Als wir Mitte des Monats Seppukoo vorstellten, wunderten sich bereits einige Leser darüber, dass die Website des italienischen Web 2.0-Kunstprojekts auf Facebook nicht verlinkbar sei: „Warnung: Diese Nachricht enthält blockierte Inhalte“, verriet in diesem Fall ein Hinweis. „Inhalte dieser Nachricht wurden von Facebook-Nutzern als Missbrauch gemeldet.“ Seppukoo versteht sich als rituelle Befreiungshilfe für Social Media-Junkies. Durch Eingabe der Benutzerdaten wird das Facebook-Profil deaktiviert, zudem steigen die Suizidenten in einer Hall of Fame auf – je nachdem, wie viele weitere Nutzer sie von der Sinnlosigkeit des sozialen Netzwerks überzeugten können (siehe auch: Web 2.0 Suicide Machine: Der letzte Ausweg?).
Facebook hatte diese Geschichte von Anfang an nicht gefallen – es ist anzuzweifeln, ob es wirklich Mitglieder waren, die Seppukoo verpfiffen haben, immerhin bedroht das Kunstprojekt direkt das Geschäftsmodell der Plattform. Am 11. Dezember hatten sich bereits über 20.000 Nutzer auf diese Weise verabschiedet. Doch auch, wenn das Peanuts verglichen mit den insgesamt 350 Millionen weltweit aktiven Mitgliedern sind, blieb der Betreiber nervös.
Am 16. Dezember löschte Facebook sämtliche Spuren von Seppukoo im Netzwerk – inklusive des Profils. Darüber hinaus werden seitdem die Anfragen von der Adresse seppukoo.com komplett blockiert. Etwa zeitgleich ließ Facebook dann auch seine Anwälte von der Leine. Leota L. Bates von der renommierten Kanzlei Perkins Coie forderte Seppukoo in einer Unterlassungserklärung (PDF) auf, umgehend die Attacken gegen Facebook einzustellen. Insgesamt würde durch den Dienst gegen fünf Punkte der „Erklärung der Rechte und Pflichten“ verstoßen:
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- Missbrauch von Login-Informationen von Mitgliedern
- Zugriff auf die Konten Dritter
- Unbefugtes Sammeln von Nutzerinformationen
- Das unerlaubte Senden von Werbung
- Der Missbrauch des geistigen Eigentums von Facebook
Die Anwältin räumte Seppukoo eine Frist von gerade einmal sechs Tagen ein, um auf die Unterlassungserklärung zu reagieren. Andernfalls werde man „welche auch immer geeigneten Maßnahmen treffen“, die nötig seien, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Die Künstlergruppe aber zeigte sich unbeeindruckt und veröffentlichte noch am selben Tag ein Do-it-Yourself-Tutorialvideo auf YouTube, in dem erklärt wird, wie man schnellstmöglich den Stecker auf Facebook ziehen kann:
In einer Antwort an Facebook, die einen Tag nach Fristablauf abgeschickt wurde, beteuert wiederum der Anwalt der Gruppe, dass zu keinem Zeitpunkt verbotene Daten gesammelt wurden und verbittet sich den Phishing-Vorwurf. Die Nutzer hätten ihre Login-Informationen aus freien Stücken mitgeteilt: damit hätte Seppukoo völlig legalen Zugriff auf die Mitgliederkonten, ihre „Ideen und Fotografien“. Facebook habe hier keinen Anspruch, da die Daten Eigentum der Nutzer seien.
Anbetracht dieser Überlegungen tut es mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass mein Klient weder die Website www.seppukoo.com löschen wird, noch irgendwelche dazugehörigen Daten, wie Facebook es verlangt.
Damit ist Facebook nun erst einmal wieder am Zug. Die Geschichte könnte noch spannend werden, da sich Seppukoo da in eine Sache verbissen hat, die sie so schnell nicht mehr loslassen werden. Mittlerweile wurde der Kampf auch ausgeweitet: Nun geht es nicht mehr um das Verplempern von Zeit und Lebensenergie in virtuellen Welten – sondern um „Zensur und totalitäre Datenkontrolle“.
(André Vatter)