Es gibt Forschungsstudien, deren Sinn und Zweck mir direkt einleuchtet. Dann gibt es welche, für die gilt das nicht. Bei Letztgenannten habe ich zudem manchmal den Eindruck, die gewonnen Ergebnisse hätte man auch schneller und einfacher erhalten können – wenn man sie denn wirklich dringend benötigte.
Am Wochenende habe ich mal wieder über so eine Typ-2-Studie gelesen, die vermutlich nur deswegen finanziell unterstützt wurde, weil man (Ironiemodus aus) versuchte, eine mögliche Beziehung zwischen Videospielen und Amokläufen von jugendlichen Gamern zu entdecken (Ironiemodus wieder ein).
David Geary und seine Mannen haben dazu folgendes Experiment gestartet: Im Mehrspielermodus Onslaught des Shoot-em-Up-Spiels „Unreal Tournament 2004“ haben sie 42 Fighter (in 14 Dreiergruppen) drauflos ballern lassen – unter Laborbedingungen, versteht sich. In dem Modus
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„Death Match“, wurde den Teilnehmern die schlichte Devise „Jeder gegen jeden“ ausgegeben. Um bereits im Vorfeld eine Beziehung zwischen den einzelnen Teammitgliedern aufzubauen, mussten die Teams im Zeitraum von einer Woche sechs Stunden trainieren. Als zusätzlichen Anreiz haben die Forscher den Gewinnerteams im Modus „Kampf um die Flagge“ 45 Dollar, den Verlierern hingegen nur 15 Dollar an Preisgeld ausgezahlt. Auch der Gewinner eines Death-Match-Wettkampfs durfte sich über 45 Dollar freuen, seine zwei Teamkollegen wurden nur mit 15 Dollar abgespeist.
All right! Nicht nur dass die Forscher die Jungs mit etwas Kohle glücklich gemacht haben, sie haben auch noch etwas sehr Erstaunliches entdeckt:
Wie die Wissenschafter herausfanden, sind die Testosteronspiegel der Mitglieder eines Gewinnerteams unmittelbar nach dem Wettkampf in die Höhe geschnellt – speziell bei jenen Spielern, die maßgeblichen Anteil am Sieg hatten. Wenn sich ein Team im Death Match allerdings untereinander bekriegen musste, haben die jeweiligen Gewinner sogar weniger Testosteron als ihre unterlegenen Teamkollegen produziert.
Na, ist das was!? Knallste den Feind ab bist du relaxter, als wenn du einen von den deinen himmelst. Da hab ich nicht schlecht gestaunt. Da ist nix mit Schopenhauer und „Erkenne dich selbst im Anderen“. Der Projektleiter formuliert es so:
„In einem ernsthaften Duell mit einer fremden Gruppe kann man alle Rivalen einfach umbringen und sich dadurch einen Vorteil verschaffen“, sagt Geary. Im Gegensatz dazu mache das „Niedermetzeln“ von Freunden oder Verwandten wenig Sinn, „da man sich sie nicht einfach zum Feind machen kann, weil man sie ja schließlich braucht“, so der Evolutionspsychologe. Wenn es gegen eine Gruppe von Fremden geht, gibt es für Gamer anscheinend wenig Gründe, sich zurückzuhalten.
Und die Erkenntnis aus der In-House-Games-Convention:
Aus den Ergebnissen der Studie ließe sich schließen, dass Mehrspieler-Games ähnlichen Mechanismen wie die Kriegsführung unterliegen, bei der ein hoher Testosteronspiegel gepaart mit gesteigertem Aggressionslevel für die Beteiligten ebenfalls als vorteilhaft erachtet wird.
Alles klar? Wenn es nach mir geht, habe ich nun eine Antwort erhalten, eine one-answer-fits-all-questions-Antwort sozusagen, da sie viele meiner offenen Fragen beantwortet (Allerdings möchte ich diese hier aus „Political Correctness“-Gründen nicht näher erörtern).
