Am Wochenende war in Amerika die Hölle los: empörte Briefe, böse Blog-Einträge, öffentliche Proteste, wütende Tweets, Aufrufe zu Petitionen. Grund für den moralischen Aufstand war die Tatsache, dass von einem auf den anderen Moment sämtliche homosexuelle Literatur aus den Rankings und der Suche verschwunden war. Und zwar weltweit.
In einer ersten Stellungnahme stritt Amazon ein vorsätzliches Vorgehen ab und sprach von einer Panne („glitch“) in der Datenbank. „Das ist ein peinlicher und grober Katalogfehler für ein Unternehmen, das stolz darauf ist, eine größtmögliche Auswahl zu bieten“, ließ Amazon mitteilen. Betroffen waren insgesamt 57.310 Bücher und zwar nicht nur aus den Bereichen „Gay & Lesbian“, sondern auch aus der Sexualmedizin und (heterosexuellen) Erotica – kurz: in erster Linie Titel, denen ein vielleicht überbesorgter Online-Buchhändler das Etikett „Erwachsenenliteratur“ aufdrücken würde.
„Der Fehler wurde nicht nur in den USA sondern weltweit festgestellt. Er beeinträchtigte die Darstellung des Verkaufsrangs von Titeln, die zudem nicht mehr in den Ergebnislisten der Amazon-Produktsuche auftauchten“, teilte eine Sprecherin von Amazon Deutschland pressetext mit. Für viele Titel sei der Fehler bereits behoben worden und Amazon sei dabei, den Urzustand auch bei den verbleibenden Titel schnellstmöglich wieder herzustellen. „Darüber hinaus beabsichtigen wir die Einführung neuer Maßnahmen, um derartige Fehler in der Zukunft noch stärker vorzubeugen“, so Höger.
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Damit könnten sich die Gemüter eigentlich wieder beruhigen und die „Zensur!“-Rufe stiller werden. Wenn nun nicht im Gegenzug eine neue Stimme laut geworden wäre, die für Irritierung sorgt: Ein Blogger, der sich selbst als schwulenhassender Junky bezeichnet, will mit „zehn Zeilen Code“ für das Amazon-Chaos verantwortlich gewesen sein – weil sich Schwule über seine Werbung beschwert hätten. Amazon stellt ihn ins Abseits und nimmt weiterhin alle Schuld auf sich: es sei ein Datenbankfehler und kein Hack gewesen.
Was nun? Ich finde beide Szenarien nicht gerade beruhigend: Entweder Amazon nimmt derzeit eine Klassifizierung von Ü18-Literatur vor, zu der vorsichtshalber auch Bücher mit homosexuellen Inhalten gezählt werden. Oder zehn Zeilen Code reichen aus, um die Bestsellerlisten nach eigenem Belieben umzustellen.
(André Vatter)