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GEMA-Streit mit YouTube: "Wir wissen nicht, was da die Meldung sein soll."

GEMA_LOGODer Spiegel hatte es zuerst berichtet, und viele andere sind dem Beispiel gefolgt. Sie alle haben die Neuigkeit kundgetan, dass im Streit zwischen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (aka GEMA) und dem Internet-Portal YouTube (beziehungsweise dessen Betreiber Google) um die Bezahlung von Musikvideos weiterhin keine Einigung erzielt werden konnte. Obwohl man bis Ende Oktober eine Lösung finden wollte, die schon seit dem 1. April dieses Jahres auf sich warten lässt (zu der Zeit lief der „alte“ Vertrag zwischen den beiden Parteien aus), kann man bis dato außer gegenseitigen Lobhudeleien über „konstruktive und angenehme Gespräche“ nichts Neues bieten. Was also waren die Neuigkeiten, über die Spiegel & Co. berichtet haben?

Diese Frage stellt sich auch Bettina Müller, Unternehmenssprecherin der GEMA, als ich sie am Telefon danach fragte: „Wir wissen nicht, was da die Meldung sein soll, es ist nichts Berichtenswertes passiert. Wir haben mit YouTube verhandelt und wir verhandeln weiter.“ Bei diesen Verhandlungen geht es vor allem darum, dass die GEMA von YouTube eine angemessene Vergütung für jedes aufgerufene Musikvideo verlangt, an dem ein durch die GEMA vertretener Künstler (das heißt Komponist, Textautor oder Musikverleger – allerdings für mich überraschend kein Musiker) die Rechte hält. Wie hoch die aktuellen Forderungen der GEMA in den derzeigen Verhandlungen sind, wird von den beiden Unternehmen nicht öffentlich kommuniziert. Im April stand aber ein Cent pro Stream im Raum. Dies wäre so viel, wie auch das britische GEMA-Pendant Performing Right Society (PRS) Gerüchten zufolge erhält, mit der sich das Internet-Portal erst im Septembar geeinigt hatte. Offenbar lehnen die Verantwortlichen bei YouTube die Forderung seitens der GEMA aber ab. Woran das liegt, ist schwierig zu beurteilen. 

Beide Parteien bezichtigten sich in der Vergangenheit schon des Öfteren gegenseitig, gezielt Fehinformation zu verbreiten, und auch in der Presse werden unterschiedliche Positionen bezogen. So hatte YouTube seinerzeit den mit der GEMA auslaufenden Vertrag offenbar deswegen nicht verlängern wollen, weil man behauptete, die GEMA fordere nicht einen, sondern zwölf Cent für jeden Abruf eines Musikvideos. Frau Müller ihrerseits behauptet, YouTube sei bisher nicht bereit gewesen, der Forderung der GEMA nach mehr Transparenz nachzukommen. Wenn man bei der GEMA nicht wisse, wer wann wie oft ein Musikvideo aufrufe, dann könnte man auch die betroffenen Künstler nicht dementsprechend entlohnen. Diesen Punkt abzuarbeiten sei für YouTube in den Verhandlungen mit PRS viel einfacher gewesen, „weil man in England ein anderes Urheberrechtsgesetz hat“, so Müller.

Vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet, sitzt die GEMA offenbar am längeren Hebel. „Momentan bewegt man sich bei YouTube im rechtsfreien Raum, was man dort offenbar auch weiß, sonst hätte man in der Vergangenheit nicht schon das eine oder andere Mal Videos für die User gesperrt, sowohl in England als auch in Deutschland“. Ausdrücklich weist Müller aber darauf hin, dass man YouTube nicht zu diesem Schritt gedrängt habe, weil dies ja nicht im Sinne der von der GEMA vertretenen Künstler sei. Denn früher oder später wird man sich hoffentlich einigen, „und dann besteht die Möglichkeit, die Verträge rückzudatieren“, so Müller. Dies bedeutet, dass YouTube für den Zeitraum, in dem nicht für die Videos bezahlt wurde, nachzahlt. Und dann klingelt natürlich auch die Künstler-Kasse. Auch von der Farce um das U2-Konzert auf YouTube möchte man sich entschieden distanzieren: „Das hatte mit der GEMA nichts zu tun. Hier hatte Universal sich aus leistungsschutzrechtlichen Gründen gegen eine Veröffentlichung auf YouTube gewehrt.“

Darüber hinaus dürfe sie mir unter keinen Umständen irgendwelche Informationen zu laufenden Verhandlungen mit YouTube geben, so Müller. Dies verbiete das Non-Disclosure-Agreement, auf das man bei dem amerikanischen Unternehmen sehr viel wert legt. Insofern wurde also nicht mehr bekannt gegeben, als ohnehin schon bekannt war. Stellt sich also die Frage vom Anfang: What’s the news?

