Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen will demnächst Benimmregeln für soziale Netzwerke, Blogs und Chat-Foren einführen, damit Kinder und Jugendliche im Netz noch besser geschützt werden können. Das hat sie gestern der Rheinischen Post erzählt und damit gleich wieder eine neue Debatte über Notwendigkeit, Sinn und Unsinn eines Verhaltenskodex vom Zaun gebrochen. Heute Morgen dann der erste „Hier, ich mach mit“-Schrei. Die VZ-Gruppe unterstütze die Forderung der Familienministerin ausdrücklich, heißt es in der Pressemitteilung von CEO Markus Berger-de León. Man appelliere an Politik, Gesellschaft, Bildung, Kultur und Online-Wirtschaft, gemeinsam einen für alle Internet-Teilnehmer verbindlichen Kodex nach Vorbild der VZ-Verhaltensregeln zu entwickeln.
Ganz schön nett das Angebot der Betreiber. Aber es kommt noch besser. Weil die VZ-Gruppe ja bereits seit 2007 Verhaltensregeln für die Nutzung seiner Plattformen eingeführt habe, lade man Ursula von der Leyen jetzt ein, sich ein umfassendes Bild von den praktischen und vor allem guten Erfahrungen in den Bereichen Daten- und Jugendschutz sowie Medienkompetenzförderung zu machen – und auf Basis dessen allgemein gültige Benimmregeln auszuarbeiten.
Das hat gesessen und ich bin erst einmal ein wenig sprachlos. Außerdem weiß ich nicht, ob ich weinen oder laut lachen soll. Stand die VZ-Gruppe als Betreiber „von Deutschlands größtem sozialen Netzwerk für alle Altersgruppen“ mit knapp 15 Millionen Mitgliedern in der Vergangenheit nicht schon des Öfteren in der Kritik, es mit Daten- und Jugendschutz nicht so genau zu nehmen. Spontan fallen mir folgende Geschichten ein: Dubiose Nazi-Satiren, unflätige Spanner-Videos, umstrittene Gruppen-Inhalte, Sex-Angebote gegen Taschengeld, zahlreiche Sicherheitspannen und versehentliche Löschung von ganzen Gruppen. Von welchen praktischen und guten Erfahrungen ist hier also die Rede? Keine Ahnung. Sicher, in letzter Zeit ist es in Sachen Pannen ruhiger geworden in Berlin. Mit der Wahlzentrale zur Europa- und Bundestagswahl will der Betreiber verlorenen Boden wieder gut machen.
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Zurück zu den Verhaltensregeln: Deren Notwenigkeit steht außer Frage. Meiner Meinung nach obliegt aber deren Einhaltung nicht Ursula von der Leyen, sprich dem Gesetzgeber, sondern den Betreibern der entsprechenden Angebote. Aber wie heißt es so schön: Papier ist geduldig und Webseiten mit Verhaltensregeln sind noch viel geduldiger – insbesondere dann, wenn sie so gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen werden und ein Verstoß nicht geahndet wird.
Ich hab gleich mal die Probe aufs Exempel gemacht: „300 Euro Taschengeld in 30 Minuten“. Laut Gruppenbeschreibung werden nur Leute aufgenommen, die das Taschengeld wirklich brauchen und schon über 18 Jahr alt sind (Screenshot siehe oben). Ebenfalls bemerkenswert: In über 300 StudiVZ-Gruppen dreht sich alles um das Thema Sex. Besonders originell: „Ich hätte jetzt gern mal spontan Sex“, „Spanking, Pofetisch, BDSM und Sex“ und „Willst richtig geilen Sex? Frag doch“. Übrigens entsprechen auch einige Bilder (sowohl Gruppe als auch Mitgliederprofil) nicht unbedingt den Richtlinien des VZ-Netzwerkes.
In diesem Sinne: Wenn man schon mal im Glashaus sitzt, kann man auch mit Steinen werfen.
(Michael Friedrichs)
Da scheint aber wer beim VZ aufgepasst zu haben und liest hier mit. Die Gruppe ist schon verschwunden.
Aber was man den VZ’s zugute halten muss ist dass sie wirklich aktiv nach den ganzen Sex/Porno/Whatever Leuten sucht und die Profile und Gruppen auch löscht.
Ich denke gerade bei Gruppen und Fotos sollte eine Kontrolle bzw. Freigabe durch Admins erfolgen – das ist der einzige Weg um sowas aus Social Networks heraus zu halten. Und das ist glaub ich allen klar: Ist bei der Menge an Gruppen, Fotos, Profile zu teuer – denn dafür braucht man Manpower und die gibt es nunmal nicht für nix.
