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Googles Millionen-Spende an Wikipedia: Bestechung oder gute Absicht?

Da dürften sich die Verantwortlichen bei der Wikimedia Foundation aber gefreut haben: Um den ewig klammen Betreibern der Online-Enzyklopädie Wikipedia helfend unter die Arme zu greifen, hat Google nämlich in seine Portokasse gegriffen und zwei Millionen Dollar rausgeholt. Das hat Jimmy Wales per Tweet verkündet und auch eine Stellungnahme für heute angekündigt. 

Bis dahin bleibt genügend Zeit und Raum, um über Googles Motivation für die Spende zu spekulieren. Sollte es eine andere als Großzügigkeit sein, wird sie vermutlich ohnehin nicht in der Presseerklärung auftauchen. Natürlich besteht diese Möglichkeit, immerhin hat das Unternehmen aus Mountain View sich bereits in der Vergangenheit oft sehr generös gezeigt, etwa bei der humanitären Hilfe für Haiti, dem Gratis-WLAN auf US-Flüghäfen zu Weihnachten oder der Geld-Spende für die Stadt The Dallas. Zumindest in den beiden letzten Beispielen wäre aber Schelm, wer Google nicht nur Uneigennützigkeit unterstellen würde. Ich bin aber gern ein Schelm…

Kooperation beim Bewegtbild?

Vor einigen Tagen habe ich darüber geschrieben, dass Wikipedia mittelfristig gerne seine Server für mehr Video-Beiträge aufrüsten würde. Möchte Google dieses Unterfangen möglicherweise vorantreiben, um dann auf der Online-Enzyklopädie viele Bewegtbild-Beiträge von der hauseigenen Video-Plattform YouTube wiederzufinden? Gegebenenfalls auf diese Weise sogar Traffic von Wikipedia auf YouTube umleiten? Woher sollten die Videos auf Wikipedia sonst stammen, wenn nicht von YouTube-Usern? Aus Fernseharchiven, von anderen Plattformen, selbst gedreht? Gegen diese Vorstellung spricht aber vor allem ein Grund: das Urheberrecht. Wikipedia wird keine Videos akzeptieren, bei denen das Urheberrecht nicht eindeutig geklärt ist. Damit fällt schon eine ganze Menge an YouTube-Material durchs Raster. Zudem könnte der Umstand, dass Wikipedia das hochgeladene Bild- und Film-Material bisher immer selbst verwaltet hat, gegen diese Idee sprechen.

Geld für ein besseres Image

Ein anderer Grund könnte Image-Politur sein. Zugegebenermaßen hat das Unternehmen durch den Rückzug aus China positives Feedback erhalten. Aber dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Google in letzter Zeit häufig negativer Kritik ausgesetzt war und immernoch ist – jüngstes Beispiel sind Datenschutzbeanstandungen an Googles „Buzz“, ältere Beispiele sind Google „Books“ oder „Street View„. Wie Turi2 gerade berichtet, möchte der Suchriese sich bezüglich seines Straßendienstes offenbar endlich mit der Politik einigen und wird daher den Dienst am 23. Februar in Berlin auf einer Infoveranstaltung vorstellen. Durchaus denkbar, dass dies zusammen mit dem allerersten Fernseh-Werbespot des Unternehmens und der Spende an die Wikimedia Foundation Teil einer Kampagne ist, mit der sich Google der Öffentlichkeit von seiner Schokoladenseite präsentieren möchte.

Bye-bye Knol?

Denkbar ist auch, dass Google seinen eigenen „Wikipedia-Killer“ Knol bald einmottet und daher nun Jimmy Wales‘ Plattform als Zentrum des Wissens im Internet umschmeichelt. Und warum? Beispielsweise, weil die Online-Enzyklopädie ein guter Content-Lieferant ist. Immerhin stehen bei vielen Suchanfragen die Erklärungen der Wikipedia als Ergebnisse an erster Stelle – und reichen vielen Usern aus, so dass die Wikipedia-Seite gar nicht mehr aufgerufen wird. Und bevor jemand anfängt, darüber zu meckern, wie etwa bei den News-Machern, erstickt Google mit zwei Millionen grünen Scheinchen jeden Gedanken an einen solchen Aufstand im Keim.

Oder sind am Ende Eric Schmidt, Sergei Brin und Larry Page doch nur Gutmenschen. Ich bezweifle es – und ihr?

(Marek Hoffmann)

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Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

28 Kommentare

  • Ist es nicht relativ gleichgültig, warum Geld gegeben wird, so lang dadurch kein Einfluss auf die Wikipedia ausgeübt wird? Also: freuen wir uns, dass Wiki nun für ein paar Tage seine Serverrechnungen bezahlen kann:)

  • @Henning: „so lang dadurch kein Einfluss auf die Wikipedia ausgeübt wird?“ – Wenn man das nur so genau wüßte… 😉

  • Warte mit höchste Spannung auf die offizielle Stellungnahme. Habe wie jeder andere Wikipedia-Nutzer natürlich Angst, dass Wikipedia seine Seele verkaufen könnte.

  • Also ich finde es einfach eine schöne Geste – klar gut für das Image, aber wer weiß, vielleicht sind gar nicht alle Menschen böse? Ich zumindest bin ein klein wenig Optimist.

