Als mich vorhin die Nachricht erreichte, saß ich gerade in der U-Bahn. Ich glaube, ich habe einen spitzen Schrei von mir gegeben: Der Kindle – der Kindle – kommt nach Deutschland. Man muss verstehen, dass die Chancen mehr als schlecht standen, den E-Book-Reader jemals hierzulande live sehen zu können. Amazons Traumpartner bei der UMTS-Versorgung des Geräts, T-Mobile und Vodafone, haben durch überzogene Tarifforderungen dem Plan immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und wie es aussieht, gab es bis zuletzt kein Umdenken. Amazon hat die Reißleine gezogen und sich einfach im eigenen Land umgesehen – so ist AT&T der Kooperationspartner geworden. Es ist nun die Aufgabe des US-Mobilfunkers, günstige Roaming-Konditionen mit den lokalen Anbietern auszuhandeln.
Das selbst gesteckte Ziel lautet, den Kindle in rund 100 Ländern auf den Markt zu bringen: „Unsere Vision ist es aber, irgendwann jedes Buch in jeder Sprache liefern zu können“, sagte Amazon-CEO Bezos im dpa-Interview. Der Buchhändler ist angesichts der guten Nachricht ganz aus dem Häuschen und hat vorsichtshalber die Startseiten sämtlicher Länderportale mit dicken Info-Screens versehen (amazon.de). Auf der Frankfurter Buchmesse soll zudem eine große Kindle-Sause stattfinden, die den Kickoff zum eigentlichen Marktstart liefert.
242 Euro – inklusive Porto, Zoll und Steuern
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Kunden haben ab sofort die Möglichkeit, den Kindle zu bestellen – allerdings nur über die US-Seite. Der Preis beträgt 279 Dollar, also etwa 190 Euro. Dazu kommen die Kosten für das Porto (21 Dollar) und – das lässt sich nicht vermeiden – Zollgebühren und Einfuhrsteuern (57 Dollar): Macht einen endgültigen Kaufpreis in Höhe von 356 Dollar oder eben 242 Euro. Ich habe eben eine Anfrage bei Amazon gestellt, damit wir ein wenig Klarheit über den Preis erhalten und auch um die Antwort gebeten, ob es denn in absehbarer Zeit eine deutsche Bestellseite geben wird. Sobald ich etwas habe, werde ich es in einem Update nachliefern. Für den Mobilfunkzugang wird übrigens kein zusätzlicher Vertrag fällig, der Daten-Traffic ist damit im Gerätepreis inklusive. Wer mit dem Gedanken spielt, sich den Kindle zuzulegen, sollte vorher unbedingt noch einmal auf die Terms & Conditions einen Blick werfen. Hier finden wir nämlich verstreute Hinweise darauf, dass die Gewährleistungszeit auf ein Jahr begrenzt ist – und Blogs (!) und Webbrowser in Deutschland derzeit nicht verfügbar sind.
Wacht auf, ihr deutschen Verlage!
Okay, so weit die schnellen Fakten, die wir am Morgen zusammentragen konnten. Kommen wir zu den Hintergründen: Der Kindle in Deutschland? Was bedeutet das? Nun, um eine hundertprozentige Aussage über die Entwicklung des hiesigen Verlagswesens zu treffen, muss man schon in den Künsten der Prophetie geübt sein. Unstrittig ist, dass mit dem Kindle eine neue Möglichkeit eröffnet wird, den Umsatz bei Büchern und Zeitungen anzukurbeln. Natürlich gab es hier auch schon vorher E-Book-Reader – von Sony beispielsweise. Doch während der Kindle mittlerweile schon in der dritten Generation verfügbar ist, hat bei der Konkurrenz die Rakete noch nicht gezündet.