In meinen Augen sind letztendlich die Eltern Schuld. Gut erzogene Kinder sind nicht in solchen Netzwerken.
Naja ich finde den Verhaltenskodex total Sinnlos. Wer soll sich denn daran halten? Mich würde der gar nicht interressieren und lesen würde ich ihn erst recht nicht. Ich bin aber der Meinung das im Internet eine bestimmte Grenze nicht überschritten werden sollte.
@Paul ich bin überhaupt nicht deiner Meinung. Ich wurde gut erzogen ,meiner Meinung nach, und bin in Facebook. Bin ich dann ein Verbrecher in deinen Augen? Ich finde Facebook zum Beispiel richtig gut, wenn man mit alten Freunden aus UK oder der USA reden möchte.
Bin mir nicht sicher ob ich das ganze Studivz-Taschengeld-Sex als lächerlich oder erschreckend finden soll. Jedenfalls bin ich wirklich sprachlos wenn ich so manche Profile oder Gruppen sehe. Was denken sich die Leute dabei?
Wenn die das unbedingt wollen, gibt es doch mittlerweile andere einschlägige Websites!?
Besonders lustig finde ich die strengen Aufnahmekriterien dieser 300€-Gruppe. Wie das wohl überprüft wird, ob jemand das Taschengeld „wirklich“ braucht…
Schon erschreckend…
Nen kleines Kind das 73€ in die Hand bekommt…. Kann sich jeder denken was er will
Verhaltensregeln lassen sich ohnehin nur bedingt per Gesetz verwirklichen, ganz sicher aber durch eigenes ‚gutes‘ Verhalten, sofern man es sich nicht bloß abkämpft.
Der Reiz der sozialen Netzwerke ist ja, dass jeder aktiv werden kann und sich seiner Kreativität freien Lauf lässt. Bei einer zentralen Kontrolle und Überwachung aller Beiträge wäre das Angebot vermutlich schnell unattraktiv.
Auf dem Bild ist übrigens zu erkennen, dass die Gruppe aus ganzen fünf Personen besteht. Bei 15 Mio Mitgliedern glaub ich noch kein großer Skandal.
@Paul Ich glaube nicht, dass das viel mit Erziehung zu tun hat. Meistens sind die Kinder „fitter“ im Umgang mit dem Internet als die Eltern. Wer in Social Networks unterwegs ist, sollte auch den Mut dazu haben seine eigene Onlineidentität von Zeit zu Zeit zu überprüfen.
Es ist schon seltsam, dass im Internet gerne mal frei aus seinem eigenen Leben geplaudert wird, obwohl man mit diesen Personen persönlich nie ein Wort wechseln würde.
Verhaltensregeln sind nur gut, so lange sie auch von der Mehrheit beachtet werden. Man kann leider den Missbrauch der Online Netzwerke nicht vollständig verhindern, sondern lediglich nur einschränken.
Deine Aufzählung der Gruppen ist da ja noch recht harmlos, gibt weitaus schlimmere. Teilweise diskriminierend. Aber das ganze Unterfangen mit „Gesetzen“ anzugehen , zu ändern ist auch wenig erfolgversprechend. Es ist ja vielmehr eine „internet-kultur“, und die nimmt ihren eigenen lauf…
Sind denn so viele Kinder im StudiVZ? Was ist denn gegen ne Gruppe „Ich hätte jetzt gerne spontan Sex“ einzuwenden? Da fehlt mir wohl der intellektuelle Zugang. Ich glaube nicht, daß da Minderjährige verführt werden. Und ob sich Studenten so verabreden oder nicht ist mal sowas von Wayne …
Super Beitrag, zumeist übertriebene Vorwürfe aus 2006 aufgewärmt und eine Gruppe gefunden mit 5 Mitgliedern aus 15 Millionen die StudiVZ nicht gleich gelöscht hat. Und dabei alle 5 Mitglieder männlich.
Daraus StudiVZ nun einen Vorwurf machen: Grandios! 🙂
@ #2: Twitter und msn reichen mir. Gehöre dann wohl auch zu den gut erzogenen. ;=)
Ich schätze bald werden dann solche „Porno scanner“ eingeführt wie sie die chinesische Regierung benutzen will und die kaum Kuh von Brust unterscheiden können.
Es ist eben nicht leicht die Guten von den nicht so Guten zu trennen. Ich denke mir nur, dass es genug Leute gibt denen so was auffällt und die müssen sich eigentlich nur melden.