Vor einigen Tagen hat Microsoft seine neueste Suchtechnologie für die breite Öffentlichkeit freigeschaltet: Bing soll dem Marktführer Google im Bereich der Online-Suche Marktanteile abjagen und nebenbei natürlich ordentlich Geld in die Kassen des Softwarekonzerns aus Redmond spülen. Microsoft positioniert Bing in der Bewerbung auch weniger als Suchmaschine denn als Entscheidungshilfe. Bing soll den Surfer bei alltäglichen Planungen und Informationen unterstützen, so zum Beispiel beim Einkaufen, bei der Reiseplanung oder beim Thema Gesundheit. Microsoft hat für die Präsentation von Bing rund 100 Millionen US-Dollar investiert und lanciert zur Zeit in den USA die größte Kampagne, die je in eine Suchmaschine investiert wurde. Das scheint sich auszuzahlen: Laut dem Onlinedienst Statcounter erreichte Bing in den USA auf Anhieb 16,28 Prozent und überholte damit Yahoo, dessen Suchmaschine nur noch 10,22 Prozent auf sich vereinigen kann. Ist dies der unaufhaltsame Aufstieg von Bing? Ist Microsoft der ultimative Clou gelungen?
Im Augenblick scheint Bing einen ähnlichen Hype auszulösen, wie es das iPhone von Apple geschafft hat. Kein Wunder, dass nun schon die ersten Analytiker von einem ernst zu nehmenden Konkurrenten sprechen, der das Zeug dazu habe, dem Mitbewerber Google Marktanteile abzunehmen. Doch was ist eigentlich dran an dieser neuen Suchtechnologie von Bing und wieso hält sich Microsoft beim Design und der Kommunikation so sehr im Hintergrund?
Der erste Eindruck
Neue Stellenangebote
Praktikum Social Media (m/w/d) NILO in Meerbusch |
||
Praktikum im Bereich interne Kommunikation und Social Media BOS GmbH & Co. KG in Ostfildern bei Stuttgart |
||
Online-Manager / Onlinemarketing-Manager / Social-Media-Manager (m/w/d) UNIGLAS GmbH & Co. KG in Montabaur |
Um sich einen Eindruck davon zu machen wie die Suchmaschine von Microsoft funktioniert, muss man sich zunächst auf die US-Version begeben. Dies geschieht durch einen Wechsel der Navigation oben rechts von „Deutschland“ auf „USA – Englisch“. In Deutschland ist die neue Technologie nämlich noch nicht angekommen. Hierzulande wurde bislang lediglich ein neues grafisches Gerüst gebastelt – im Hintergrund werkelt jedoch nach wie vor der bisherige (wenig erfolgreiche) Suchableger Live. Ist man mal auf der amerikanischen Plattform gelandet, so fällt einem zunächst auf, dass Bing auf Persönlichkeit und Emotionen setzt. Die Suchseite wirkt weniger aufgeräumt als Google und wirkt dennoch durch die Platzierung von angenehmen Hintergrundbildern sympathisch und warm. Wer die Suche dann auch benutzt, wird öfters ein Deja Vu erleben. Viele Technologien wurden offensichtlich von Mitbewerbern kopiert, so zum Beispiel die Autovervollständigung der Eingabe oder die Werbetexte, die zufälligerweise sogar die gleiche Farbgebung aufweisen, wie beim großen Konkurrenten Google.
Innovation Made in Redmond
Es gibt allerdings auch Dinge, die Bing besser macht. So werden beispielsweise Videos übersichtlich dargestellt und zeigen in einer Vorschaufunktion bereits an, was einem in dem Video erwartet. Doch die wirkliche Stärke liegt woanders. Bei Suchen nach speziellen Begrifflichkeiten werden passende Angebote aufgezeigt, die dem Nutzer helfen sollen, sich zurecht zu finden. Wer nach New York sucht, findet links in der Navigation hilfreiche Tipps wie Karten, Hotels, Reiseinformationen und weitere Hinweise. So kann der Nutzer sich einen ersten Überblick verschaffen und schnell zu den Informationen kommen, die er sucht. Hier geht Bing einen entscheidenden Schritt weiter als Google. Eigene Angebote werden getrennt von den zentralen Suchergebnissen zusätzlich angezeigt. Nutzt ein Besucher nun eines dieser Microsoft-eigenen Angebote, um beispielsweise eine Reise zu buchen, kassiert das Unternehmen dafür eine Provision vom Anbieter. Bing geht also in direkte Konkurrenz zu Anbietern, die im gleichen Bereich arbeiten: Reiseunternehmen, Touristikunternehmen, Hotels und Restaurants.
