Im Fahrwasser der größten deutschen Petition aller Zeiten hat es bereits eine weitere Bittschrift an den Bundestag zu einiger Beachtung geschafft: Initiatorin ist Monika Bestle von der Kultur-Werkstatt in Sonthofen (Oberallgäu). Mit ihrem Aufruf will sie den Gesetzgeber dazu bewegen, der GEMA auf die Finger zu klopfen und eine umfassende Reform der hiesigen Rechteverwertung anzustoßen. Knapp 60.000 Bürger haben die Petition bereits mitgezeichnet. Warum das Thema für Frau Bestle eine Herzensangelegenheit ist, hat sie uns in einem Interview erklärt.
Sie haben eine Petition beim Deutschen Bundestag angemeldet, die sich gegen das „Handeln der GEMA“ richtet. Worum geht es dabei genau?
Seit 13 Jahren betreibe ich ein kleines Kulturzentrum, in dem das gesamte Spektrum der Live-Kultur zu Hause ist. Hier findet auch eine Vielzahl von Konzerten allen Genres statt. Da ist es unausweichlich, dass man mit der GEMA Erfahrungen sammelt! Neben den erheblichen Kosten – die jeden akzeptablen Rahmen sprengen – sind die GEMA-Verordnungen sehr undurchsichtig und mit einem unglaublichen Arbeitsaufwand verbunden. Daneben tauchen immer wieder Praktiken auf, die nach meiner Meinung in krassem Gegensatz zu unseren rechtsstaatlichen und demokratischen Gesetzen stehen.
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Die vielen Gespräche mit Künstlern, darunter zahlreiche GEMA-Mitglieder, wurden zu einem regen Erfahrungsaustausch. Dabei wurde klar, dass der Großteil der Künstler, nicht zu ihrem Recht kommt und zunehmend in ihrem künstlerischen Schaffen behindert wird.
Künstler und Veranstalter aus der gesamten Bundesrepublik bitten damit die Bundesregierung, sich dieser Probleme anzunehmen und die „GEMA-Gesetze“, „GEMA-Richtlinien“ und „GEMA-Durchführungsverordnungen“ auf ihre rechtsstaatliche und demokratische Richtigkeit, in Hinblick auf das Urheberrechtsgesetz und das Vereinsgesetz zu prüfen. Und ob die Praktiken mit unserem Grundgesetz vereinbar sind.
Wo genau liegen für Sie die Probleme des bisherigen Verfahrens? Und wer sind die Leidtragenden?
Wie bereits erwähnt, stehen vor allem Kleinveranstalter und Kultur-Vereine vor erheblichen finanziellen Problemen. Eine ganze Menge von ihnen hat nicht zuletzt auf Grund der GEMA aufgegeben – viele ehrenamtliche Kulturvereine halten dem Druck und dem enormen Arbeitsaufwand einfach nicht stand.
Doch die wahren Verlierer sind die Musiker. Auftrittsmöglichkeiten – in anderen Worten: Arbeitsplätze – brechen weg. Auf der anderen Seite sind die jährlichen Tantiemen-Ausschüttungen für das große Heer der GEMA-Mitglieder eine bittere Enttäuschung. Am schlimmsten trifft es die jungen Künstler, die zu einem nicht unerheblichen Teil von staatlichen Musikhochschulen und -akademien kommen und die gerade die kleinen Bühnen brauchen, um Erfahrungen zu sammeln und erstmals Beachtung zu finden. Die Bühnen, die den musikalischen Nachwuchs fördern, werden zusehends weniger! In der Konsequenz sind außerdem alle Musikliebhaber von diesen Einbrüchen betroffen!
Gibt es konkrete Beispiele für eine solche Entwicklung?
Zahlreiche, sie würden hier den Rahmen sprengen, deshalb will ich mich auf zwei beschränken. Nehmen Sie die Berechnung der GEMA-Gebühren für Kleinveranstalter. Da gibt es drei Grundlagen: Die Größe des umbauten Raumes – die Höhe des Eintrittgeldes und die Tatsache, dass ein GEMA-pflichtiges Stück gespielt wird. Dies gilt auch für Künstler, die selbst als Veranstalter auftreten und ausschließlich ihre eigenen (bei der GEMA gemeldeten) Werke spielen!
Dann die Zusammenstellung der Künstler-Tantiemen: Seit ungefähr zehn Jahren werden Live-Konzerte nach dem sogenannten „Pro-Verfahren“, einem Punktesystem, berechnet. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, ob ein Künstler seine Werke nur in einen GEMA-Bezirk spielt oder in mehreren. Es gibt deutschlandweit zwölf von dieser Sorte! Die höchste Punktzahl erreicht, wer in einem Jahr monatlich in allen GEMA-Bezirken ein Konzert geben konnte. Dieser „Pro-Faktor“ ist dann die Berechnungsgrundlage für eine höchst komplizierte Formel. Wenn ein Künstler bei der GEMA eine Aufschlüsselung seiner Tantiemenabrechnung anfordert, muss er dafür Gebühren entrichten!
Die GEMA wehrt sich gegen die Vorwürfe, spricht von einer erleichternden „Vielzahl von Spezialtarifen und Sondernachlässen“, zudem seien kleine Clubs von der geplanten Erhöhung nicht betroffen. Was sagen Sie dazu?
Hier kommen wir auf den Punkt! Die Petition ist so ausgelegt, dass der Gesetzgeber Grundlagen schafft, dass diese Spezialtarife und Sondernachlässe verschwinden müssen. Getreu dem Motto: „Gleiches Recht für alle!“ Und was die geplante Erhöhung betrifft, so ist es richtig, dass es die Großveranstalter trifft, die bis jetzt durch eigene Verträge andere Berechnungsgrundlagen haben. Ob eine so radikale Anhebung mit unseren Gesetzen vereinbar ist, sei dahingestellt und sollte auch von der Regierung überprüft werden.
Wie sähe eine gescheitere Reform der GEMA in Ihren Augen aus?
Ziemlich radikal: Abschaffung des gesamten momentan vorhandenen GEMA-Kataloges und eine neue moderne Strukturierung: gerecht – durchschaubar – und zum Wohle aller Künstler und der Musikkultur. Dafür haben wir einen Forderungskatalog mit fünf Punkten aufgestellt: Genaue und für jeden verständliche Geschäftsbedingungen, eine größtmögliche Transparenz, die Änderung der Beitragberechnungsgrundlagen für Kleinveranstalter, die Offenlegung und Vereinfachung der Berechnungsgrundlagen für Künstlertantiemen sowie eine Änderung der Inkasso-Modalitäten.
Die Mitzeichnungsfrist der Petition läuft am 17. Juli ab. Bislang haben rund 60.000 Bürger mit ihrer Stimme für den Antrag gestimmt.
(André Vatter)