(Marek Hoffmann)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

16 Kommentare

  • nur eine Klarstellung zu:
    „Bei diesen Verhandlungen geht es vor allem darum, dass die GEMA von YouTube eine angemessene Vergütung für jedes aufgerufene Musikvideo verlangt, an dem ein durch die GEMA vertretener Künstler (das heißt Komponist, Textautor oder Musikverleger – allerdings für mich überraschend kein Musiker)“

    Musiker werden von der GVL vertreten, da es sich hier nicht um Urheberrechte (Autoren, Komponisten und Verleger), sondern um Leistungsschutzrechte (Musiker und Sänger, Produzenten und Plattenfirmen) handelt.

  • @ PS: Danke für die Klarstellung! So wird auch der Kontext klarer, den Frau Müller in Bezug auf das U2-Konzert beschreibt.

  • Bei dem Telefonat zwischen Marek Hoffmann und mir sind wohl einige Infos nicht ganz richtig angekommen.
    Jedenfalls sind ab dem ersten Absatz eigentlich fast alle meine angeblichen wörtlichen Zitate ziemlich falsch. Deshalb an dieser Stelle gleich mal die richtigen Infos „aus erster Hand“, für alle, die es interessiert…

    Ja, wir verhandeln noch mit Youtube und die Gespräche verlaufen in einem konstruktiven Rahmen. Wie am Ende des Artikels richtig erwähnt, können wir aufgrund der Stillschweigevereinbarung (NDA), die wir auf Wunsch von Youtube unterzeichnet haben, keine Angaben zu Verhandlungsinhalten öffentlich machen und tun das auch nicht.

    Deshalb ist die Textpassage: „Wir fordern von YouTube einen Cent pro Stream”, […]. Dies wäre so viel, wie auch das britische GEMA-Pendant Performing Right Society (PRS) erhält, mit der sich das Internet-Portal erst im Septembar geeinigt hatte. Offenbar lehnen die Verantwortlichen bei YouTube die Forderung seitens der GEMA aber ab. Woran das liegt, ist schwierig zu beurteilen“, so komplett falsch.

    Im Gespräch ging es darum, dass die GEMA (ebenso wenig wie Youtube) etwas zu den aktuellen Verhandlungen sagt (Hinweis auf NDA), dass die englische „PRS for Musik“ laut Medienberichten ebenfalls eine Stillschweigevereinbarung mit YT abgeschlossen hat und daher nicht öffentlich ist, zu welchen Konditionen die PRS einen Vertrag abgeschlossen hat und damit eine Aussage zu den Konditionen rein spekulativ wäre.

    Im April (!) 2009 ist die Information veröffentlicht worden, das die GEMA Youtube ein Angebot von 1 Cent pro Stream gemacht hätte und das dies (im Frühjahr) die Verhandlungsgrundlage war. Seitdem haben aber natürlich weitere Verhandlungsgespräche stattgefunden.

    Auch das Zitat: „Denn früher oder später wird man sich einigen (müssen), “und dann werden die Verträge rückdatiert”, ist falsch.
    Vorausgegangen war hierzu die Frage, was es bedeutet, wenn beide Parteien verhandeln aber kein Vertrag existiert.
    In dem Zusammenhang habe ich erklärt, dass das im Rahmen der Verhandlungen besprochen werden wird und daher noch offen ist aber es generell bei Vertragsverhandlungen die Möglichkeit gibt, einen Verhandlungszeitraum durch entsprechende Vertragsklauseln mit zu berücksichtigen.

    Das die GEMA von Youtube nicht verlangt hat, dass Videos offline geschaltet werden, hat sich mittlerweile ja herumgesprochen und wird im Text auch richtig geschildert, wenn auch die o.g. Begründung so nicht stimmt.

    Die GEMA, die die Interessen der Künstler, d.h. der Musikurheber vertritt ist daran interessiert, das Musik genutzt wird und – im Interesse derer, die von Ihrer Kunst leben möchten und müssen – dass die Nutzung auch entsprechend vergütet wird.

