App 'Recognizr': Gesichtserkennung meets Social Media

Würde ich heute nach Trends befragt, die in naher Zukunft eine bedeutende Rolle auf Smartphones spielen werden, könnte ich nicht umhin, auch „Augmented Reality“ aufzuzählen. Dafür sorgen solche Apps wie „Recognizr“ aus dem Hause The Astonishing Tribe, einem schwedischen Unternehmen für Mobile-Software. Richtet der Besitzer die Kamera seines mit der Anwendung bestückten Handys auf das Gesicht einer anderen Person, erhält er sämtliche in Sozialen Netzwerken zu seinem Gegenüber verfügbaren Informationen. „Verfügbar“ heißt in diesem Zusammenhang allerdings, dass sie von der Person für den Zugriff durch „Recognizr“ freigegeben worden sein müssen.

Das „Augmented Identity“ benannte Konzept basiert hauptsächlich auf der Gesichtserkennungssoftware einer anderen schwedischen Firma, nämlich FaceLib von Polar Rose. Diese erstellt ein 3D-Modell des Gesichts einer ausgesuchten Person und schickt die Daten an einen Server. Wird dort eine Übereinstimmung mit einem vorhandenen User-Profil festgestellt, erhält der Smartphone-Besitzer Namen, Telefonnummer, Mail-Adresse und Links zu den Social Networks seines Gegenübers übermittelt, auf denen er oder sie aktiv ist. Diese werden ihm dann als kleine Icons im Display angezeigt. Und so sieht das dann in Feldversuch aus:

  

„Recognizr“ läuft auf Androids und iPhones, ist bisher aber nur ein Prototyp. Ob es auch einer bleiben wird, hängt davon ab, ob die Mehrheit der Zielgruppe die App als supercool oder eher super beängstigend ansieht. Zwar verlangt das System nämlich ein Opt-In, bei dem der User sein Foto hochladen und sich mit seinen privaten Daten anmelden muss. Dies schließt Mißbrauch aber dennoch nicht aus. Ich sehe nämlich spontan keine Verfahren, mit dem The Astonishing Tribe sicherstellen könnte, dass es sich bei dem hochgeladenen Foto tatsächlich um das Abbild des Users handelt, das Foto und die eingebenen Kontaktdaten wirklich zusammengehören oder die Anmeldedaten korrekt sind.

Hinzu kommt noch ein rechtlicher Aspekt: Selbst wenn ich den Nutzungsbedingungen des Unternehmens zustimme und diese beinhalten, dass auch wildfremde Menschen ohne meine Zustimmung meine Visage auf das Display ziehen können (was schon ein sehr unrealistisches Szenario darstellt) – verstößt dies dann nicht trotzdem gegen geltendes Recht? Zumindest hierzulande? So beeindruckend ich auch die technische Seite von „Recognizr“ finde und so webzweinullig auch die Vorstellung sein mag, Balztänze mittels Smartphone auszuführen: irgendwie regt sich in mir ein Widerstand gegen die App. Und bei euch?

Via: Popsci

(Marek Hoffmann)

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Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

21 Kommentare

  • Gegen welches Recht sollte das denn verstoßen? Du hast die Möglichkeit, dass man dich erkennt und deine Daten einsieht ja selbst eingeräumt. Wenn man sich da anmeldet und seine Daten einträgt muss man ja damit rechnen, dass einen jeder der ein einigermaßen brauchbares Bild von mir erhalten kann auch meine Daten einsieht. Ein öffentliches Facebook-Profil oder eine private Homepage sind ja auch nichts anderes.

  • Naja, jemanden auf einem (a)sozialen Netzwerk Profil mal gesehen zu haben und im realen Leben zu erkennen, ist schon noch etwas anderes als nach einer Person suchen können.

    Würde die deutsche Regierung an sensiblen Gebäuden Gesichtsscanner einführen (was anderes ist es ja nicht), dann wär aber die Hölle los.

    Folgt mir auf Zwitscher und Gesichtsbuch… gegen den gläsernen Menschen. *lach*

    Edit: Wie wäre eine Kombination mit Payback? Dann könnte zB ein GEZler gleich beim Tür öffnen ein Foto machen und sagen „Hallo Herr Mustermann, Sie haben vor 2 Monaten einen neuen Fernseh gekauft“

    Entdecke die Möglichkeiten..

  • Dann wird das auch bald in die Werbeflächen auf Autobahntoiletten integriert, sodass die Werbeflächen dann auch passende Werbung anzeigen können.
    Peinlich dann nur, wenn sich dann dorthin auch Werbung für Potenzmittel verirrt =)

  • @2: Natürlich ist das etwas anders. Aber ich bezog mich konkret auf die Frage, ob das gegen geltendes Recht verstoße. Welches Recht soll das sein? Das Recht darauf persönliche Informationen öffentlich für jeden zugänglich preizugeben, aber bitte nur für Leute, die mich persönlich kennen?

