Viele von uns haben es schon lange vermutet, nun liefert eine aktuelle Studie (Vollversion als PDF und Kurzfassung) offenbar den Beweis. Die Zahlen, die sich die Bosse aus der Film- und Musik-Branche zusammenträumen, wenn sie von wirtschaftlichen Verlusten durch Piraterie sprechen, entbehren schlichtweg jeder Grundlage. Ebenso die Schwarzmalerei einiger Politiker, wenn es um die Bedrohung von Arbeitsplätzen durch die Raubkopierer geht. Zumindest gilt das dem Report zufolge für die USA, dürfte aber mit entsprechenden Abänderungen auch auf andere Länder übertragbar sein.
Und darum geht’s: Das United States Government Accountability Office (GAO) ist eine dem deutschen Bundesrechnungshof vergleichbare US-Behörde, die sich als „investigativer Arm“ oder „Wachhund“ des Kongresses versteht. Ihr Aufgabenbereicht umfasst im Kern die Prüfung staatlicher Vorhaben (beispielsweise hinsichtlich Korruption oder Missmanagement) sowie die Beratung des Kongresses bei der Planung von Programmen und die Überprüfung von Beschwerden gegen Vergabeentscheidungen. Diese GAO nun hat am vergangenen Montag einen Report mit folgendem Titel veröffentlicht: „Intellectual Property – Observations on Efforts to Quantify the Economic Effects of Counterfeit and Pirated Goods“ (zu deutsch etwa: „Geistiges Eigentum – Betrachtungen zu den Bemühungen, die ökonomischen Auswirkungen durch gefälschte und raubkopierte Güter zu messen“). Auf 41 Seiten kommt sie darin zu dem Schluss, dass Piraterie zwar durchaus eine kriminelle Handlung sei, der von ihr verursachte Schaden aber bei weitem nicht so hoch liege, wie von der US-Industrie und -Politik bislang immer behauptet wurde. Oder anders ausgedrückt: Die Annahmen, auf denen die bisherigen Berechnungen beruhen, sind falsch oder zumindest übertrieben.
Wörtlich steht in dem Text: „Es ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die ökonomischen Auswirkungen zu bemessen“. Dies hängt damit zusammen, dass „die rechtwidrige Natur von Fälschung und Piraterie eine Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen durch Verstöße gegen das Geistige Eigentum extrem schwer machen“. Yepp. Da steht es nun schwarz auf weiß, was sich jeder halbwegs vernunftbegabte Mensch ohnehin schon längst gedacht hat – wenn er denn nicht von den oben genannten Industrie-Bossen und Lobbyisten durch ständiges Wiederholen der immergleichen Horror-Piraten-Geschichten längst einer Gehirnwäsche unterzogen wurde.
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Ohne zu sehr in Detail gehen zu müssen und können (habe auch nur die Kompaktversion des Reports gelesen), lässt sich Folgendes schnell erkennen: die Argumente der GAO sind an vielen Stellen mit denen deckungsgleich, die ihr an entsprechender Stelle hier auf dem Blog in den Kommentaren geäußert habt. So ist es beispielsweise nicht nachvollziehbar, wieso immer behauptet wird, dass beispielsweise jeder Film-Raubkopierer quasi ein verlorener Kino-Kunde sei. Als ob jeder, der sich zu Hause einen illegal kopierten Film ansieht, sich diesen anderenfalls im Kino angeschaut hätte. So formuliert die GAO in diesem Kontext auch, dass „aufgrund von Fehlenden Daten Vermutungen angestellt werden müssen“, diese aber „enorme Auswirkungen auf die Resultate hätten“ und Transparanz daher von höchster Wichtigkeit sei. Zu Deutsch: Je größer der Multiplikator, desto höher das Ergebnis.
Und dass diese Zahl von der Industrie natürlich und aus nachvollziehbaren Gründen gerne weiter oben angesetzt wird, weil man dann nämlich lauter jammern kann, das ist klar. Und in Bezug auf die angesprochene Transparenz ist auch klar, dass die Musik- und Film-Bosse sich niemals wirklich in die Karten gucken lassen werden. Das Schreckgespenst „Pirat“ könnte dadurch ja an Kraft verlieren.
Es ist schön zu sehen, dass sich eine Behörde einmal wirklich die Mühe gemacht hat, den Sachverhalt eingehend zu studieren, analysieren und die – zu meinem Erstaunen – richtigen Schlüsse zu ziehen. In einem Abwasch wurden auch gleich mal – wie erfrischend – drei Studien als Humbug entlarvt, die in den USA immer wieder gerne zitiert wurden, wenn es um den durch Piraterie entstehenden wirtschaftlichen Schaden in ging. Wer hierzu oder zur ganzen Materie mehr erfahren möchte, sich vielleicht auch dafür interessiert, warum der Bericht überhaupt angefertigt wurde, sollte sich unbedingt die oben verlinkte Originalquelle durchlesen.
Via: Torrentfreak
(Marek Hoffmann)