Nutzer außerdem auch noch „Werben&Verkaufen“ auf dem Schirm haben, bekomme ich „W&V“ als Follower-Tipp vorgesetzt. Probiert es einmal aus, ein kleiner Versuch kann ja nicht schaden…
(André Vatter)