Micropayment lautet das Zauberwort: Wenn die Kunden heute den Gang zum Kiosk verschmähen, um sich ihre Morgenzeitung abzuholen, so sind sie vielleicht eher dazu bereit, einen kleinen Betrag per Knopfdruck zu zahlen, während sie wie ich am Morgen in der Bahn zur Arbeit fahren. Innerhalb von 60 Sekunden erscheinen die Artikel quasi druckfrisch auf dem Display. Auch wenn das Produkt dasselbe ist, so wird durch ein Gerät wie den Kindle ein komfortabler Mehrwert generiert, der dem Kunden den Griff zur Portemonnaie einfach leichter macht. Man braucht am Monatsende nicht einmal mehr den Papiermüll herunterzutragen! Wie viel würdet ihr für eine ständig aktuelle und ständig verfügbare Zeitung bezahlen? Würdet ihr ein Abo abschließen?
Ich hatte gehofft, dass die Verlagshäuser sich stärker auf diese Chance freuen würden. Wenn ich allerdings lese, dass zum Marktstart die „Frankfurter Allgemein Zeitung“ der einzige deutscher Kooperationspartner sein wird, kommt schon der Gedanke auf, ob es unseren Verlagen doch noch zu gut geht. Es bleibt zu hoffen, dass Amazon auf der Buchmesse das eine oder andere fruchtbare Standgespräch wird führen können. Die Zeiten von „Zwei Normale, zwei Mehrkorn, ein Croissant und die BILD, bitte!“ gehören mittlerweile einer verklärten Vergangenheit an.
Vertriebshoheit durch das Nadelöhr Amazon gefährdet?
Sicher wird es Probleme geben. Piraterie zum Beispiel, wie die „New York Times“ schon befürchtet. Und dann geben die Verlage auch noch das Herzstück der Vertriebskontrolle aus der Hand: Amazon wird zum Nadelöhr auf dem Weg zum Kunden. Sicher ist dieses Unbehagen berechtigt, immerhin hat sich der Buchhändler in der Vergangenheit schon einige Schnitzer geleistet, außerdem verfolgt Amazon eigene Strategien zur Vermarktung von fremden Inhalten. Und dass das Unternehmen ein möglichst großes Stück vom Kuchen behalten möchte, wurde auch heute wieder deutlich: der mobile Zugriff auf die Katalog-API, der beispielsweise Smartphone-Besitzern erlaubte, von unterwegs Bücher (also – die aus Papier) zu bestellen, wird bald gesperrt. Wie man hört, hatten einige App-Entwickler zu sehr von den Partnerprogramm-Links profitiert (siehe kursive Änderung in den Teilnahmebedingungen).
Doch es hätte den Verlagen ja freigestanden, eigene Systeme zu entwickeln! Aber das E-Abo inklusive passendem Lesegerät anzubieten – dazu hat der Mut dann doch wieder nicht gereicht. Meiner Meinung nach wird über kurz oder lang kein Weg an Paid Content vorbeiführen. Und die Verlagshäuser täten gut daran, sich mit der Einführung des Kindles vorsichtig aber bestimmt auf das neue Feld vorzuwagen.
(André Vatter)
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Herr MaschinenMensch und Thomas erwähnt. Thomas sagte: RT @basicthinking: Der Kindle kommt nach Deutschland: Sind die Verlage damit gerettet? – http://bit.ly/9bct7 (ava) […]
Yes! Darauf warte ich seit 2 Jahren! Ich lese sehr viel englisch und daher musste ich nicht lange überlegen.
Mich wundert übrigens, dass überall steht, dass nur die FAZ verfügbar ist. Wer auf Amazon.com ein wenig stöbert, der findet mehr.
Ich habe so bspw. das Handelsblatt und auch die Wirtschaftswoche dort entdeckt.
Amazon wird immer mehr zum product und software Haus ! WOW ! Welch Entwicklung, grossartig !
Beim Kindle-Erscheinen hatte ich auch diesen „haben-will-effekt“.
Aber die Möglichkeit vom Buchhändler, meine Bücher lange nach dem kauf noch restlos zu löschen, macht doch sehr, sehr skeptisch.
ich stimme dir zu, das digitale buch und entsprechende vertriebskanaäle werden sich durchsetzen. apple hat mit musik und dem itunes store gezeigt dass es geht.
