Im Sommer will die Deutsche Post eine massive Kampagne vom Stapel rollen lassen. Beworben wird der kürzlich vorgestellte Onlinebrief, der als eine Art digitales Einschreiben künftig Transportkosten und Papiermüll sparen soll. Schon seit Jahren kämpft die Post mit einem rückgängigen Briefgeschäft, die E-Mail hat dem Kuvert den Rang abgelaufen. Heute werden herkömmliche Briefe mit hübscher Marke wohl nur noch zwischen Geschäftspartnern oder Liebenden verschickt – und beide Gruppen werden sich früher oder später ebenfalls dem Trend beugen.
In der „Financial Times Deutschland“ habe ich zu diesem Thema gerade ein interessantes Interview mit Frank Appel gefunden, der als Chef an die Spitze der Deutschen Post nachrückte, nachdem Zumwinkels im kleinen Liechtensteiner Steuerparadies aufgeflogen war. Darin mosert Appel ein wenig über den Druck der Bundesregierung, die die Post immer noch gerne als „Universaldienstleister“ sehen will: Pakete, Päckchen, Briefe – einiges davon gehöre eigentlich auf den Müllhaufen der Vergangenheit: „Als wir vor Jahren das Telegramm abgeschafft haben, gab es einen Aufschrei, als wäre das der Untergang des Abendlandes. Dabei hat das die Kunden gar nicht interessiert“, so Appel. „Wir müssen das ganze System überdenken – und zwar aus Kundensicht, nicht nach dem Motto ‚Das war schon immer so‘.“ Dazu möchte ich noch eben anmerken, dass die Post das Telegramm nicht „abgeschafft“ hat, sondern lediglich den Auslandsversand eingestellt und die Übermittlung der Nachricht im Inland schweineteuer gemacht hat.
Doch es ist klar, dass sich die Post künftig deutlich umpositionieren muss. Die kriselnde Briefsparte erwartet zum 1. Juli einen erneuten Dämpfer, dann nämlich, wenn die Umsatzsteuerbefreiung auf Geschäftsbriefe entfällt und der Preis für Business-Post ansteigt. DHL soll im Logistikbereich den Verlust auffangen – auf der anderen Seite soll der analoge Brief ins Internet abwandern. Allerdings wartet im Netz schon die Konkurrenz.
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Im deutschen Netz wird es bald zwei gigantische Postanbieter geben: die Post und das De-Mail-Konsortium. Letzteres wurde noch unter der Fuchtel des ehemaligen Innenministers Schäuble aus dem Boden gestampft, die deutsche Bundesregierung hat sich für die Realisierung des sicheren Austausches rechtsgültiger Dokumente die Hilfe der Privatwirtschaft gesichert. Die Post musste hilflos zusehen, wie sie das Geschäft, das bislang nur auf dem Papier existiert, zu verlieren drohte. Dann kam die Idee mit dem Onlinebrief: Ob Appel und sein Unternehmen hier noch die Kurve kriegen? „Wir wollen ja die E-Mail nicht neu erfinden“, erklärt er. „Sondern wir schaffen als Unternehmen mit hohem Vertrauensvorschuss eine Plattform für den sicheren Austausch von Information und Dienstleistungen, die es bisher nicht gibt. Für Anwälte, Investmentbanker oder Unternehmensberater hat diese Vertraulichkeit enormen Mehrwert.“ Das wird sich zeigen. Spätestens im Herbst wissen wir, ob der herkömmliche Briefversand überflüssig geworden ist.
(André Vatter)