Es dürfte allgemein bekannt sein, dass Freelance-Designer (wie alle freiberuflich arbeitenden Kreativen) einen harten Stand haben: Sie werden angeheuert, wenn sie gebraucht werden, und gefeuert, wenn das Projekt vorüber ist. Dann beginnt erneut die Jagd auf den nächsten Job und so geht es weiter und weiter, bis genug Kohle zusammengekommen ist, um endlich einmal Urlaub machen zu können. Etwa ein verlängertes Wochenende im herbstlichen Bad Kreuznach. Auf dem Camping-Platz.
Ich habe selbst jahrelang als freiberuflicher Werbetexter und Übersetzer gearbeitet und kann da einige Geschichten erzählen: Als das World Trade Center einstürzte, bekam ich einen Anruf, dass mich die schlimmen Bilder nicht ablenken sollten, ja, es sei furchtbar, aber die Präsentation für morgen müsse pünktlich fertig werden. Ich glaube, es ging um zahnmedizinische Fortbildungsveranstaltungen in Südost-Asien. Tage später schickte ich meine Rechnung ab und erhielt erneut einen Anruf vom Auftraggeber: „Ah… sehr gute Arbeit und so… ah…, aber…“ Er wisse ja auch, dass er den Kostenvoranschlag abgesegnet hätte, doch jetzt sei etwas dazwischen gekommen: die Krise, die Trennung von seiner Frau, die Sprit-Preise. „Meinste, wir können da was am Preis drehen?“ Freiberufler lernen schnell, dass sie nicht nur ihren Aufträgen, sondern vor allem auch dem Honorar hinterher jagen müssen.
Deshalb kann ich auch David Thorne gut verstehen. Der Designer bekam eine Mail-Anfrage seines Geschäftspartners Simon. Dieser bat David darum, ihm ein Logo zu entwerfen, denn er arbeite gerade an einem neuen P2P-Projekt und bräuchte dringend ein Signet, außerdem noch einige Kuchendiagramme (die sind ja immer ein wenig tricky). Geld gebe es nicht, zumindest nicht, ehe der „Deal“ mit seinen eigenen Kunden besiegelt sei. David antwortete folgendermaßen:
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Lieber Simon,
davon abgesehen, dass du mich bis heute nicht für meine Arbeit bezahlt hast, die ich bereits früher in diesem Jahr abgegeben habe und abgesehen von all den leeren Versprechen, dass du es nachholen würdest, wäre ich natürlich erfreut, meine Freizeit zu opfern, Logos und Kuchendiagramme zu entwerfen – vor dem Hintergrund einer wagen Zusicherung, irgendwann einmal vielleicht dafür bezahlt zu werden. Anbei findest du, wie gewünscht, ein Kuchendiagramm. Lass mich bitte wissen, wenn du irgendwelche Änderungen daran benötigst.
Grüße, David
Simons Antwort ließ nicht lange auf sich warten:
Soll das ein verf*ckter Witz sein? Ich habe dir gesagt, dass die vorherigen Projekte nicht durchkamen. Ich habe viel mehr Zeit und Energie als du in diese Projekte investiert. Wenn du genauso viel Energie in die Projekte stecken würdest, wie du sie beim Arschl*ch-Sein verballerst, wärst du wesentlich erfolgreicher.
Dann war David wieder an der Reihe:
Lieber Simon,
du hast Recht und es tut mir leid. Dein vergangenes Projekt war sowohl kommerziell nutzbar als auch völlig neu. Leider war der Teil, der kommerziell nutzbar war, nicht neu und das, was neu war, nicht kommerziell nutzbar. […] Davon abgesehen habe ich, wie gewünscht, ein Logo angehängt, das nicht nur dein aktuelles P2P-Netzwerkprojekt repräsentieren soll, sondern auch die Art, wie die Zusammenarbeit mit dir allgemein ausfällt.
Grüße, David
Das erwähnte Logo findet ihr oben rechts als Teaser-Bild. Natürlich ließ es sich Simon nicht nehmen, aufs Heftigste zu protestieren:
Du bist wirklich ein selten dämlicher Idiot und ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Das Projekt, an dem ich gerade arbeite, wird in einem Jahr erfolgreicher als Twitter sein! Wenn ich es dann für 40 Millionen Dollar verkaufe, werde ich alle E-Mails von dir ignorieren, in denen du darum bettelst, einen Teil abzubekommen und ich werde dir eine Postkarte von meiner Yacht aus schicken. Ciao.
Ohne Kommentar schoss David erneut ein Diagramm als Antwort zurück:
Und so geht es munter weiter. Der Briefwechsel trug sich vor wenigen Tagen zu, wenn ihr wissen wollt, wie es ausging, schaut direkt bei David vorbei.
Warum ich das hier überhaupt erwähne? Liebe Freelancer, lasst euch nicht alles gefallen. Krankenkasse, Rücklagen, Rente, Urlaub – Freiberufler tragen bereits große Risiken und wenn der Kunde dann das Blaue vom Himmel herunter verspricht… lasst die Finger von „erfolgsabhängiger Bezahlung“. Schließt ordentliche Projektverträge ab und vertraut nicht dem Gerede vom „nächsten großen Ding!“. Hin und wieder dem Auftraggeber zeigen, dass man lebt, Ansprüche hat und sich nicht für dumm verkaufen lässt – das tut schon gut.
(André Vatter)