Bevor ein Programm seinen Weg in den App Store findet, muss es einen Spießrutenlauf (SDK-Guidelines) durchmachen, der sich manchmal wochenlang ziehen kann. Apple durchleuchtet jede App nach Programmierung, Design und Inhalt – nicht selten bekommen Entwickler daraufhin eine Absage. Google Voice hat es beispielweise in der Vergangenheit als Anwendung getroffen. Oder die wackelnden iBoobs. Eine Comic-App hat es nicht geschafft, genauso wie Chess-Wars (die Chat-Blasen glänzten zu sehr), ein Wörterbuch, in dem naturgemäß auch unschönere Worte erwähnt werden oder ein E-Book-Programm, das in den verstecktesten Ecken auch auf „Kamasutra“ im Projekt Gutenberg zugreifen konnte. Manchmal gibt sich Apple Mühe bei der Formulierung des Ablehnungsschreibens, manchmal ertönt in Cupertino aber auch nur ein einsilbiges „Nein!“. Wie frustrierend das für Entwickler sein kann, habe ich an anderer Stelle bereits einmal nachgezeichnet.
Als ich gestern aus der Redaktion nach hause kam, stöberte ich noch ein wenig im Netz und musste unter anderem bei TheNextWeb lesen, dass es eine App – von der man es niemals vermutet hätte – tatsächlich in den Store geschafft hatte: Hitlers „Mein Kampf„. Ich überprüfte die Sache und das E-Book war tatsächlich auch im deutschen Ableger erhältlich. Für 1,59 Euro, freigegeben ab neun Jahren – aufgrund „schwach ausgeprägter Szenen mit erotischen Anspielungen“. Erfordert OS 3.1 oder höher. Spanisch-Kenntnisse wären schön.
Jetzt kann man sich wirklich nur an den Kopf packen, zumal gerade E-Books mehr als kritisch von Apple durchleuchtet werden. Noch vor einer Woche wurde O’Reillys Handbuch „iPhone: The missing Manual“ nicht zugelassen und zwar mit der hanebüchen Begründung, dass das Wort „iPhone“ im Titel vorkommt. Und dann auch noch einmal auf dem Thumbnail-Icon! Das geht nun wirklich nicht! Und gesetzlich indizierter Nazi-Schmöker geht? Mit glänzendem Hakenkreuz-Icon?
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Ich habe noch am Freitagabend eine Anfrage bei Apple Deutschland gestellt, wie diese Auswahl und dieses Vorgehen im Einklang stehen können. Wie es zu diesem Fehler kommen konnte. Eigentlich hatte ich mit Schweigen gerechnet, das irgendwann durch eine förmliche, zweizeilige Meldung im Pressebereich gebrochen wird. Doch (das muss man Apple zu Gute halten) die Antwort kam tatsächlich schon wenige Stunden später. Leider wiederum jedoch nicht die, die ich erwartet habe. Vielleicht eine sorgfältig formulierte Begründung à la:
„Vielen Dank für den Hinweis, wir werden die App umgehend entfernen. Leider hat es im Rahmen des Freigabeverfahrens einen Fehler gegeben: Das E-Book wurde inklusive seiner Signatur innerhalb kurzer Zeit zwei Mal eingereicht. Wir bedauern den Vorfall außerordentlich und werden künftig noch genauer prüfen, welche Apps im Store zugelassen werden.“
Das war es jedoch nicht, was ich von der Pressestelle als Antwort erhielt. Wir müssen uns mit einem einfachen: „Die App wird entfernt.“ begnügen. Das war tatsächich alles, was Apple dazu zu sagen hat.
Nunja, wenigstens wurde reagiert. Schön wäre es dennoch gewesen, ein wenig Einblick in die Freigabepolitik zu erhalten. iPhone-Entwickler – ob aufrichtig oder gerissen – müssen offenbar nicht nur einiges Können bei Programmierung und Design mitbringen – sondern einfach auch ein Quentchen Glück.
(André Vatter)