Würde es Euch sehr überraschen, wenn man Euch als Anhaltspunkte für diesen Artikel die Worte „Privatsphäre“ und „Mountain View“ an die Hand gibt und es sich dennoch nicht um einen Artikel über Google handelt? Klingt komisch, ist aber so. Es sind ja nicht nur die Giganten wie Google, Yahoo oder Apple, die sich im Silicon Valley niedergelassen haben, sondern auch eine Vielzahl kleiner Startups, die gerne noch dahinkommen wollen, wo die Erstgenannten bereits sind. Teneros ist so ein Unternehmen. Durch die Erfolge im Kerngeschäft – Disaster Recovery für Microsoft Exchange – wurden dem kalifornischen Startup bereits über 80 Millionen US-Dollar von Investoren in die Kasse gespült. Nun hat man eine neue Software zur Serienreife gebracht und möchte in einem ganz anderen Bereich Geld verdienen.
Die entwickelte Software namens Social Sentry möchte Unternehmen in die Lage versetzen, automatisch die Online-Gewohnheiten des eigenen Personals zu tracken. Sprich: Wer nutzt wann die einschlägigen Portale wie Facebook, Twitter und Co. – und wie nutzt er sie. Für zwei bis acht Dollar kann man sich – ganz nach Bedarf – Berichte und Analysen zu jedem einzelnen Mitarbeiter erstellen lassen.
Das Bierchen am Abend
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Während Datenschützer nun vermutlich aufschreien und düstere Mobbing-Szenarien prophezeien, reiben sich die interessierten Firmen-Bosse vergnügt die Hände. Teneros selbst sieht das Ganze ziemlich entspannt – schließlich veröffentlicht man ja keine Geheimnisse, sondern nur dass, was der betroffene Angestellte sowieso schon längst weltweit publik gemacht hat. Aber genau das ist die Crux: Man kann als überwachter Angestellter nichts dagegen unternehmen, abgesehen von den Dingen, die generell im Netz gepredigt werden: Veröffentliche nur das, was du guten Gewissens ins Netz stellen kannst und lass nur die Leute darauf zugreifen, die es wirklich sehen dürfen.
Klingt grundsätzlich einfach, aber wir merken es ja tagtäglich überall im Netz, dass das Bewusstsein für die Weitergabe der eigenen Daten noch lange nicht ausreichend geschärft ist bei einer Vielzahl der Surfer.
Aber selbst wenn man sich in Sicherheit und im Recht wähnt, abends gepflegt ein paar Bierchen zu trinken und das auch online dokumentiert, baumelt stets das Damokles-Schwert über unseren Köpfen. Wenn es meinem Chef stinken würde, dass ich mir jeden Abend beispielsweise zwei Flaschen Bier reinschraube, dann muss das ja nicht heißen, dass ich zwangsläufig davon erfahre. Aus einer Vielzahl von Gründen kann man einen Angestellten in eine andere Abteilung versetzen, ihm unangenehmere Arbeiten zuteilen oder ihm gar „betriebsbedingt“ kündigen. Daher sehe ich da über kurz oder lang ernsthafte Probleme auf die Arbeitnehmer zukommen, deren Daten per Social Sentry getrackt werden.
Schutz von Betriebsgeheimnissen
Offiziell geht es selbstverständlich gar nicht darum, private Inhalte zu überwachen. Man möchte sicherstellen, dass keine Betriebsgeheimnisse an die Öffentlichkeit getragen werden und selbstverständlich möchte man darüber im Bilde sein, wie viel Zeit der Mitarbeiter täglich bei den einschlägigen Social Network-Angeboten vertrödelt, denn jede Minute, die man während der Arbeit bei Facebook verbringt, hindert einen logischerweise daran, produktiv zu sein.
Bislang kann man als Angestellter immer noch davon ausgehen, dass die eigenen Ergüsse irgendwo im Daten-Nirwana verschwinden – zu groß ist die Zahl der Möglichkeiten, mich online zu egal welchem Thema zu äußern. Wollte man das manuell Überwachen wollen, hätte es ein Arbeitgeber mit einem gewaltigen Kosten- und Zeitfaktor zu tun, ohne jegliche Sicherheit, wirklich jedes Statement des Mitarbeiters gesehen zu haben. Wenn das nun aber alles automatisch geschieht und anschließend sogar in Analysen-Form präsentiert wird, ist sie wohl zum Greifen nah, die Vision vom gläsernen Angestellten.
Was meinen die Basic Thinking-Leser: Ist eine solche Software/Überwachung hierzulande überhaupt zulässig? Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr Wind davon bekommt, dass euer Chef euch auf diese Weise überwachen lässt?
(Carsten Drees)