    Für die Bezahlung sind unserer Meinung nach nicht die Youtube-User sondern die Provider, die mit dem Verkauf von Werbung entsprechend Geld verdienen, verantwortlich. Deshalb verhandeln wir mit Youtube ebenso wie mit allen anderen Providern.

  • Sehr geehrte Frau Müller,

    schön, dass Sie sich sozusagen am „Point of interest“ in das Gespräch einklinken und vor Ort den Artikel richtig stellen. Die Aussagen im Allgemeinen stimmen mich positiv, was die GEMA angeht. Die Aussage: „die GEMA hat Interesse daran, dass die Musik der vertretenen Künstler genutzt wird“, zeigt, dass die GEMA das Internet nicht per se verdammt und durchaus die Relevanz des Internet erkennt. Der Inhalt der Aussage steht somit fast im krassen Gegensatz zur einseitigen, aber dennoch in der Blogosphäre verbreiteten Meinung, dass die GEMA ein überkommenes Modell ist.
    Deshalb: richtig und gute Entscheidung sich hier einzumischen! Danke!

  • es gibt tatsächlich den begriff „nicht-meldung“ und ich finde, gerade in zusammenhang mit der gema ist es durchaus angebracht, den stillstand ab und an mal aufzuarbeiten. gerade für urheber ist es durchaus interessant, wie das thema internet in zukunft angegangen wird. und die reine aussage, man würde das internet nicht per sé verdammen, bringt mir nichts. fakt ist, dass die gema in vielen aspekten ein schwerfälliger und veralteter apparat ist. das modell an sich ist nach wie vor eine prima idee. die umsetzung ist leider für die tonne, besonders dann, wenn man als urheber nicht zu den oberen 10.000 gehört und für jeden fatz in vorleistung treten kann und will.

    dass der schreiber in diesem zusammenhang zum ersten mal hört, was die gema eigentlich tut, halte ich aber auch für recht bezeichnend. nichts für ungut, aber gerade zu diesem thema melden sich in letzter zeit viel zu viele experten (nein, ich möchte nicht behaupten, dass du dich so bezeichnest ;-)), die nicht mal im ansatz die musikwirtschaft, das urheberrecht, lizenzmodelle und die verwertungsrechte verstanden haben. andererseits spricht dies wohl auch ziemlich eindeutig gegen die praxis von gema, gvl (und in anderem zusammenhang gez), sich weitestgehend aus der öffentlichkeit herauszuhalten und die meinungsmache den pressestellen der verlage und labels zu überlassen. schön, dass bettina müller hier angenehm überrascht. weiter so, dann werd ich vielleicht auch noch mal mitglied! 🙂

  • @ Bettina Müller:

    Guten Abend Frau Müller,
    besten Dank für Ihren Kommentar – wir waren ebenso überrascht wie erfreut, dass die GEMA persönlich unser Blog besucht!
    Zu den von Ihnen herausgearbeiteten Unklarheiten würde ich morgen gerne telefonisch auf sie zurückkommen, wenn es Recht ist. Von unserer Seite ist nämlich nicht alles wirklich nachvollziehbar.

    André Vatter
    Redaktionsleitung Basic Thinking

  • Dafür, dass es nichts Neues gibt, gibt es jedoch eine Menge interessanter Neuigkeiten, vor allem in den Kommentaren. Schon beim Lesen ist mir aufgestoßen, dass die GEMA Verträge zurückdatiert, was ja nicht so ohne weiteres i.O. ist. Man kann eher einen zurückliegenden Zeitraum in einen Vertrag integrieren. Was mich angenehm überrascht, ist die „neue“ Präsenz der GEMA auf Blogs wie diesem hier. Bewegt sich das etwas in der verstaubten GEMA?

  • Deshalb war es mir ja so wichtig klarzustellen, dass wir keine Verträge zurückdatieren. Es existieren so unglaublich viele Irrtümer über die GEMA, da gibt es sehr viel zu erläutern. Allerdings ist es ja auch ein wirklich komplexes Themenfeld. Die GEMA hat 63.000 Mitglieder, über eine Million Kunden (Veranstalter, Gastronomie, Online-Provider…) und eine über hundertjährige Geschichte. Da gibt es viel zu erklären und zu erzählen.

