Die WebCiety auf der CeBIT ist im vollen Gange, noch bis zum Samstag ist das Web 2.0-Meeting in Hannover vollgepackt mit Programmpunkten. Am Donnerstagmittag war ein interessanter Gesprächskreis anberaumt, es ging um „Die Zukunft der sozialen Netzwerke„. Gäste waren unter anderem Joel Berger von MySpace Deutschland, Jackson Bond von Xing und Clemens Riedl, Geschäftsführer der VZ-Netzwerke. Es war Riedls erster öffentlicher Auftritt in diesem Amt, nachdem er vor rund einem Monat das Ruder bei den VZ-Netzwerken übernommen hat. Immerhin, das lässt sich sagen: er erweckte einen selbstbewussten, beinahe schon ultracoolen, leider deshalb aber auch bis ins Unsympathische hineinspielenden Eindruck.
Schnell war klar, warum der VZ-Boss nach Hannover gereist war: um sich Luft zu machen. Seitdem es sich immer deutlicher abzeichnet, dass der Siegeszug von Facebook in Deutschland nicht mehr zu stoppen ist, sind die Amerikaner das erklärte Feindbild der VZler. Und daran ließ Riedl heute auch keinen Zweifel mehr. Facebooks jüngster Wachstumsschub rühre einzig daher, dass das Netzwerk mit unfairem Spam um sich schleudere. Nichtmitglieder würden mit falschen Einladungen von Freunden und Bekannten auf Facebook gelockt: „Angeblich soll sogar meine Mutter dort sein! Doch sie ist nicht bei Facebook“, so Riedl. Die US-Plattform sei dabei, ein nach deutschen Maßstäben „illegales Schattennetzwerk“ zu etablieren. „Das hat nichts mit Privacy oder Vertrauen zu tun – unter deutschem Datenschutz ist so etwas undenkbar.“
Genau das ist auch das Problem, das Riedl mit Facebook hat: Seiner Meinung nach können die Amerikaner hierzulande ungestört expandieren, weil deutsche Regeln (was Datensicherheit und informationelle Selbstbestimmung angeht) sie nicht betreffen. StudiVZ und Co. müssten sich aber an die Vorgaben aus Berlin halten: „Das ist eine klare Benachteiligung unserer Netzwerke.“ Deutsche Unternehmen würden durch deutsche Gesetze zurückgeworfen, es könne nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn Wettbewerber von außen plötzlich derart signifikante Marktanteilzuwächse verzeichnen. Er sehe es deshalb auch als „zynisch“ an, dass Politiker, die Datenschutz in Netzwerken fordern, selbst auf Facebook aktiv sind. Mit dem Vorwurf des „Facebook-Bashings“ konfroniert, antwortete Riedl knapp: „Wenn das Bashing ist, dann stehen wir auch dazu!“
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Ich halte es ja für denkwürdig, wenn der Datenschutz (so brisant und wichtig er ist) als Argument ins Feld geführt wird, um Facebooks Performance beziehungsweise StudiVZs Stagnation zu erklären. Seien wir ehrlich, auch die VZ-Netzwerke haben es in der Vergangenheit nicht immer so mit der Privatsphäre der Nutzer gehalten, wie es vielleicht nötig gewesen wäre. Die Forderungen der Verbraucherzentrale hat man seinerzeit auf ein Mindestmaß zurechtgestutzt. Vielleicht sollte man über verpasste Trends reden, über Benutzerfreundlichkeit und auch die Dynamik des Unternehmens-Image – irgendeinen Grund muss es ja für die diametrale Entwicklung zwischen den Netzwerken geben. Naja, wenn er Recht hat, dann müsste sich ja bald etwas am Zuspruch ändern, den derzeit Facebook noch erfährt. Die Amerikaner haben jüngst eine neue Filiale in Hamburg eröffnet und befinden sich damit in Reichweite des deutschen Datenschutzes.
Abseits der polternden Nummer waren dem Manager aber dennoch ein paar interessante Details zu entlocken. Und zwar tatsächlich zum Thema „Die Zukunft der sozialen Netzwerke“. Riedl kündigte an, dass der Buschfunk „in den kommenden Wochen“ weiter aufgebohrt werden soll, am Ende steht eine neue Funktion mit dem Namen „Deutschland in Echtzeit“ – eine Antwort auf die neuen Bedürfnisse im Realtime-Web. Mehr Details darüber ließen sich ihm aber nicht entlocken.
Als zweite Neuerung sind wohl Kooperationen im Hinblick auf den mobilen Plattformzugriff geplant. Die Tarife der Telcos seien auch heute noch immer viel zu teuer, „die Kids in der Schule können sich das nicht leisten“, so Riedl. Um Abhilfe zu schaffen, befinde man sich gerade in Gesprächen mit Mobilfunkanbietern, um an einer gemeinsamen Lösung zu feilen: „Wir wollen die Tarife demokratisieren“, kündigte der VZ-Chef an. Wann dies geschehen wird? Man wird sehen.
(André Vatter)