„Ziel der neuen Kampagne ist es, die Mitglieder in den Mittelpunkt zu stellen – vorm PC, bei ihrem individuellen XING-Moment: der Traumjob, der passende Experte fürs Projekt – oder mehr Kontakte als der eigene Sohn.“ – so hatte es Xing formuliert. Die neue Werbe-Offensive mit dem Titel „Es hat Xing gemacht!“ entbehrt nicht eines gewissen Charmes, immerhin wird dort vorgestellt, wer eigentlich noch so auf dem Kontaktnetzwerk sein Unwesen treibt – und wie er dorthin kam. Da ist Timo H., der Marketing Manager, der „30 Expertenantworten in einer Stunde bekam“. Oder Florian S., der einen passenden Fachmann für sein Projekt auf der Plattform fand.
Um den Xing-Gedanken im Netz zu versprühen, sollte eine Banner-Kampagne anrollen, ebenso wurde eine Microsite online geschaltet, auf der weitere Testimonials gesucht werden, die ihren „persönlichen XING-Moment mit einem Foto hochladen“ und mit etwas Glück vielleicht sogar Gewinne einkassieren können.
Schön und gut, nur leider alles ein Fake, teilte heute der Spießer von Off the Records mit: „Denn Xing tritt hier mit einer ungeheuerlichen Chuzpe vor das breite Publikum: Die zufriedenen Damen und Herren in der Xing-Werbung sind nämlich allesamt angestellte Mitarbeiter des sozialen Netzwerkes!“ Darunter finden wir kontrastierende Screenshots. Und tatsächlich ist es so, dass selbst ich – der bereits unter so was wie Prosopagnosie leidet, auf den ersten Blick erkennt, dass die unabhängigen, persönlichen Momente offenbar allesamt aus dem Hause Xing AG selbst stammen.
Neue Stellenangebote
Content- & Social Media Manager:in (m/w/d) fischerAppelt in Hamburg |
||
Content Creator Social Media (m/w/d) Erlebnisbauernhof Gertrudenhof GmbH in Hürth |
||
Studentisches Praktikum – Video- & Social-Media-Marketing im Bankwesen (m/w/d) Taunus Sparkasse in Bad Homburg vor der Höhe |
Es ist wirklich ein ein denkwürdiges Zeichen, im Zeitalter des Web 2.0 so etwas wie Offenheit und Transparenz vorzugaukeln, den Community-Gedanken zu missachten und stattdessen eine kontrollierte Kampagne zu fahren, in der ausschließlich auf Linie getrimmte Jubelperser die Gelegenheit zur Kritik bekommen. Was die Sache umso trauriger macht ist die Tatsache, dass Xing es eigentlich gar nicht nötig hat, sich auf derlei fingierte Bewertungen zu verlassen. Schaut man bei Ciao oder Dooyoo vorbei, fragt man Bekannte, Arbeitskollegen oder spielt man selbst einmal ein, zwei Stunden auf der Plattform herum, kann man nicht umhin zu sagen: „Joah. Das Ding ist wirklich praktisch.“
Um zu erfahren, was Xing und die ausführende Agentur Deepblue Networks sich dabei gedacht haben, habe ich am Morgen in Hamburg angeklopft und um ein Statement gebeten. Chief Marketing Officer Ralf Ahamer war so nett, uns ein paar Antworten zu liefern. Mittlerweile hat er auch einen Blog-Post zum Thema verfasst.
Hallo, Herr Ahamer! Wusste Xing, dass Deepblue Networks auf eine hauseigene Lösung bei der Empfehlungswerbung setzt?
Wir haben die Kampagne gemeinsam mit Deepblue entwickelt. Mitarbeiter in der ersten Kampagnenphase einzusetzen, war unsere Entscheidung.
Gab es vorher schon vergleichbare Aktionen, bei denen die eigenen Mitarbeiter als Testimonials auftraten?
Für XING war es die erste Kampagne, bei der Mitarbeiter auftraten. Es gibt natürlich zahlreiche andere Beispiele von Unternehmen, die Mitarbeiter als Testimonials einsetzen.
Viele Außenstehende sehen die Kampagne als verwerflich an, es sei „an Modellhonoraren genauso wie an Hirn“ gespart worden. Sehen Sie das genauso?
Wir haben überwiegend positives Feedback erhalten, Mitglieder haben uns angeschrieben, uns zur Kampagne gratuliert und sich als Testimonial angeboten. Gleichzeitig gibt es die von Ihnen angesprochene Diskussion um die Frage: Warum werden dort Mitarbeiter mit ihrem XING-Moment gezeigt? Vielleicht hätten wir im Vorfeld noch deutlicher kommunizieren können, wie die Kampagne aufgebaut ist.
Was uns wichtig war: Wir wollten keine gecasteten Models zeigen. Als wir im Vorfeld recherchiert und unsere Mitarbeiter zu ihrem XING-Moment befragt haben, haben wir gesehen, wie sehr sie sich mit XING identifizieren und wie gut sie in die Kampagne passen. Die Entscheidung, sie in der ersten Phase als Testimonials zu nutzen, war eine ganz bewusste: Unsere Mitarbeiter sind hervorragende Botschafter für XING, an ihrem Beispiel wollten wir anderen Mitgliedern zeigen, wie die Kampagne funktioniert und sie dann kurzfristig mit weiteren Testimonials ausbauen. Jeder kann einen XING-Moment haben – vom Neukunden bis zum XING Mitarbeiter. Letztere werden jetzt, in der nächsten Phase der Kampagne, abgelöst von „externen“ Mitgliedern.
Wird Xing Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen?
Wir werden in Zukunft sicher noch genauer im Vorfeld kommunizieren, was wir planen und warum wir eine Kampagne wie aufbauen. Was die Kampagne betrifft, führen wir diese gerade wie gesagt in die zweite Phase: Seit Freitag sind auf der Microsite die ersten fünf „externen“ Mitglieder-Testimonials zu sehen. Und ab März können Mitglieder noch einfacher Teil der Kampagne werden, indem Sie direkt auf unserer Microsite ihren XING-Moment hochladen.
(André Vatter)