Joost – oder das mysteriöse „Venice Project“ – war der Hammer, noch bevor es überhaupt draußen war. Niklas Zennström und Janus Friis steckten dahinter und da die beiden Jungs schon Kazaa und Skype auf dem Kerbholz hatten, war die Vorfreude entsprechend groß. 2007 war das Vorhaben soweit und ich einer der ersten Beta-Tester. Ich weiß noch, damals schrieb ich einen kleinen Bericht über Joost, in dem das Wort „sexy“ erstaunlich häufig fiel. Die Videoplattform war sexy; sie sah aus, als hätte ein Dutzend Apple-Designer nach einem Kirmesbesuch die Feder schwingen lassen. Alles in allem ein tolles Produkt: Okay, die Bedienung des Clients gestaltete sich ein wenig umständlich, das P2P-Verfahren, in dem die Video-Bits transportiert wurden, zeigte einige Anfälligkeiten. Achja, und dann war da noch die Sache mit den Inhalten, die zwar schmackhaft verpackt daherkamen, aber sich ausgepackt häufig als alte Kamellen entpuppten. Außerdem war – trotz zweier Niederlassungen in Europa – schnell klar, dass Joost eigentlich nur den US-Markt im Blick hatte.
Das war alles verzeihlich. Hey, es war ein Startup und da ist es normal, dass nicht alles gleich rund läuft. Doch dann verstrich immer mehr Zeit. Im März 2008 nahm Hulu den Betrieb in den Staaten auf, YouTube dümpelte als Massenmagnet noch der Qualität hinterher. Joost hielt weiter am Client fest und nahm derweil kleinere Tweaks am Dienst vor. Irgendwann erschienen mal wieder ein wenig häufiger Werbeeinblendungen. Sonst passierte nichts. Kurz vor Weihnachten dann die Ankündigung, P2P endgültig als Übertragungsweg abzuschießen und den Client gleich mit – aber nur ein bisschen: Wer das Joost-Programm anschauen wollte, musste immer noch ein Plugin installieren, das sich dann in der Startleiste einnistete.
Im März 2009 wagte Joost dann erstmals eine offizielle Ansprache an das hiesige Publikum und zeigte deutschsprachige Filme: „Rush Hour“, „American History X“ – diese Sorte. Die großen Studios zögerten, die Verträge zu unterschreiben. Gleichzeitig konnte Zattoo, als der wohl härteste europäische Konkurrent, die Öffentlich-Rechtlichen mit ins Boot holen.
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Heute passierte dann das Unvermeidliche: Joost wurde der Stecker gezogen. Zwar nicht offiziell, doch hinter vorgehaltener Hand: der Chef wurde ausgetauscht und 100 Mitarbeiter entlassen. Man wolle sich ab sofort umorientieren und als White-Label-Anbieter zahlenden Unternehmenskunden die Technik für Web-Fernsehen stellen. Als Trostpflaster für die letzten treuen Nutzer wurde zudem angekündigt, den Dienst (so, wie er ist) auf unbestimmte Zeit erst einmal fortzuführen. Soweit die knappe, aber wohl keinesfalls überraschende Ansage.
Man kann es nicht anders sagen, aber Joost hat den Trend verpennt, das angekündigte Fernsehen der Zukunft verharrte im Niveau einer historischen Glotze. Sicher hat man es dem Unternehmen nicht einfach gemacht, die Rechteinhaber und Studios sind garantiert nicht zimperlich in den Verhandlungen vorgegangen – schaut euch das Theater bei Zattoo an, das jetzt MTV, Viva und Co. aus dem Programm werfen musste, nur weil Warner Bros. und Universal das IPTV mit Kabelfernsehen verwechseln. Doch trotz alledem hätte die technische Seite, das Bedienkonzept und vorallem das Browser-TV weiter poliert werden können.
Schade ist es allemal. Für uns bedeutet das erst einmal, dass wir nun auf Hulu warten müssen, bis die Sperre für deutsche IP-Adressen kippt. Das dürfte allerdings noch einige Zeit dauern.
(André Vatter)