Offensichtlich steht das weltweite Problem der Kinderpornografie auch bei der UNO hin und wieder öffentlich auf der Agenda. Gestern trat Najat M’jid Maalla, die Uno-Berichterstatterin für Kinderhandel, -prostitution und -pornografie, vor den Menschenrechtsrat in Genf und hatte neueste Zahlen im Gepäck. Ich dachte, ich teile sie mit euch, da die Debatte um den Schmutz im Internet kurz vor der Wahl noch kontroverser als sonst geführt wird. Ein paar zusätzliche Infos können da nicht schaden.
Maalla – übrigens eine marokkanische Ärztin, die ihr Amt unbezahlt ausfüllt – berichtet von weltweit „mehr als vier Millionen Websites“, auf der der Missbrauch von Kindern grafisch dargestellt werde. Laut Associated Press (ich finde leider weder bei der UNO noch beim Menschenrechtsrat ein Protokoll) spricht sie über eine „steigende Anzahl registrierter Seiten“, zwischen 2003 und 2007 sei es zu einer Vervierfachung der kinderpornografischen Bilder gekommen. AP merkt an, dass sie für dieses Argument jedoch „keine präzisen Zahlen“ genannt habe. 750.000 Menschen greifen zu jedem gegebenen Zeitpunkt auf derlei Seiten zu, eine neue Gefahr gehe zudem von Chats aus, in denen Täter vermehrt ihre Opfer suchen würden.
Das U.S. National Center on Missing and Exploited Children habe bei der Auswertung von beschlagnahmten Bildmaterial ermittelt, dass bei 83 Prozent der Täter Bilder von Kindern gefunden wurden, die zwischen sechs und zwölf Jahren alt waren. 39 Prozent der abgebildeten Kinder waren zwischen drei und fünf Jahren alt und 19 Prozent sogar jünger als drei Jahre. Auch geht Maala auf die kommerziellen Hintergründe des Kinderpornomarktes ein: Sie beziffert den Wert der illegalen Industrie zwischen drei und zwanzig Milliarden Dollar.
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Ich sehe keinen Grund an den Zahlen zu zweifeln (auch wenn ich nicht nachvollziehen kann, wie der Wert eines solchen Marktes beziffert werden kann). Zum Teil stammen die Statistiken von der britischen Internet Watch Foundation, die sich in der Vergangenheit vehement gegen Netzsperren eingesetzt hat.
Was mich jedoch wirklich irritiert ist die Tatsache, dass man offensichtlich in der UNO dieselben Ziele wie derzeit in Berlin verfolgt. Bevor Maalla das Rednerpult verließ, forderte sie laut AP, dass die Länder Informationen über Kinderpornoseiten teilen sollen – „um diese schneller sperren zu können“. AFP geht leider gar nicht auf dieses Zitat ein, in der deutschen Version der AP-Meldung steht eindeutig „sperren“.
Ich kann nur hoffen, dass es sich um einen kleinen Versprecher handelte, wie er Steinmeier vor einigen Tagen im Radiointerview herausgerutscht ist. Sollte dem aber nicht so sein, möchte ich der UNO von hier zurufen: „Hallo! Es ist dankenswert und überfällig, dass ihr die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Kinderpornografie stärken wollt. Aber wenn sich die Polizeibehörden zweier Länder schon über illegale ekelige Schmutzseiten austauschen, dann sollen sie auch die Gelegenheit nutzen und sich auf die Löschung des betreffenden Drecks einigen. Und nicht darauf, den gegenseitigen Zugang durch eine Sperre zu erschweren. Löschen. Nicht sperren.“
(André Vatter)
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