Die Strategie hinter Bing
Microsoft nutzt die eigene Suchmaschine also nicht nur, um sich einen generell größeren Anteil am Suchmaschinemarkt zu verschaffen, sondern nutzt sie ebenfalls, um Umsätze direkt zu generieren anstatt sie Anderen zu überlassen. Die „Anderen“ sind in diesem Fall genau die Unternehmen, die Microsoft in seiner Standard-Suchliste anzeigt. Letztendlich buhlen also drei Informationsquellen um die Gunst des Nutzers. Mittig die Suchergebnisse aus dem Web, rechts die bezahlten Einträge von Unternehmen und links die Microsoft-eigenen Angebote mit zentralisierten Informationen zum jeweils gesuchten Begriff. Diese Aufbereitung ist ein entscheidender Unterschied zur Suchmaschine Google, die eigene Informationen zwar heute schon in den Suchergebnissen bevorzugt darstellt, jedoch nicht den wirklichen Eindruck erweckt, damit zusätzliche Einnahmen zu generieren – auf Kosten der anderen Angebote im Netz. Bing hat dadurch das Potenzial, Microsoft-eigene Angebote zu stärken und Mitbewerber zu schwächen. Denn im Gegensatz zu den normalen Suchergebnissen und den gekauften Anzeigen ist ein Teil stets hierfür reserviert. Und das bedeutet langfristig natürlich eine Schwächung aller Mitbewerber und eine Stärkung der eigenen Produktpalette.
Die Vorteile für den Nutzer
Für den unbedarften Nutzer, und das ist der Großteil der Bevölkerung, ist dies jedoch ein entscheidender Schritt nach vorne. Ergebnisse werden schnell aufbereitet und auch, wenn in den normalen Suchergebnissen nicht sofort Hilfe in Sicht ist, bieten die gekauften Anzeigen – allen voran die Microsoft-eigenen Inhalte – schnelle Lösungen für das jeweilige Problem. Die Suchmaschine Bing will vor allen Dingen eines sein: Eine schnelle Entscheidungshilfe für die Suche nach alltäglichen Informationen.
Die Gefahren von Bing
Bing zeigt jedoch auch recht schnell auf, wie gefährlich eine solche Technologie sein kann. Microsoft behält die komplette Kontrolle darüber, welche Inhalte angezeigt werden und welche nicht. Das ist bei Google nicht anders doch im Gegensatz zum Marktführer ist bei Bing bereits ein fester Teil für eigene Produkte reserviert, die in Konkurrenz zu allen Unternehmen stehen, die im gleichen Bereich tätig sind. Da durch diese Produkte direkte Umsätze generiert werden, wird die Suchmaschine nach und nach ihre Mitbewerber aus dem Markt drängen wollen und sich langfristig einen eindeutigen Marktvorteil sichern. Kommt euch das bekannt vor? Auch bei Windows ist dieses Vorgehen gang und gebe gewesen: Internet Explorer als Zwangsinstallation, kostenloser integrierter Media-Player und nun, was für ein Zufall aber auch, wird bei Nutzern des Internet Explorer 6 Bing automatisch als präferierter Browser eingestellt und kann auch nicht wieder umgestellt werden. Selbst Nutzer, die Google eingestellt hatten, werden nun gezwungen, Bing zu benutzen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Die Aussichten von Bing
Microsoft hält sich ziemlich zurück was die Benennung in der Suchmaschine Bing angeht. Wenn man sich das Produkt ein wenig näher anschaut, wird einem auch klar, warum das so ist. Das Unternehmen möchte Bing als „neutrale“, bessere Suchmaschine verkaufen, die dem Nutzer dabei hilft, Antworten auf seine Suchanfragen zu finden. Schneller, besser und einfacher als dies mit Google möglich ist. Der erste Eindruck von Bing ist denn auch zufriedenstellend. Etablierte Technologien wurden von Mitbewerbern kopiert und einige eigene Innovationen hinzugefügt. Heraus gekommen ist ein Produkt, welches durchaus als ernst zu nehmender Herausforderer gelten kann. Wer jedoch meint, innerhalb von einer Woche behaupten zu können, dass Microsoft mit ihrer Suchmaschine Bing dauerhaft Erfolg haben könne und sogar schon Yahoo überholt habe tut vor allen Dingen eines: Unseriöse Kommunikation betreiben. Bei einem solch gigantischen Werbevolumen von 100 Millionen Euro ist es kein Wunder, dass sich viele Menschen diese neue Technologie erst einmal anschauen – und sei es nur aus purer Neugier. Doch der wahre Kern liegt woanders: Bleiben die Menschen dabei oder werden sie auch in Zukunft die Suchmaschinen benutzen, denen sie in der Vergangenheit auch schon vertraut haben? Das ist die echte Herausforderung und ob Microsoft dies gelingen wird, wissen wir frühestens in einem halben Jahr, wenn sich der erste Trubel gelegt hat.
Einen Nachtrag möchte ich euch nicht vorenthalten: Eine neutrale Suchmaschine sollte seine direkten Mitbewerber in den Suchergebnissen möglichst nicht anders darstellen, als sich selber. Microsoft sieht das ein wenig anders: Vergleicht einmal die Suche bei Bing nach „microsoft“ und einmal die Suche nach „google“. Ein wenig offensichtlich ist das schon, findet ihr nicht auch?
(Alper Iseri / meetinx.de)