Die Besprechung im Bundesrat hatte etwas mehr als drei Minuten (Video) gedauert – dann war das „Zugangserschwerungsgesetz“ beschlossene Sache. Mit dem Okay der Länder hat Frau von der Leyen (CDU) die für sie letzte und wichtigste Hürde genommen, so dass ihr durchgehecheltes Gesetz für Netzsperren wie geplant wahlwirksam schon am ersten August in Kraft treten kann. Nunja: einen kleinen Stolperstein gibt es da schon noch. Alles, was aus dem Bundesrat kommt, muss – zumindest formal – vom Bundespräsidenten abgesegnet werden.
Genau darin sehen die Gegner der Zensurmaßnahmen ihre nächste Chance vor einer Verfassungsklage: noch könnte Horst Köhler das unsinnige Vorhaben stoppen. Dazu hat der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) gemeinsam mit Vereinen und Bloggern nun einen offenen Brief an das Bundespräsidialamt geschickt. Darin wird Köhler aufgefordert, seine Unterschrift unter dem Gesetz zu verweigern. „Das Zugangserschwerungsgesetz ist offenkundig nicht verfassungskonform, und zwar sowohl aus formalen wie auch aus inhaltlichen Gründen“, sagt der zuständige Anwalt Thomas Stadler, der das Schreiben im Auftrag der Kritiker aufsetzte. Insgesamt werden vier Punkte angesprochen, die die Verfassungswidrigkeit der Netzsperren belegen sollen:
1. Fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes
2. Fehlende Verwaltungskompetenz des Bundes
3. Fehlerhaftes Gesetzgebungsverfahren
4. Fehlende materielle Verfassungsmäßigkeit
Alvar Freude vom AK Zensur, der bereits im Mai eindrucksvoll bewiesen hat, dass die Devise „Löschen statt sperren“ durchaus umsetzbar ist, sieht im Bundespräsidenten „die vorerst letzte Instanz, die die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger aufgreifen“ und das ungeeignete aber gefährliche Gesetz stoppen könne.
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Damit ruht jetzt erst einmal alle Hoffnung auf dem Staatsoberhaupt. Ob diese berechtigt ist, ist allerdings fraglich: Seit seiner Amtseinführung im Jahr 2005 hat Köhler erst zwei Gesetze abgefangen, bevor sie umgesetzt werden konnten: Im Oktober 2006 das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung (Stichwort: Abschuss von Passagiermaschinen) und zwei Monate später das Verbraucherinformationsgesetz. Wollen wir hoffen, dass er auch dieses Mal ein Einsehen hat. Die verschwundenen kritischen Stimmen in seinem Online-Gästebuch stimmen leider wenig optimistisch.
(André Vatter)
hoffnung nie aufgeben, auch wenn ich vermute das es leider nicht viel bringen wird herrn köhler anzuschreiben
„Seit seiner Amtseinführung im Jahr 2005 hat Köhler erst zwei Gesetze abgefangen, bevor sie umgesetzt werden konnten“??
Wieso „erst“? Damit hät Köhler mit Gustav Heinemann gleichgezogen [1] und mehr Gesetze die Unterschrift verweigt, als alle anderen Präsidenten. Da in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik nur 8 Gesetzen die Unterschrift verweigert wurden, gehen 25% der verweigerten Unterschriften auf das Konto Köhlers. Das ist eher respektabel und begründet durchaus eine Hoffnung, Köhler könne dem Gesetz die Unterschrift verweigern.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Bundespr%C3%A4sident_(Deutschland)#Unterzeichnung_und_Pr.C3.BCfung_von_Gesetzen
Dieser Gesetzentwurf ist höchst lächerlich, eine Schande für die Volksparteien und eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland!
@2: Hi Axel, hast Recht – es ist schon überproportional – gemessen an den Taten der anderen Bundespräsidenten. Aber es bleibt halt bei zwei Gesetzen. BKW-Gesetz dabei? Nein. Vorratsdatenspeicherung? Nein…
Ich nehme das „erst“ raus. Quantitativ stimmt es ja.
[…] Basicthinking […]
Warum berichtet ihr darüber und tut selbst nichts?
Kommt darauf an wie viel er persönlich von Internet und social community versteht.
Denn wie sagt man so schön: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht!
@ 7 Madeleine: Auf seine persönliche Meinung wird es zunächst nicht ankommen. Erstmal sind die Juristen im Bundespräsidialamt gefragt. Und die sind ja vielleicht ganz so vernagelt wie die Schäuble/Wiefelspütz-Koalition. Am Ende des Verfahrens könnte Köhler seine Beamten anweisen, auch wenn die Bedenken haben, das Gesetz unterschriftsreif auszufertigen. Das wird er aber hoffentlich nicht tun.
Offensichtlich sind Anfang Juli 2009 eine ganze Menge kritischer Beiträge zu den Netzsperren im Internet, aus dem Gästebuch des Bundespräsidialamtes auf wundersame Weise verschwunden!
Und das, nachdem sie bereits genehmigt und endgültig publiziert wurden.
So kann man Probleme auch lösen: indem man sie einfach todschweigt, oder löscht…
Hier macht das Bundespräsidialamt aber alles richtig – im Sinne der Kinderpornografie – LÖSCHEN! Und nicht sperren..
[…] Blicke der Zensursula-Kritiker sind derzeit hoffnungsvoll auf Horst Köhler gerichtet. Unterschreibt der Bundespräsident bis Ende der Woche das umstrittene Netzsperren-Gesetz? Ruft er beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an, um sich Klarheit (sprich Rechtssicherheit) […]