    Letztendlich tun 2 Mio Google doch sowieso nicht weh(?) [ironie] Notfalls verkaufen die halt noch ein Paar Userdaten an die NSA. [/ironie]

  • Schlechte Praktiken können das Geschäft stören! (und so wie Google läuft ist jede Störung schlecht)
    Zugegeben, Gewohnheit ist mächtig, aber es ist problemlos möglich ohne Google zu Leben und grosse Investitionen welche mich abschrecken nicht mehr mit Google zusammenzuarbeiten habe ich auch nicht und ich denke ohne seine Nutzer hat Google auch keine Macht mehr… Also müssen sie Ehrlich sein!
    Das wichtigste Kapital von Google ist unser Vertrauen und das Wissen sie! Ohne Vertrauen keine Benutzer, ohne Benutzer keine Werbeeinnahmen, ohne Werbeeinnahmen keine Geschäftsmodell…

  • vielleicht will ja google ein bisschen werbung auf wiki schalten. das wäre sicherlich eine frechheit, da ja wiki werbefrei ist soweit ich weiß. niemand verschenk geld ohne irgendwelche pläne. wie finanziert sich wiki eigentlich? irgendwie muss ja geld in die kassen kommen

  • @ Tim: Danke für die Information. Allerdings sagt ein „unrestricted grant“ meines Wissens nichts darüber aus, warum ein Spende getätigt wurde, sondern nur, wie mit ihr verfahren werden darf. 😉

  • Ich finde es eine nette Geste. Soll doch Steve Jobs auch mal in die Tasche greifen [roflrofl]
    Allein das ich ihm das niemals zutraue macht mir Google schon sympatischer als Apple (auch wenn man die nicht direkt vergleichen kann)

    -> Eine wirklich nette Sache, so hilft Google jedem Menschen auf der Welt ein ganz kleines Bisschen

  • Solange Google knol nicht aufgibt um Wikipedia zu kaufen … 😉

    Ernsthaft, vielleicht steckt dahinter ja eine groß angelegte Imagekampagne. Gestern die Kehrtwende in China, heute das Engagement für Wikipedia.

  • Denke auch, dass es sich bei dieser Aktion primär um Reputations-Management von Google und nicht um den Auf-/Ausbau irgendwelcher Einflusshemisphären gegenüber Wikipedia geht (was wohl genau das Gegenteil bewirken würde…). Man muss nicht bei jedem Schritt den Google macht, irgendwelche Verschwörungstheorien hineindichten 😉

  • Google und Wikipedia waren doch immer schon sehr nah beeinander. Knol wurde auch nie als Konkurrenzprojekt für Wikipedia angelegt. Schon eher, um kleineren Wissensplattformen wie Squidoo den Kampf anzusagen – aber selbst dort ist Knol kein ernsthaftr Konkurrent. Knol bindet User an Goolge und ist ein sehr gutes Labor, ein groß angelegter Feldversuch, um herauszuarbeiten, wie sich guter von schlechter Content ermitteln lässt, was für Google lebenswichtig ist.

    Nachdem Jimmy Wales den Versuch einer eigenständigen Suchmaschine aufgegeben hatte, verkündete er, dass Facebook und Microsoft böse, Google aber eher zu den Guten gehört. Es gibt einige Projekte wie Google Translations, die speziell zur Wikipedia-Nutzung geschrieben wurden.

    Vor allem aber eint Google und Wikimedia, dass AutorInnen kein Geld für ihre Wissensarbeit verlangen sollten.

  • Google will ganz klar die server von wikimedia hosten. Das war ja bei der letzten finanziellen krise von wikimedia schonmal im gespräch. Damit hätte google direkten zugang zu den user daten, die für die google nutzerprofile ja recht wertvoll sind.

  • @timo: Bitte hör doch mit solchen unsinnigen Vorwürfen auf, wenn du dich erkennbar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hast, danke.

    Und nein – eine Zusammenarbeit mit YouTube ist im Rahmen der laufenden Videoprojekte auch nicht geplant.

  • @tim: ich bin der festen Überzeugung, dass Google das über kurz oder lang will.

    Es ist aus meinern Sicht extren naiv so etwas vorhersehbares zu leugnen. Das wird nicht in einem Schritt gehen, aber das wird meines Erachtens das Ziel sein.

    Und nochmal: Google ist ein Wirtschaftsunternehmen, die machen nichts derartiges nur weil sie nett sind. Was jetzt kein Vorwurf an Google sein soll, das wird nur gerne vergessen.

  • @Oliver: Worauf beziehst du dich genau? Videos? Hosting?
    Für beides gilt: Es funktioniert nicht ohne die WMF und es funktioniert nicht ohne die Community. Und nein, es gab in der Vergangenheit nie ernsthafte Gespräche das Hosting durch Google zu unterstützen, auch wenn sich dieses Gerücht hartnäckig hält.

    Im Gegenteil: Yahoo! hatte uns eine komplette Serverfarm kostenlos und ohne Auflagen zur Verfügung gestellt, die uns lange gute Dienste dabei geleistet hat, den asiatischen Sektor abzudecken.

  • Was wären die Serps ohne wiki. Man hätte nie Gewissheit ob Informtionen stimmen. Das tut der Suchmaschine insgesamt gut. Und 2 Mio sind für google ein Trinkgeld. Ich geb auch immer ein Trinkgeld. Es gibt auch Männer die Ihrer Frau neue Schuhe kaufen.