    Im Dezember habe ich mein zweijähriges GEMA-Jubiläum und zumindest für diese letzten zwei Jahre kann ich sagen: Es bewegt sich ordendlich was in der GEMA und das gilt nicht nur für den Bereich Kommunikation & PR. Das wir noch ein gutes Stück Arbeit vor uns haben ist klar. Mit der Website, die wir bis zum Frühjahr nächsten Jahres auch Web 2.0 tauglich umbauen können wir uns dann auch viel stärker an den Social Media Diskussionen beteiligen. Allein an den Kommentaren in diesem Blog wird ja deutlich, dass wir hier noch viel mehr tun können, um zu erklären, für was die GEMA steht und was wir tun.

    Für alle, die nicht auf den Relaunch warten wollen kann ich unseren seit September 2008 monatlich erscheinenden – und laut User-Meldungen – sehr beliebten Email-Newsletter empfehlen. Über http://www.gema.de einfach anmelden (s. Newsletter in der oberen Menüleiste), die nächste Ausgabe erscheint am 13.11.09.

    Ansonsten kann ich auch allen Mitgliedern und Kunden die GEMAwissen-Veranstaltungen empfehlen, die wir seit zwei Jahren in vielen Städten veranstalten und bei denen es immer „Aha-Effekte“ bei den Teilnehmern gibt. Auch hierzu gibt’s die Infos direkt auf der GEMA-Startseite „Neue Termine GEMAwissen“. Dort haben wir auch, wie in unserem neuen Mitgliedermagazin „virtuos“, die am häufigsten gestellten Fragen verständlich und informativ zusammengefasst.

    Wir meinen das wirklich Ernst mit der klaren Kommunikation und der Transparenz.
    Einige Themen, wie Tarife und Ausschüttung, sind leider komplex aber gerade deshalb versuchen wir mit unseren neuen Printbroschüren (www.gema.de/publikationen), über die GEMAwissen-Veranstaltungen und natürlich über verschiedene Online-Tools zu erklären, was wir tun und warum wir das tun.

    Schließlich sind die Musikschaffenden diejenigen, die die Regeln, nach denen der wirtschaftlichen Verein GEMA funktioniert, festlegen und das deutsche Urheberrecht ist die rechtliche Vorgabe anhand derer sich die GEMA orientieren muss. Das es viel Erklärungsbedarf gibt, sieht man nicht nur anhand der Beiträge in diesem Forum. Ich kann aber versichern, wir arbeiten daran – mit Hochdruck und viel Engagement!

  • @Bettina Müller:

    Besten Dank für die kleine Werbepause für die GEMA. Noch interessierter wäre ich aber daran, nach fünf erfolglosen Anrufen in München einen Rückruf von Ihnen zu erhalten. Offensichtlich besteht ja dann doch kein Missverständnis, wenn Sie kein Interesse an einer Aufklärung der Sache haben.

    André Vatter

  • ICH WUSSTE GAR NICHT DAS ES DIE GEMA ÜBERHAUPT NOCH GIBT, SOLLTE DIE NICHT VERBOTEN WERDEN ?

  • Vielleicht ein bisschen Off-Topic, aber themenverwandt:

    Wieso berechnet die GEMA in Zeiten von Downloadportalen und MP3 bei Veranstaltungen noch immer einen 50%-Zuschlag wenn Musik vom Laptop gespielt wird? Das ist doch auch original gekaufte Ware – so wie eine im Laden gekaufte CD…

    In einer ersten Stellungnahme der GEMA teilte man mir mit, dass es sich bei vom Laptop gespielter Musik um Kopien handele und somit der Zuschlag gerechtfertigt sei.

    JEDER soll sein Geld verdienen, selbstverständlich auch die Künstler und ich stehe auch grundsätzlich hinter dem Konzept der Umverteilung der Lizenzeinnahmen durch die GEMA. Trotzdem ist dieser Fall für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

    Lieben Gruß
    Ein etwas durch die GEMA genervter und sich abgezockt fühlender Ex-Veranstalter

  • Jedes dritte video, was ich in deutschland bei yt aufrufe, ist gesperrt.
    yt deutschland ist uninteressant. ich und meine freunde, wir schauen jetzt videos bei dailymotion. ob wir nochmal zum unzuverlässigen google sprössling yt zurückkehren, halte ich für fraglich. yt ist out.