Na, wonach sieht das da oben aus? Ich sag euch, wonach das aussieht: Nach einem bösen Mann, der Drogen an kleine Kinder verteilt. Ist doch klar! Die Aufnahme zeigt einen Ausschnitt aus dem Züricher Street View. Der Google-Dienst ist gerade erst in der Schweiz gestartet und hat seitdem mehr als nur Unbehagen bei den Einheimischen ausgelöst. Die traditionell eher zur Diskretion neigenden Schweizer fühlen sich überwacht, nicht nur der lokale Datenschützer, sondern jetzt auch das Verteidigungsdepartement wollen der Sache noch einmal auf den Zahn fühlen. Dabei hatte sich Google soviel Mühe gegeben, Street View als längst überfälliges Feature zu verkaufen, selbst ein putziges Video wurde produziert, um die Schweiz von den Vorzügen der Straßenansicht in Maps zu überzeugen. Und dann das…
„Polizei jagt Dealer auf Google Street View“ titelte der „Blick“ am Montag. „Obskurer Typ mit roter Baseballmütze steckt drei jungen Mädchen Päckchen zu“, heißt es. „Ein Dealer, der Drogen an Minderjährige vertickt?“ Ein Leser hatte die Redaktion auf den Fund aufmerksam gemacht, doch um die Überschrift zu rechtfertigen, mussten natürlich erst einmal die Gesetzeshüter eingeschaltet werden. Die zeigten sich dankbar: „Wir werden dem Hinweis auf jeden Fall nachgehen“, wird eine Sprecherin der Zürcher Stadtpolizei zitiert.
Doch zurück zum Bild: Da ich nirgendwo einen Link fand, habe ich ein wenig gegraben und es tatsächlich ausfindig machen können. Google schoss das Foto Ecke Langstraße / Kanzleistraße in Zürich, vermutlich im März. Doch der Mann ist kein „Drogendealer“. Sein Name ist Claudio Schenardi, er ist ehemaliger Schauspieler, Regisseur im Theater Wädenswil, angestellter Primarlehrer und vor allem Wirt im Restaurant Exer – und er ist stinksauer auf den „Blick“. Er verteilte gerade Gutscheine („Mittagessen zum halben Preis“) für seine Gaststätte an Passanten, als der Google-Wagen um die Ecke bog. Und die drei Mädchen? Das sind drei Damen, die in der Media-Agentur gegenüber arbeiten und neben einem netten Plausch auch Coupons für leckeres Bioessen abgreifen wollten.
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Laut dem Tagesanzeiger gibt sich der „Blick“ jetzt kleinlaut und hat in der gestrigen Printausgabe eingeräumt: „In diesem Artikel haben wir Informationen publiziert, die nicht recherchiert waren.“ – Hüstel. Ja, so ist das. Warum die Online-Version noch immer unkorrigiert im Netz steht, ist mir allerdings schleierhaft. Besonders peinlich ist es, weil das Boulevard-Blatt im Ursprungsartikel die datenschutzrechtlichen Bedenken herausgehoben und vom „Recht am eigenen Bild“ geredet hatte. Schuld an Schenardis temporärem Image-Dämpfer ist allerdings auch Google: Die Suchmaschine hatte es zunächst versäumt, sein Gesicht auf Street View unkenntlich zu machen.
(André Vatter)