Bruchlandung! Anders kann man das, was sich Twitter da geleistet hat, wohl nicht kommentieren. Am Dienstag präsentiert der Microbloggingdienst seiner Userschaft ein neues Feature – Retweet -, nur um es einen Tag später wieder zu deaktivieren (siehe oben). Offenbar deswegen, weil man mit „einer erhöhten Anzahl an Störungen“ zu kämpfen hat, ohne deren Natur oder Ursache(n) näher zu bestimmen. Aber es kommt noch schlimmer: Während sich die Verantwortlichen darum bemühen, das Problem schnellsmöglich in den Griff zu bekommen, weht ihnen bereits der Wind der Ablehnung ins Gesicht. Nämlich von denjenigen Usern, denen sie das Privileg gaben, das neue Feature exklusiv zu testen – und die es ablehnen!
Mit der Retweet-Funktion sollte es dem User ermöglicht werden, die Kurznachrichten anderer Twitterer zukünftig einfach über das Webinterface per Knopfdruck im Netz weiter verbreiten zu können. Bisher geschieht dieses Zitieren entweder noch durch manuelles Kopieren der ursprünglichen Nachricht und Voranstellen eines „RT“ und des Benutzernamens oder durch die Nutzung externen Twitter-Clients. Dass Twitter so oft als besonders schnelle Quelle für Neuigkeiten angesehen wird, liegt vor allem an den Retweets: Da jeder User eine unterschiedliche Follower-Gemeinde hat, breiten sich retweetete Neuigkeiten in Windeseile aus. Von daher ist die Einführung des Retweet-Buttons also eigentlich also eine gute Idee, möchte man meinen. Vor allem deswegen, weil man mit dem Retweet-Feature nicht nur eine Vereinfachung präsentiert, sondern damit auch die Nähe zur eigenen Userschaft demonstriert. Immerhin wurde das Retweeten von diesen selbst erfunden und populär gemacht.
Doch die Gemeinde ist alles andere als begeistert. Kritisiert wird an der neuen Funktion beispielsweise , dass ein Kommentieren oder Verändern der Retweets nicht mehr möglich sei. Zudem änderten sich das bisherige Erscheinungsbild der Retweets und deren Verbreitungskanäle. So würden neuerdings automatisch auch Postings von Usern angezeigt, denen man selbst gar nicht folgt.
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Twitter steht nun vor einem klassischen Dilemma: Auf der einen Seite möchte man neue Features etablieren (zuletzt ja die Listen-Funktion), weiß aber, dass die User von Social-Media-Plattformen Neuerungen oft sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Die Höchststrafe, die ein Unternehmen in einem solchen Fall erwarten kann, ist das Fernbleiben der Nutzer. Ob es so weit kommt, wird sich erst zeigen, wenn das Retweet-Feature für alle User freigeschaltet wurde. Es wäre aber ein echtes Desaster für Twitter, da neueste Untersuchungen bereits einen Userrückgang (in den USA) auf der Plattform aufzeigen (Bild rechts). Im Vergleich zum Vormonat waren im Okotber acht Prozent weniger Besucher auf der Seite – ein Rückgang um 1,7 Millionen. Gleichzeitig möchte man aber auch neue User gewinnen, die Twitter aber oft zu kompliziert finden – nicht zuletzt wegen der Art, wie Retweets bisher verschickt bzw. angezeigt werden.
Auf der anderen Seite des Dilemmas stehen die Investoren. Bei denen führt der Flop bei der Feature-Einführung sowie die schwindenden Besucherzahlen nämlich langsam zu ersten Panikattacken. Wollte man ursprünglich Ende des Jahres endlich mit der Vermarktung der Plattform beginnen, wird man sich jetzt wahrscheinlich erst einmal um Schadensbegrenzung bemühen müssen.
(Marek Hoffmann)