Grandios vielleicht nicht, aber ein guter Schritt. Wie der Vergangenheit beweist, man benötigt immer 1-2 Vorreiter.
ich frage mich aber trotzdem ob mir ein buch doch lieber wäre
Das einzig positive daran ist, dass es ein wenig Bewegung in den Markt bringt. Ansonsten ist mir völlig unklar, was alle so vom Hocker reißt am Kindle. Ein proprietäres Format, das Amazon jederzeit Zugriff auf meine Käufe gibt, ist inakzeptabel. Und es gibt nicht mal die Möglichkeit, selbst eine Sicherung der Käufe zu machen oder direkt Dateien im Standardformat auf den Kindle zu synchronisieren. Das geht dann nur wieder über irgendwelchen Konversionen, die dann vermutlich wieder nicht in Standardformate stattfindet. Es gibt noch nicht einmal einen deutschen Netzstecker. Das ist einer globalen Firma wie Amazon einfach unwürdig.
Übrigens fehlt in der Berechnung des Preises meines Erachtens noch die Einfuhrumsatzsteuer von 19%. Für die ist man nämlich immer selbst verantwortlich. Wenn es ganz blöd läuft, darf man zum Zoll fahren und muss das Teil dort abholen.
Mit diesem Schritt will Amazon doch vor allem sagen: „An uns liegt es nicht, dass es denn Kindle bei euch im Land noch nicht gibt. Eure nationalen Verlage wollen uns halt nicht!“. Jetzt hoffen sie auf einen gewissen Druck von unten, in dem sie die Hardware verfügbar machen. Ich glaube allerdings nicht, dass sich der Börsenverein des deutschen Buchhandels davon beeindrucken lässt. Was die vom Thema „E-Books“ halten – nämlich nichts – sieht man ja an ihrem unfassbar erbärmlichen E-Book-Portal Libreka.
Einen wichtigen Punkt sparen übrigens alle Berichte zum Kindle-Verkauf in Deutschland aus: Was ist mit der Kindle-iPhone-App? In den USA ist ja das iPhone der einzige Weg, all die günstigen E-Books auch ohne die Kindle-Hardware lesen zu können. Wird die iPhone-App jetzt auch im deutschen App-Store verfügbar sein?
Der Kindle hat weltweiten 3G wireless ohne extra roaming Kosten und das
inklusive im Kaufpreis ohne monatliche Grundgebühr. Das übersetze ich
mal in eine weltweite 3G Flatrate bei einmalig abgegoltenem
Pauschalpreis!
Ganz schön mutig von Amazon. Wenn da mal nicht schon die Hacker in den
Startlöchern sitzen, um das für andere Zwecke als Bücher-Download
auszunutzen: Browser installieren, anderes OS installieren oder gar die
SIM zu extrahieren.
Kaum zu glauben…
Original Ankündigung:
http://www.amazon.com/dp/B0015T963C/ref=amb_link_84994853_1?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=center-1&pf_rd_r=10T7TWXKT5Y3ZSMSHGZD&pf_rd_t=101&pf_rd_p=472909013&pf_rd_i=301128
Fragen an einen Amazon Manager:
http://www.guardian.co.uk/technology/blog/2009/oct/07/amazon-kindle-questions-poll
Lest euch mal folgende Bewertung eines U.S.-Nutzers des Kindle2 durch:
http://www.amazon.com/review/RV0R3AODMRNJZ/ref=cm_cr_rdp_perm
Ich will ja mal nicht den Teufel an die Wand malen, aber mir scheint als wäre der unschöne Vorfall mit den Orwell’schen Büchern noch relativ harmlos. Hier ein paar unkommentierte Infos aus der Bewertung:
– Zeitungen bleiben nur 6 Monate zum Download verfügbar, auch wenn man dafür bezahlt hat;
– Bücher können ohne Information des Nutzers durch neuere Versionen „ersetzt“ werden;
– Bücher, die man für die eine Version des Kindle gekauft hat, stehen für eine andere (zukünftige) evtl. nicht mehr zur Verfügung;
– Hyperlinks, z.B. auf TOC und dergleichen stehen nicht in allen Büchern zur Verfügung;
– Batterie nicht austauschbar;
– Bildschirm „verblasst“ unter Sonneneinstrahlung, sodass er immer wieder refreshed werden muss;
– Kein Speicherkartenschacht;
… um mal nur einige Einschränkungen zu nennen! Für mich klingt das ganz so, als würde da ein unausgereiftes Gerät mit schnell zusammengeschustertem Content auf den Markt geworfen werden – mit der weiteren Einschränkung, dass – aus Angst vor unerwünschter Vervielfältigung – auch noch das letzte bisschen Nutzerkomfort und vor allem Sicherheit (des bezahlten Contents) gestrichen wurde.
