Warum ist vieles von dem, was Google macht, auf der einen Seite ziemlich cool und nützlich – und auf der anderen Seite fast immer datenschutzrechtlich bedenklich? Hier ein neues Beispiel: Wie es aussieht, wird nach der Kartographisierung von oben (Google Maps) und den Fotosessions vom Boden aus (Street View) nun auch die umfassende Echtzeitüberwachung von ganzen Straßennetzen in Angriff genommen: Google Maps bekommt eine Art eigenes TMC-System.
Bislang wurden US-Nutzer ausschließlich über die Verkehrslage der großen Highways informiert, doch künftig sollen nach und nach auch die Umgehungswege – „arterielle Straßen“, wie Google sie nennt – ihre eigenen Status-Updates erhalten. In ausgewählten Städten, wie Los Angeles, Chicago und New York ist das System bereits testweise im Einsatz. Dazu gibt es nun die Schaltfläche „Verkehr“, die gleichzeitig eine kleine Legende einblendet, um die verschieden markierten Straßenabschnitte zu erklären:
- Grün: Freie Fahrt
- Gelb: Dichter Verkehr
- Rot: Zähflüssiger Verkehr
- Rotschwarz: Dicker Stau
Neben der Live-Anzeige bietet Google Maps ein Tool, mit dem man sich über das Verkehrsaufkommen zu einem bestimmten Zeitpunkt informieren kann. Welche Straßen sind am Montagabend vom Feierabendverkehr besonders getroffen? Nehme ich am Donnerstagmorgen lieber einen anderen Weg, um zum Flughafen zu kommen? Maps schätzt die Stau-Chancen aufgrund bisheriger Erfahrungswerte ein.
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Und das bringt uns zum Punkt: Google sagt nicht explizit, woher diese Daten stammen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie bislang unter anderem über die üblichen Kanäle, vielleicht auch von stationären Messungssystemen bezogen werden. Mit der Ausweitung der Lageerfassung – die dann auch noch in Echtzeit Ergebnisse liefern soll – stößt ein solches System an seine Grenzen. Im vergangenen Jahr gab es bereits von Nokia den Versuch, ein Tracking des Verkehrs aufgrund gesammelter GPS-Daten von Nutzern auf die Beine zu stellen („Mobile Millenium„). Die Idee dahinter: Wird ein Signal auf einer Straße geortet, das sich nur langsam bewegt, muss der entsprechende Nutzer sich im Stau befinden. Google hat dieser Technik unter dem Begriff des „Crowdsourcing Traffic“ zur Einsatztauglichkeit verholfen und überwacht auf diese Weise schon die großen Highways.
In einem neuen Blog-Eintrag wird nun angekündigt, den GPS-Tracker ab sofort auf alle Straßen auszuweiten:
Wenn wir deine Geschwindigkeit mit der von anderen Telefonen auf der Straße vergleichen, und zudem Tausende von Handys, die sich zu jeder Zeit durch eine Stadt bewegen, können wir ziemlich gut die aktuelle Verkehrssituation nachzeichnen. Ununterbrochen verbinden wir diese Daten und schicken sie zurück zur kostenlosen Verkehrsübersicht von Google Maps. Für dich bedeutet das null Mehraufwand. Öffne einfach nur Google Maps, bevor du den Wagen startest – und je mehr Leute mitmachen, desto besser werden die gewonnenen Ergebnisse für alle.
Was würde Peter Schaar dazu sagen? Noch ist die Verkehrsfunktion von Google Maps nicht in Deutschland angekommen, doch die Übersetzung der Schaltfläche „Traffic“ in „Verkehr“ zeigt schon, dass der hiesige Markt für Google irgendwann auf der Agenda stehen könnte. Der Suchriese ist bemüht, bereits im Vorfeld sämtliche datenschutzrechtlichen Bedenken auszuräumen.
Wir verstehen, dass viele Leute wahrscheinlich Bedenken hätten, der Welt zu erzählen, wie schnell sie im Auto unterwegs sind – und sie zusätzlich auch sagen müssen, wohin genau sie fahren. Also haben wir Maßnahmen für den Schutz der Privatsphäre getroffen.
Mit einem mehrstufigen System will Google den Regeln des Datenschutzes genügen: Die gesammelten Informationen über Ort und Geschwindigkeit werden anonym weitergeleitet – und das auch nur, nachdem der Nutzer ausdrücklich zugestimmt hat. Ein weiterer Schutz käme dadurch zustande, dass bei einem hohen Verkehrsaufkommen mit vielen GPS-Signalen diese bei der Berechnung vermischt würden: Das einzelne Handy ließe sich so nicht mehr zurückverfolgen. Letztlich wird versprochen, Start- und Endpunkt einer Route aus der Datenbank zu löschen, so dass „selbst Google keinen Zugriff mehr darauf hat“.
Obwohl die Nützlichkeit des Projekts mehr als überzeugend ist, wird bei einigen wohl ein mulmiges Gefühl zurückbleiben. Deshalb meine Frage:
(André Vatter)