Das Thema Kinderpornografie ist insbesondere in den vergangenen Monaten ins Zentrum des medialen Interesses gerückt. Während sich bestimmte politische Akteure mit relativ fragwürdigen Methoden daran versuchen, der Verbreitung dieser schlimmen Inhalte Einhalt zu gebieten, gelingt es anderen Gruppierungen, relativ schnell große Erfolge zu erzielen. Vor einigen Wochen ist es einem Verein gelungen, zahlreiche Webseiten mit pädophilen Inhalten löschen zu lassen, indem sie einfach die Provider über diese Inhalte informierten. Innerhalb kürzester Zeit war ein Großteil dieser Angebote beseitigt und nicht mehr aufrufbar. Doch kommerzielle Webseiten sind nur ein kleiner Teil des weltweiten Netzwerks von Pädophilen. Weiterhin gelten Foren und Newsgroups, E-Mail und Chats sowie insbesondere Peer-to-Peer-Netzwerke als einfache und direkte Möglichkeit, sich diese Inhalte anzusehen und sich zum eigenen Vergnügen herunterzuladen. Seit dem 1. Juli ist unter dem Namen No-Kids.org ein Projekt gestartet, welches versucht, Peer-to-Peer-Netzwerke auszutrocknen und mit Hilfe von Internetnutzern dauerhaft einen der wichtigsten Kanäle für kinderpornografische Dateien massiv zu stören. Ein Non-Profit-Projekt mit langfristiger Perspektive…
Über 150 Millionen Mädchen und 73 Millionen Jungen unter 18 Jahren werden jedes Jahr Opfer von sexueller Gewalt. Allein in Deutschland wird die Zahl der Menschen, die regelmäßig Kinderpornos konsumieren, auf rund 50.000 geschätzt. Im Jahr 2006 wurde gegen 9.500 Bundesbürger wegen der Verbreitung und des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt. Rund 6.000 dieser Delikte bezogen sich auf das Internet. Bis zu 200.000 Männer sollen alleine in Deutschland leben, die sich durch pädosexuelle Inhalte erregt fühlen. Der weitaus größte Teil dieser Menschen befindet sich nicht in einer Therapie oder lässt sich anderweitig helfen. Die Folge: Tickende Zeitbomben, die mit ein Grund dafür sind, dass sich die Netzwerke rund um Kinderpornografie jedes Jahr vergrößern und mehr Material zur Verfügung stellen.
Das Projekt No-Kids.org soll die Verbreitung kinderpornografischer Dateien effektiv eindämmen. Jeder Computer, auf dem das Script von No-Kids.org läuft, dockt sich automatisch an ein Peer-to-Peer-Netzwerk an und täuscht vor, exakt die Datei zu haben, nach der Kinderporno-Konsumenten suchen. Hierfür existiert eine sogenannte Blacklist mit fest hinterlegten Keywords. Sucht ein Konsument nach einem dieser Keywörter, wird das Programm aktiv und generiert automatisch eine passende Datei, die dann zugleich online zur Verfügung gestellt wird. Lädt ein Nutzer sich diese Datei nun herunter erhält er nicht die gewünschten pädophilen Inhalte, sondern die Aufforderung, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Besonders interessant: Die Fälschung erkennt der Konsument erst nach dem Download. So ist es ihm unmöglich, echte von gefälschten Angeboten zu unterscheiden. Und genau hier kommt jeder einzelne Internetnutzer ins Spiel:
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Je mehr Internet-User bei dem Projekt mitmachen, umso mehr Dateien werden pro Keyword automatisch generiert und kursieren dann in den Netzwerken als vermeintlich echte Angebote. Die Peer-to-Peer-Netzwerke werden mit diesen Dateien überschwemmt und helfen somit nicht nur, echte pädophile Inhalte abzudrängen, sondern zudem die Empfänger dieser Dateien mit einer gezielten Botschaft eventuell dazu zu bewegen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Idee für dieses Projekt stammt von Christoph Mäschig und Mathias Keswani aus Hamburg, die sich schon lange vorgenommen haben, etwas gegen die pädophilen Netzwerke im Internet zu unternehmen. Durch die Hilfe der Agentur Grabarz & Partner aus Hamburg wurde aus dieser Idee vor einigen Tagen dann Realität. Seitdem ist No-Kids.org online und generiert Tag für Tag zahlreiche Dateien. Das Script könnt ihr auch als iFrame in euren Blogs und Homepages einbinden und so auch andere Nutzer dazu ermutigen, bei dem Projekt mitzuwirken.