Just my 2 cents,
Joe
Wenn es Amazon irgendwann mal gelingen sollte, das Kaufen und Verwenden von eBooks auf dem Kindle so einfach zu machen wie das Kaufen und Hören von Musik durch Itunes auf iPod & iPhone, fängt vielleicht auch mal bei mir die Euphorie an.
Bis dahin bleibt mir diese übertriebene Begeisterung eigentlich eher ein Rätsel – für die Übertragung eigener Dokumente werden 99 Cent pro Megabyte berechnet (!!!), die Annotationsmöglichkeiten für Studenten und Wissenschaftler sind, gelinge gesagt, unter aller Sau, und die meisten eBooks sind für ein Medium, dessen Produktions- und Verteilungskosten sich der Null nähern, hoffnungslos überteuert.
Und ganz ehrlich – 242 Euro? Für wenig mehr Geld erhält man weitaus bessere Geräte von Sony oder iRex, mit besserer Formatunterstützung, mehr Funktionen und -ganz wichtig- weniger Bullshit durch die Hintertür …
Ach, noch was zu den deutschen Verlagen:
„Gerettet“ werden die von Amazon mit Sicherheit nicht, wenn sie nicht in Ergänzung ihr Geschäftsmodell anpassen oder sich weitere neue Absatzmärkte für ihre Inhalte erschließen.
Lesegeräte wie der Kindle sind eine gute Gelegenheit, einmal das eigene Verhältnis zu Büchern zu überdenken.
Die meisten von uns haben wahrscheinlich einige Bücher zu Hause, die sie wirklich lieben und die sie auch weiterhin in Papierform haben möchten. Ich glaube, das kann und soll auch weiterhin so bleiben.
Aber kennt ihr das nicht, dass viele Bücher quasi „Einmal-Bücher“ sind? Man liest sie ein einziges Mal, und danach verstauben sie im Regal und nerven beim Umzug. Für genau solche Bücher kann ich mir ein Kindle sehr gut vorstellen.
Ich finde zum Lesen gehört auch das Gefühl,dass ein schönes, gebundenes Buch vermittelt.
Dass man Lesen kann wann immer einem danach ist und nicht nach dem Netzgerät oder aufgeladenen Akkus schauen muss.
Und das Versinken in ein aufgeschlagenes Buch kann ich mir mit aufgeklapptem kaltem Kindle nur schwer feststellen.
Und finde das auch den falschen Weg.
Mich würde vor allem der Kindle DX interessieren. Der normale Kindle ist mir ein wenig zu klein, eine Zeitung lässt sich auf dem DX besser lesen. Allerdings scheint dieses Angebot nicht für den DX zu greifen, sonst würde ich mir den kaufen, zusammen mit einem Abo der FAZ, Handelsblatt, etc. Ansonsten finde ich den Kindle eine tolle Sache!
[…] außerdem nicht immer auf die zusätzlichen Kosten hin – wie André Vetter von basicthinking sehr richtig anmerkt, kommen neben den Versandkosten auch noch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer dazu, die den US-Kaufpreis […]
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[…] Amazon hat einen zweifelsohne schicken E-Book-Reader auf den Markt gebracht – jetzt sogar auch außerhalb der USA. Ich finde die Euphorie noch ein wenig verfrüht, zumal sich auch in Deutschland langsam die […]
Endlich auch in Deutschland!!! Wollte mir den Kindle gleich bestellen, aber warte nun doch erstmal ab, wie sich das mit den Downloadmöglichkeiten so gestaltet, lese nämlich auch gerne deutsche Bücher… 😉
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