Vielleicht erinnern sich noch einige von euch an eBay: Das war mal ein großes Online-Auktionshaus – das größte der Welt, das Ende der Neunziger und in den ersten paar Jahren des neuen Jahrhunderts noch irre populär war. Heute ist es eher ein Tummelplatz für IT-Archäologen, die ihre Doktorarbeit zum Thema „E-Commerce in der frühen Internet-Neuzeit“ schreiben wollen. Wie auch immer…
…eBay macht wieder von sich Reden. Nachdem im vergangenen Jahr die Auktionsbedingungen umgekrempelt wurden, rudert der Marktplatz nun zurück: Im Juni 2009 hatte eBay die umstrittene Regel durchgesetzt, dass Verkäufer für Produkte unter anderem in den Kategorien Technikzubehör, Mode-Accessoires und Medien keinen Zuschlag für das Porto mehr erheben dürfen. Das brachte einige Händler verständlicherweise auf die Palme: um sich teure Auktionsgebühren zu sparen, starteten sie sonst ihre Versteigerung bei 1 Euro. Das neue Gesetz machte dem einen Strich durch die Rechnung und eBay kassierte munter mit.
„Wir haben unseren Mitgliedern sehr genau zugehört“, sagte eine Sprechering nun gegenüber dem „Focus“. „Die Käufer fanden den Gratisversand toll, aber viele Verkäufer fühlten sich dadurch sehr belastet.“ Ja, das soll wohl sein. Ab dem 8. Februar wird der kostenlose Versand also gekippt, im Gegenzug hat das Auktionshaus Höchstgrenzen für das Porto definiert: für Briefe dürfen maximal 2,50 Euro, für Warensendungen 2,00 Euro und für Päckchen 7,00 Euro berechnet werden.
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Doch damit nicht genug. Mitten im Reformrausch gefangen, hat sich eBay auch für die Durchsetzung einer Reihe weiterer Regeln entschieden. So werden ab April die Mindeststandards für Verkäufer angehoben, um ein „durchgehend hohes Service-Niveau auf dem gesamten Marktplatz“ zu sichern. Dann dürfen Verkäufer lediglich 1,2 Prozent unterdurchschnittliche Bewertungen vorweisen, was die Akkuratesse der Artikelbeschreibung angeht. Ebenfalls kritisch wird es, wenn schlechte Bewertungen in den Bereichen „Kommunikation“, „Bearbeitungszeit“ und „Verpackungs- und Versandkosten“ die Marke von 2,4 Prozent überschreiten. Alles klar? Im Gegenzug will eBay einige Verkäufer nun noch schneller zum Powerseller befördern, indem das Handelsvolumen gesenkt wird, das dafür nötig ist: ab April reicht es aus, 100 anstatt 300 Transaktionen im Monat vorzuweisen.
Und wo man schon dabei ist, werden künftig auch alle Neu-Verkäufer dazu verdonnert, sich ein Paypal-Konto anzuschaffen. Jeder, der weniger als 50 Bewertungen vorzuweisen hat und eine Versteigerung starten möchte, muss später über das eBay-Bezahlsystem abrechnen.
Wisst ihr, es gab einmal eine Zeit, da war eBay wirklich toll. Und das nicht nur, weil es ein Ort der Schnäppchen sein konnte, nein – es hatte darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil gemessen an dem Angebot der Wettbewerber wie Amazon und Co.: es hat Spaß gemacht, dort einzukaufen! Doch wenn ich mir heute das Regelsystem, die Gebote und Verbote, die Sanktionsandrohungen, all die Sternchen und Prozentbewertungen im Promillebereich ansehe… ich blicke da nicht mehr durch. Unbestreitbar ist auf der Plattform in der Vergangenheit immer wieder etwas schief gelaufen. Es gab Verkäufer mit böswilligen Absichten, Spaßbieter, illegale Produkte. Ob nun ein völlig unüberschaubarer Paragrafenkatalog die Ordnung wiederherstellen kann, ist die eine Frage. Die andere ist: Wer kauft – oder verkauft – unter diesen Bedingungen überhaupt noch bei eBay?
(André Vatter)