  • Meine persönliche Meinung hat nichts mit geltendem Recht zu tun 😀

    Ich finde es mittlerweile krotesk und lächerlich das sich Leute noch gedanken über Datenschutz (oder halt Missbrauch) machen, man aber gleichzeitig alles über diese Menschen im Internet finden kann.

    Ein hoch auf die Lemminge der (a)sozialen Netzwerke…

  • @ NICO „Gegen welches Recht sollte das denn verstoßen“ meinst du das wirklich? Vielleicht gibt es mit Recognzr noch die Möglichkeit ein und auszuschalten. Aber bald wird es Anwendungen geben bei denen man gar nicht wählen kann ob er seine Daten verfugbar stellen möchte. Dann wird das ganze Internet abgestreift nach deine Daten ob du das willst oder nicht.

  • die idee ist ja super, endlich mal eine praktische anwendung für die technik. aber wenn derjenige vor mir steht, warum rede ich dann icht einfach mit ihm??

  • @6: Ja, das meine ich ernst. In dem Video sieht man es doch ganz deutlich. Um von dem Ding erkannt zu werden, muss man sich erst mal selbst fotografieren und seine Daten eingeben. Von automatischer Datensammlung und Zuordnung ist da keine Rede. Das sowas möglich wäre steht auf einem ganz anderen Blatt. Und da stimme ich dir zu, dass das ohne Zustimmung auch nicht erlaubt wäre.

  • Ich stimme zu. Die App ist phantastisch – technisch.

    Jedoch, wenn die Person erste einmal identifiziert und gespeichert ist, folgt der nächste Schritt: Die Verknüpfung des Namens mit allen anderen gespeicherten Stellen im Netz.

    Es ist an der Zeit solche Anwendungen gleich zu beginn auf den Datenschutzprüfstand zu legen, um späteres Unheil, Heulen und Zähneklappern zu verhindern.

    Ist das nicht unsere Verantwortung? – Do it now!
    keshoo.com

  • Dank Marek für den Hinweis. Der Link funktioniert jetzt ohne Passwort.

    Scheinbar lässt sich bei einer Map, die bei Xing als Profilmap via App eingebungen wird, das Passwort nicht entfernen. Nicht sehr praktisch.

  • @Nico: Es kann aber nur eine Frage der Zeit sein, bis ein User selbst „Gesichter“ hinzufügen kann. Das ist ja so als würde ich eine Erlaubnis brauchen um in meinem iPhoto Gesichter taggen zu dürfen. Dass die so (auf meinem Computer oder in dieser App) getaggten Gesichter ihren Weg ins Netz finden ist dann wohl praktisch gesehen unvermeidbar, oder? (Das meint auch Otmar, oder?)

    Aber die Frage, ob dies zu einem Rechtsverstoß (Recht am eigenen Bild) durch den Hersteller der App führt ist wohl wirklich fraglich. Vielleicht liegt die Lösung in einer Kette von starken LEDs im Kragen unserer Kleidung, welcher die Sensoren von Digicams etc. blendet solange sie aktiviert sind…. (Himmel, heute bin ich wieder kreativ 😉

    …what can be done, will be done… & people just ain’t no good…

    Best!

  • Da sind wir uns einig. Das System braucht einen ausgefeilten Schutz gegen Missbrauch. Vorstellbar wäre, dass ich die Benutzung beispielsweise über einen der verknüpften Dienste erst bestätigen muss bevor mein Profil öffentlich zugänglich wird.

  • ja klar, wenn ein Gesicht einmal in einem Computer oder Smartphone erfasst ist, lässt es sich nicht vermeiden, dass ein getaggtes Gesicht im Netz auftaucht und alle Verknüpfungen dazu offen liegen.

    Da man schon an einem „offenen Social Network“ arbeitet, bei dem man mühelos Daten von einem ins andere Netzwerk rein und rausschiebt, kannst du dir gut vorstellen, dass deine privaten Daten kaum mehr schützbar sind, wenn wir an bestehenden Datenschutzkonzepten festhalten.

  • Dann noch eine Online-datenbank von (vorgeblichen) Rechtsbrechern und Denunziation wird so einfach wie nie.
    Oder wie praktisch für rechte Schläger? Sie brauchen nur ihr Handy hochhalten und wissen schon, wem sie die Fr… polieren können.

    Na, da gibt es aber eine Menge neuer Möglichkeiten …

  • […] In Zeiten von Web 2.0 ist nichts mehr unter Verschluss. Bald schon soll es möglich sein, ein Bild von einer Person in der Öffentlichkeit zu schießen und dieses Bild im Netz zu suchen. Bevor der erste Anmachspruch abgefeuert wird, kann man also […]