Ich hatte die Gelegenheit, mit Mathias Keswani zu sprechen. Er war so freundlich, mir in einem kurzen Interview weitere Informationen zu dem Projekt zu geben.
Wie seid ihr überhaupt darauf gekommen, solch ein Projekt zu starten?
Die Idee zu diesem Projekt entstand vor zwei Jahren, also lange vor der politischen Instrumentalisierung. Wir, Christoph und ich, haben uns damals überlegt, wie man eine Technik entwickeln könnte, um Kinderpornos aus dem Netz zu tilgen. Allerdings wollten wir etwas von Usern für User entwickeln. Wir wollten die technischen Möglichkeiten des Internets mit einem persönlichen idealistischen Ziel verbinden.
Was für Daten werden gesammelt und was passiert mit diesen Daten?
Von den Nutzern von no-kids.org speichern wir überhaupt keine Daten, keine IP-Adressen, nicht mal Log-Files. Wir speichern die IP-Adressen der Kinderpornokonsumenten, die No-Kids-Dateien, also Fake-Files herunterladen. Diese fließen in unsere Statistik ein und sind dann für uns nicht mehr von Interesse. Was wir also machen ist, dass wir die IP-Adressen der Kinderpornokonsumenten mit unserer Geo-Datenbank matchen und dann verwerfen.
Wie kann man das Projekt unterstützen?
Unterstützen kann uns schon mal jeder, der sich daran beteiligt und no-kids.org aufruft. Außerdem sind wir für jeden Blog- und Forenbeitrag dankbar. Jede Form der Öffentlichkeitsarbeit hilft uns und wir beantworten gerne alle Fragen persönlich. Darüber hinaus würden wir uns über Server freuen oder generell über Vereine, Verlage und Unternehmen, die uns unterstützen. Es steckt hier aber kein finanzieller Nutzen dahinter. Es kann sich also niemand in das Projekt „einkaufen“.
Wie könnt ihr als User mitmachen? Am einfachsten geht dies mit Sicherheit, in dem ihr die Seite von No-Kids.org aufruft, und auf den Button „Mitmachen“ klickt. Dann öffnet sich im Hintergrund ein Script welches dafür sorgt, dass nunmehr mehr Dateien generiert und zur Verfügung gestellt werden können. Wundert euch übrigens nicht über die eventuelle Sicherheitswarnung eures Browser. Das ist normal, wenn fremde Scripte ausgeführt werden sollen. Ich habe mir die Seite bereits als Startseite eingerichtet und beteilige mich damit aktiv an dem Projekt. Aber auch sonst könnt ihr eine Menge tun. Erzählt von dem Projekt und zeigt, dass euch dieses wichtige Thema nicht egal ist. Rechts unten auf der Seite könnt ihr eine Live-Karte mit aktuellen Daten auch auf eurer Seite einbetten. Übrigens: Juristisch ist das Projekt vollkommen unbedenklich.
No-Kids.org bekämpft weder die Ursachen von Kinderpornografie noch therapiert sie pädosexuelle Neigungen. Das dieses Projekt dennoch funktioniert, belegen die sehr eindrucksvollen Zahlen des Projektes. Aktuell wurden seit dem Start 447.367 Suchanfragen nach Kinderpornografie im Peer-to-Peer-Netzwerk Gnutella erfasst. Über 23.863mal wurden Downloads von No-Kids.org-Dateien initiiert. Wie viele Nutzer tatsächlich durch dieses Projekt davon abgehalten werden konnten, sich weitere Inhalte herunterzuladen oder eine Beratungsstelle aufzusuchen, wird No-Kids.org natürlich nicht beantworten können. Aber wenn nur ein einziger Nutzer zum Nachdenken bewegt wurde und sich über seine Gedanken und auch Taten Gedanken macht, dann hat das Projekt schon etwas bewirkt.
(Alper Iseri / meetinx.de)