Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich an meine frühe Jugend zurückerinnert werde. Was waren es noch für Zeiten, als ich aus der Schule kam und meine geliebte Mama (fast) jeden zweiten Tag mit einem Brief auf mich wartete. Sie hatte mir wieder geschrieben, meine Brieffreundin aus Chemnitz. Ein tolles Gefühl war das, diese Vorfreude. Noch am selben Tag nahm ich meinen Lamy-Füller in die Hand und warf meine Antwort in den Briefkasten. Schließlich wusste ich, dass in Chemnitz mit ebenso großer Vorfreude auf ein Schreiben von mir gewartet wird.
Schon länger ist davon nichts mehr übrig. Hier und da gibt es noch einen handschriftlichen Brief zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Ansonsten hat sich die gesamte schriftliche Kommunikation auf das Internet verlagert. E-Mail, meinVZ, Facebook und ICQ lassen grüßen. Das ist zwar lange nicht so persönlich, aber es geht viel, viel schneller. Ein Trend, den auch die Deutsche Post zu spüren bekommt. Und sie will gegensteuern. Mit einer Brief-Flatrate.
Heute Morgen berichtet die „WirtschaftsWoche“ von entsprechenden Plänen des Post-Vorstands Jürgen Gerdes. Für etwa 60 Euro im Jahr soll es vielleicht schon 2010 möglich werden, soviele Briefe zu verschicken wie man lustig ist. Das hätte ich zu meiner Schulzeit für die Kommunikation mit meiner Brieffreundin gut gebrauchen können. Für Firmen soll dieser Betrag übrigens nicht gelten. Je nach Briefvolumen sollen sie entsprechend mehr bezahlen. Noch sei zwar alles eine Idee aus „der Entwicklungsküche“, trotzdem ist es durchaus nachvollziehbar, dass eine solche Flatrate kommen könnte. Schließlich geht das Briefvolumen immer mehr zurück. Jahr für Jahr um zwei Prozent, heißt es.
Zweifelsohne würde eine solche Idee den deutschen Postmarkt revolutionieren. Ob ich bei einem solchen Angbot tatsächlich wieder mehr Briefe schreiben würde, möchte ich mal dahingestellt lassen, aber fest steht doch: die Post will frischen Wind in ihr doch recht angestaubtes Image bringen. Und das finde ich gut. Gehen wir davon aus, dass das Porto für einen Brief stabil bleibt, könnte ich für 60 Euro 109 Briefe verschicken. Das würde für etwa zwei Briefe pro Woche reichen. Ich schreibe jetzt nicht soviel, aber ich könnte mir vorstellen, dass es da draußen mit Sicherheit den ein oder anderen Brief-Fan gibt, der sich über ein solches Angebot freuen würde. Warten wir ab, ob die Brief-Flatrate wirklich kommt.
(Hayo Lücke)