Was mich nun aber noch interessieren würde: Treffen die von Geary und seinem Team gewonnenen Erkenntnisse nun nur auf Videogames zu? Oder gehe ich auch beim Federball aggressiver zur Sache gehe, wenn ich anstelle meines Sohnes gegen meinen Nachbarn spiele. Oder gegen dessen Nachbarn, der mir dann ja wahrscheinlich noch ein wenig fremder ist, als mein Nachbar. Oder gegen die Tochter des Nachbarn des Nachbarn, die ich sehr attraktiv finde…
Übrigens: Da das Sexualhormon Testosteron beim Menschen u.a. für die Körperbehaarung verantwortlich ist, erkennt man die super aggressiven Gamer zum Glück sehr leicht und kann sich rechtzeitig in Sicherheit bringen…
(via: Pressetext.at)
(Marek Hoffmann / Bilder: Gamescom – Dodgepedia)
erst0r
Und schon ist der Quoten-Gamer dabei.
Ja, was soll man dazu noch sagen? Vermutlich war den Politikern diese Erkenntnis sogar neu…
[…] […]
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Marsha Kömpel und TransAlchemy erwähnt. TransAlchemy sagte: Gamer-Studie: Warum man lieber den Feind als den Freund killt: Es gibt Forschungsstudien, deren Sinn und Zweck.. http://bit.ly/VpGn8 […]
[…] Warum man lieber den Feind als den Freund killt Kritik bei BasicThinking an dieser […]
Tja, wär hätte das erwartet…
Um den Bogen wieder auf das Lieblingsargument der Politiker zu spannen („Killer“spiele -> Amokläufer -> Wahlthema), zählen wir das also alles mal zusammen. Jugendliche, die Amok laufen, haben zuvor Killerspiele gezockt, die die Hemmschwelle herunter setzen, andere Menschen real töten zu wollen. Soweit das bestehende Argum… ähm, die Fehleinschätzung der Politik.
Gut, aber nach dieser Studie hieße das ja, dass die Amokläufer weniger wahrscheinlich ihre „Teamkameraden“ angreifen würden als ihre „Feinde“. Was die Schlussfolgerung zulässt, dass die beklagenswerten Opfer von durchgeknallten Amokläufern als deren Feinde angesehen wurden. Und DAS soll die Schuld der Computerspiele sein und nicht eine Ursache von überfordertem Lehrpersonal, desozialisierten Schulkameraden oder desinteressierten Elternhäusern? Ach so. Klar.
jm2c
Würde mich interessieren, ob das auch für Frauen gilt. Müssen wir uns häufiger die Beine rasieren, wenn wir gewinnen?
es gibt wahrscheinlich ein für und wieder für computerspiele. stehst du fest im leben tangiert dich der inhalt nur minimal, bist du jedoch labil verliert man den bezug zur realität
Faszinierend… Ok, ich hab seit Jahren nicht mehr gespielt, aber ich fand es immer interessanter Bekannte und Freunde über den Haufen zu schiessen, als Unbekannte. Der Spassfaktor war einfach höher, wenn man gesehen wie sich andere ärgern, oder genau weiss wie andere drauf reagieren. Friendly Fire war auch immer lustig, vor allem wenn’s sonst zu langweilig war.
Aber ich glaub der Autor hat die Studie schon genug auseinander genommen. Was man noch drüber herziehen kann, das ist natürlich schon die wahnsinnig riesige Stichprobe. Immerhin 42!
Wenn diese unnötige Studie dann nicht einmal wieder für die Poltiker die Grundlage darstellen, Computerspiele zu verbieten… schlimm genug das Computerspiele immer weniger zur Realität unterschieden werden können. Aber das liegt nicht an den Computerspielen, sondern viel mehr daran das die Realität immer Gewalttätiger werden…. so z.b. das Waffen genauso leicht zu kaufen sind wie Computerspiele…
Danke, hab mal wieder köstlich gelacht. Das Fazit mit den beharten aggressiven Menschen finde ich persönlich am besten.
*daumen hoch*
Der gute alte Chewy 🙂 Hab sehr gelacht beim Lesen. Aufgrund meiner Körperbehaarung gehöre ich dann wohl zu den eher aggressiven Gamern. Wusste ich aber auch schon vorher *hust* 😉
*lach*…. ich finde, mit diesem Argument sollten wir mal gegen die „Computerspiele machen dumm und aggressiv“- Front vorgehen.
Dann hast du neben einem Nichtrauchergesetz bestimmt auch bald ein „Watt? Haare? Du kommst hier net rein“- Diskriminierungsgesetzt *kicher*