Ich glaube, es ist unumstritten, dass Google einen riesigen Einfluss auf die globalisierte Welt hat. In Deutschland, genauso wie in Brasilien, Indien und (wenn die Regierung wegschaut) auch in China wird „ge-google-t“, „ge-gmail-t“ oder sonst wie „ge-g-t“. Nehmen wir die Datenschutz-Problematik aus der Rechnung heraus, lässt sich sagen: alle lieben Google. Alle? Nein, zwei kleine Stadtteile in San Fransisco laufen gerade Sturm gegen die Suchmaschine, jedoch nicht wegen einer StreetView-Meinungsverschiedenheit, sondern wegen den Google-Bussen. Richtig gehört. Seit Jahren karrt Google seine Mathematiker, Physiker, Informatiker und sonstigen Entwickler per Shuttle aus der Stadt in die Provinz nach Mountain View. Das Google-Hauptquartier liegt im Süden von San Fransisco, etwa 40 Minuten Fahrzeit entfernt.
Die Namen der beiden aufgebrachten Bezirke lauten Mission und Noe Valley – und bilden so etwas wie das Epizentrum des amerikanischen Umweltschutzgedankens. San Fransisco war die erste Stadt, die Plastiktüten aus Supermärkten verbannte. Die Einwohner von Noe Valley beklagen sich darüber, dass die tatsächlich überdimensionierten Google-Menschentransporter mit ihren Klimaanlagen und WLAN-Modulen die Luft verpesten. „Manchmal stehen die Busse nur so rum“, beklagte sich die Sprecherin einer Bürgergemeinschaft beim Lokal-Portal SFweekly. „Wir würden das nicht einmal wollen, wenn die mit Biokraftstoffen fahren!“ Da an dieser Stelle die Straßen recht eng sind, versperre Google des Öfteren auch den Zugang zu Gassen. Die Einwohner von Mission haben noch ein weiteres Problem mit dem Suchriesen. Da das Viertel ursprünglich ein Sammelpunkt für Lebenskünstler war, sehen diese das Flair von Kunst und Individualismus durch die zunehmende Yuppisierung (Stichwort: Gentrifizierung) wegen der Überall-Googleaner in Gefahr.
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Ich habe gerade ein wenig recherchiert und kann nun unterstreichen, dass der Streit schon länger schwelt. Google sorgt nicht nur für dichteren Verkehr, sondern indirekt auch dafür, dass das Wohnen in San Fransisco immer teurer wird. „Vor ein paar Jahren transportierte der Bus ein paar Hundert. Heute müssen es fast Tausend sein. Das sind genügend Leute, um die Mietpreise im oberen Sektor steigen zu lassen“, wurde schon vor drei Jahren moniert. Man kann sich vorstellen, wie sich die Situation bis 2009 dramatisiert haben könnte.
Der Eklat hat deshalb nun die Politik auf den Plan gerufen. Supervisor Bevan Duffy, der sich um das Amt des Bürgermeisters bewirbt, hat das San Francisco County Transportation Authority Board angewiesen, Vor- und Nachteile des alltäglichen Google-Tourismus zu ermitteln: immerhin stehen auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. Interessantes Nebendetail: Auch Yahoo! und Apple setzen auf eigene Verkehrsbetriebe, haben deshalb bis heute aber noch nie einen auf den Deckel bekommen.
Wie nun bekannt wurde, hat keines der genannten Unternehmen irgendein Abkommen mit der Stadt geschlossen, die einzigen Regeln, die für die Busse gelten, sind jene der allgemeingültigen Straßenverkehrsordnung. Gegen Ende des Monats soll ein erster Vorschlag durch die Politik vorgelegt werden, wie nun weiter verfahren werden soll. SFweekly hat das als Anlass genommen, einmal bei Google direkt nachzuhorchen. Ein Sprecher, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte, dass das Unternehmen „immer mit Regierungseinrichtungen zusammenarbeitet, um sicherzustellen, dass unser Shuttle-Programm gut in die Nachbarschaft integriert ist“.
Wahnsinn, oder? Und wir sitzen hier in unseren Arbeitszimmern und Büros, rufen google.de auf und denken, dass nichts dahinter sei als die nächste Suchergebnisseite.
(André Vatter)