Kollege Lücke war am Morgen schon um kurz vor sieben in der Redaktion und beackerte den Geschäftsbericht 2009 der Deutschen Telekom. Als ich später die Zahlen sah, kratzte ich mich am Kopf und fragte: „Was gibt’s Neues?“ Es sah so aus, als lägen die Dinge immer noch so, wie sie sich uns vor einem Jahr zeigten und nach einem kurzen Gespräch einigten wir uns darauf, dass 2009 ein „So lala“- bis „Oh, mein Gott!“-Jahr für den Ex-Monopolisten war: Gut ist, dass die Kundenflucht im Festnetz-Sektor langsam zu einem Halt kommt (dennoch kündigten noch immer zwei Millionen Kunden ihre Verträge) – auf der anderen Seite schwächelte aber auch das Neukundengeschäft im DSL-Bereich. Schlecht ist, dass der Überschuss wegen hoher Abschreibungen verglichen mit 2008 um 76 Prozent (!) auf 353 Millionen Euro sank. Laut Reuters hatten Analysten mit 1,03 Milliarden Euro gerechnet – das nur zum Einorden der Zahlen. Damit die Aktionäre heute nicht panisch ihre Telekom-Papiere abstoßen, will der Konzern dennoch eine Dividende zahlen, nämlich 0,78 Euro je Aktie.
Auf der dazugehörigen Pressekonferenz gab sich Konzernchef René Obermann ein wenig steifer als sonst: „Ich stelle fest, dass wir auf einem guten Kurs sind“, begrüßte er die Anwesenden. „Um es gleich voraus zu schicken: Wir werden heute keine Details zu unserer neuen Strategie verraten, wie es von einigen erwartet wurde“. Obermann will den Fahrplan seines Projektes „Telekom 2.0“ erst im März bekannt geben, in einer „angemessenen Zeit“. Das geplante Strategiepapier soll das Zauberrezept für die Zukunftstüchtigkeit des Unternehmens sein.
Multlose Vision von Telekom 2.0
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Das „Handelsblatt“ konnte bereits gestern einen Blick auf den Plan erhaschen, kommt allerdings zu einer eher ernüchternden Bewertung: Obermanns 5-Punkte-Plan sei „konservativ und visionslos“, wird ein T-Manager zitiert. Das Papier sieht vor, dass die Telekom in Ländern wie UK und USA massiv in die Leistung der Mobilfunknetze investieren will. In anderen Märkten, wo die Bonner sowohl Festnetz- als auch Mobilfunk-Dienste anbieten, sollen die beiden Sparten (wie in Deutschland geschehen) rigoros zusammengelegt werden, um Kosten zu sparen und den Kunden Komplettpakete anbieten zu können. Ist das revolutionär? „Da steht nichts komplett Neues drin, sondern es ist eine Überarbeitung dessen, was sich in den vergangenen drei Jahren bewährt hat“, antwortete ein Telekom-Sprecher.
Die Deutsche Telekom befindet sich heute in einem Vielfrontenkrieg – und die einzige Waffe, die dem Konzern in diesen Zeiten zur Verfügung steht, heißt: Investition, Investition, Investition! Und das kann zum Problem werden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, hat Obermann seinem Unternehmen seit 2006 einen massiven Sparkurs aufgezwängt – alleine im vergangenen Jahr mussten 4.500 Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Innerhalb der kommenden zwei Jahre sollen noch einmal 4,2 Milliarden Euro eingespart werden. Arge Bonn, ick hör dir trapsen.
Investieren? Ja. Profitieren? Vielleicht
Klar ist, dass es ohne Sparen und die genannten Investitionen nicht geht. Allerdings ist es ebenso unsicher, dass diese Bemühungen tatsächlich Früchte tragen werden. Beispiel mobiles Internet: Der Traffic im Netz nimmt massiv zu, die Mobilfunkantennen der Telekom ächzen bereits unter der Last der Daten, so dass der Konzern teuer gegensteuern muss. Doch wer profitiert davon? Richtig: Google, Apple, Yahoo! und all die Dienste-Anbieter im Netz, die auf Pay- oder Werbe-Basis ihre immer voluminöseren Plattformen weiter vorantreiben. Dass die Telekom die Investitionskosten alleine über die Grundgebühr des Kunden wieder ausgleicht, ist recht fragwürdig. Langsam bahnt sich im UMTS-Sektor ein ähnlicher Preiskampf an, wie wir ihn jahrelang im DSL-Markt beobachten konnten – und die Margen schrumpfen zusehends. Doch werden Investitionen unterlassen (wie beispielsweise bei T-Mobile USA geschehen), wandern die Kunden einfach ab und saugen bei der Konkurrenz.
Weitere Stolperfallen? Die Kabelnetzbetreiber, wie Kabel Deutschland und Unitymedia, die per Knopfdruck 200 Mbit/s beim Kunden freischalten können, lachen über die grauen VDSL-Kästen, die Deutschlands Straßen zieren und aus denen derzeit nicht mehr als teure 50 Mbit/s zu holen sind. Europa setzt der Telekom zu, die mobilen Terminierungsentgelte wurden gesenkt, Wechselkursveränderungen drücken Profite, Roaming-Umsätze gehen zurück.
„2010 wird nicht leicht werden“, verrät Obermann. Die Zahlenschieber der Telekom prognostizieren, dass dieses Jahr ein bereinigtes Betriebsergebnis von etwa 20 Milliarden Euro zu erzielen ist. 20,7 Milliarden Euro waren es 2009.
(André Vatter)