Und weiter geht es heute mit unserer kleinen, unregelmäßigen Grundlagenreihe: „Wieso sind die Dinge eigentlich so, wie sie heute sind?“ In den vergangenen Stunden hatten wir euch gezeigt, weshalb eine SMS aus maximal 160 Zeichen besteht und woher der unnütze Doppel-Slash in den Internet-Adressen kommt. Heute schlagen wir ein neues Kapitel auf und widmen uns dem Ursprung der gemeinen E-Mail.
Es gilt heute als unumstritten, dass der Amerikaner Ray Tomlinson (siehe Bild) derjenige war, der die Mail zur Welt brachte. 1971 war er als Entwickler bei Bolt Beranek and Newman (BBN) angestellt und damit beauftragt, den Dateiversand auf dem (heute) uralten TENEX-System zu optimieren. Es gab bereits ein Programm mit dem Namen SNDMSG, das kleine Nachrichten über das ARPANET, dem Vorläufer des Internet, verschicken konnte. Das funktionierte allerdings nur für unterschiedliche Nutzer, die an demselben Rechner arbeiteten. Außerdem war die „Mail“ eine einfache Datei, in die zwar Text eingefügt werden, das Bestehende aber weder verändert noch eingesehen werden konnte. Es bedurfte also eines weiteren Tricks. Tomlinson schnappte sich das ebenfalls frisch etablierte Protokoll CPYNET, das für den klassischen Transport schreibgeschützter Dateien benutzt wurde, und modifizierte das Mail-Verfahren so, dass SNDMSG den Sprung zu weiteren Rechner schaffte.
Dabei wurde auch das berühmte @-Zeichen geboren. Der Entwickler benötigte ein Zeichen, das er zwischen den Namen des Benutzers und des Hostnamen des Rechners stellen konnte. Tomlinson entschied sich für das „At“-Zeichen („Die einzige Präposition auf dem Keyboard“), da es damals nur selten benutzt wurde und Irritationen dadurch vermieden werden sollten.
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In einem kürzlich veröffentlichten Interview sagte der Programmierer, dass die ursprüngliche Motivation daher kam, dass niemand seiner Kollegen den Telefonhörer abnahm. Die erste E-Mail verschickte Tomlinson zwischen zwei Rechnern, die in Armeslänge voneinander entfernt standen. An den genauen Inhalt kann er sich heute nicht mehr erinnern, er vermutet, dass es lose Zeichenfolgen waren: „Die erste Mail war völlig vergesslich“, sagt er. „Und daher wurde sie auch vergessen.“
Schade eigentlich. In Deutschland mussten wir uns übrigens noch Jahre gedulden, genauer gesagt bis zum 2. August 1984. Werner Zorn (zorn@germany) hatte dabei mitgeholfen, Deutschland an das Internet anzuschließen. Die Mail kam von Laura Breeden, einer Mitarbeiterin der US-amerikanischen Plattform CSNET. Sie hat sich die Mühe gemacht, ihre kleine Botschaft direkt zu übersetzen (und hat dabei ein „l“ verschluckt):
Wilkomen in CSNET! Michael, This is your official welcome to CSNET.
Ja, so war das damals. Und dann brauchte es nur noch ein Vierteljahrhundert, bis die Mail nicht nur zur persönlichen Kommunikation, für Rechnungen und Newsletter benutzt wurde, sondern auch für die gigantische Flut an Spam-Mails. 2008 waren es 62 Billionen an der Zahl.
(André Vatter / Foto: BBN )