„Twitter“ und „Marketing“ in einem Satz – das verheißt meistens nichts Gutes, weil dahinter viel zu häufig das Versprechen steckt, kinderleicht an die ersehnten Fantastillionen von Followern zu kommen – in nur wenigen Stunden, versteht sich. In diesem Artikel soll es jedoch um ein wirklich seriöses Marketing-Tool namens Twitter gehen, mit dem man ziemlich exakt bestimmen kann, wie erfolgreich ein neuer Kino-Blockbuster in den Filmtempeln startet.
Es ist genau die angestrebte Seriosität, die mich stutzig macht, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Twitter mit der kruden Mischung aus Early Adopters, Meinungsmachern, Promis, Promi-Stalkern und „Normalos“ die Gesellschaft so exakt spiegelt, dass man daraus irgendetwas Konstruktives für die Filmbranche ableiten könnte. Glaubt man den beiden Wissenschaftlern Sitaram Asur and Bernardo Huberman, die für die HP Labs arbeiten, liege ich mit meiner ersten Einschätzung aber ziemlich falsch. Die beiden haben ein Tracking-System und spezielle Algorithmen angewendet, um über drei Millionen Tweets zu durchleuchten, die sich thematisch mit Film-Starts beschäftigen.
Anhand der Ergebnisse, die man durch die Beobachtungen von Avatar, New Moon und Co. erhalten hat, hat man nun die Start-Wochenenden der Filme „Dear John“ und „The Crazies“ vorausberechnet und konnte dort tatsächlich eine 97-prozentige Genauigkeit der späteren Zahlen erreichen, was klar oberhalb dessen liegt, was sonst mit Personenbefragungen realistisch ist. Ich persönlich finde die Tatsache unheimlich interessant, dass man – die richtigen Parameter vorausgesetzt – so klare Erkenntnisse gewinnen kann, was neue Trends angeht, allerdings erschließt sich mir noch nicht so ganz, was es der Filmindustrie bringt, wenn sie knapp vor der Premiere erfahren, wie sich der Filmstart ungefähr entwickeln wird. Weder wird man am Plot etwas ändern können, noch wird man kurzfristig Merchandise-Artikel auf den Markt werfen oder gegebenenfalls einstampfen, wenn es die Prognose verlangt.
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Helft mir beim Blick über den Tellerrand und erklärt mir in den Kommentaren, was das Tracking-Tool Twitter in diesem expliziten Fall für Mehrwert bietet für die Filmindustrie.
Generell stehe ich diesem Prinzip – dieser Mischung aus Empirie und Semantik – aber sehr offen gegenüber und erwarte mir hier für die Zukunft mächtige Instrumente, um jegliche Produkt-Launchs zu begleiten, unabhängig davon, ob das via Twitter oder in abgeleiteten Tools geschieht. Mich würde interessieren, was man erkennen könnte, wenn man die deutschen TV-Einschaltquoten auf diese Art tracken würde. Hätte „Wetten dass…?!“ dann tatsächlich zehn Millionen Zuschauer? Unabhängig vom Kino bietet der Content, der von der Social Media-Flut in unsere Rechner gespült wird, noch reichlich Möglichkeiten jenseits schnöder Befindlichkeits-Meldungen – wetten, dass?
(Carsten Drees)