Das Interview habe ich mit Peter Turi, dem Macher von turi2 per Mail geführt. Was ist turi2? Ein Blog? Das auch. Ein Informationsmedium für Medienmacher? Das auch. Was auch immer es ist und wie man es definiert, es läuft und platziert sich immer besser, wenn ich das von außen beurteilen müsste. Grund genug, Peter dazu zu befragen, wie es mit turi2 angefangen hat, warum er das aufgezogen hat und wo es sich hin entwickelt hat, aber auch wohin es sich weiter entwickeln wird.
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Peter (-> Foto), was ist es, das Dich als Macher von Turi2 antreibt? Warum machst Du das?
Mich treibt die Unfähigkeit, die Hände in den Schoß zu legen, und die Freude daran, dass Ideen Wirklichkeit werden. Wenn Du jetzt fragst, ob es dabei nicht auch um Geld, Macht, Ruhm und guten Sex geht, werde ich das pflichtschuldigst verneinen. 😉
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Wenn Du die Augen zumachst und Dir das Ziel am Ende des Tunnels vorstellst, wie sähe das aus?
Mein größtes Ziel ist es, keine Ziele zu haben. Am Ende des Wegs steht für uns Menschen immer das große Loslassen – der Tod. Auf dem Weg dorthin über ich mich täglich im Loslassen: Chancen, die sich aufdrängen, nicht ergreifen. Pläne, die zwingend erscheinen, canceln. Geld, das lockt, liegen lassen. Erst das gibt mir die Energie, jeden Tag aufs Neue das zu tun, worauf ich Lust habe. Im Moment ist das eindeutig, mit turi2 zu beweisen, dass Graswurzel Big Business schlägt.
Was meinst Du damit?
Ich bin geprägt vom Geist der siebziger Jahre: Der Glaube an alternative, herrschaftsfreie Strukturen, an selbstbestimmte, nicht-entfremdete Arbeit hat mich nie verlassen. Ich habe Zeit meines Lebens keine einzige Festanstellung angenommen, sondern immer versucht, alternative Strukturen oder Projekte aufzubauen. Angefangen habe ich vor fast 30 Jahren mit einer „Alternativzeitung“, dem „Walldorfer Rundschlag“. Wir waren ein Zeitungs-Kollektiv und haben der Honoratioren-Presse vor Ort Feuer unterm Arsch gemacht – oder es zumindest versucht. Wir träumten von selbstbestimmter, hierarchiefreier, nicht-entfremdeter Arbeit, von einer Alternative zu Lokalfilz und Big Business. Jetzt, ein Vierteljahrhundert später, ist es soweit: Das Internet gibt mir die Mittel in die Hand, eine „Alternativzeitung“ aufzubauen, einen Verlag nach meinen Vorstellungen. Ich bin gewillt, diese Chance zu nutzen. turi2 ist nur der Anfang.
turi2 ist mitnichten das, was ich vor rund zweieinhalb Jahren erstmals entdeckt hatte. Das hat sich bis heute ziemlich heftig gewandelt.
Hoffentlich. Ich will jedem Tag meines Lebens die Chance geben, mich ein kleines Stück schlauer zu machen. Wenn es eine Gewissheit gibt in Zeiten von Web 2.0 dann, die dass es keine Gewissheiten gibt. Es gab und gibt keinen Masterplan für turi2 – der Erfolg liegt allein darin begründet, dass ich, ausgestattet mit dem notwendige Ehrgeiz und einer hinreichenden Portion Branchenwissen einfach angefangen habe und dann total offen war für das Feedback der Leser. Web 2.0 heißt für mich: Heute machen, morgen besser machen! Und dazwischen die Ohrwatscheln ganz weit aufstellen für das Feedback der Nutzer,
Was machst Du heute anders als am Anfang?
Fast alles. Zum Beispiel versuche ich, mir die drei großen M des Bloggens abzugewöhnen: Motzen, Moralisieren und Missionieren – das bringt kurzfristig Beifall und langfristig den Tod. Der unausgesetzte Versuch, Recht zu haben, ermüdet jeden vernünftigen Menschen. Sich selbst als schlauer, als besser wissend darzustellen, anderen seine Fehler aufs Brot zu schmieren – damit kann kein erwachsener Mensch ernsthaft seine Tage verbringen.
Was machst Du noch anders als am Anfang?
Ich versuche, möglichst wenige Worte zu machen. Die Texte auf turi2 sollen so kurz, lakonisch und zurückgenommen sein wie nur irgendwie möglich. Große Worte mache ich nur, wenn ich ausdrücklich gefragt werde, z.B. von Dir. 😉
Wie war das zu Beginn?
Anfangs habe ich eindeutig zu viele Worte macht, typischer Anfängerfehler. Ich dachte, das Schöne und Neue am Bloggen ist das Diskutieren. Heute weiß ich: Das Schöne und Neue an der Web-2.0-Welt, der ich mich verbunden fühle – was sich auch in der 2 in turi2 dokumentiert -, ist die Chance, bessere „Zeitungen“ zu machen. Jeder kann Verleger werden, seinen Traum von besseren Medien und selbstbestimmtem Arbeiten wahr werden lassen. Er muss nur bereit sein, dafür verdammt hart zu arbeiten.
Wo waren die Meilensteine?
Es gab drei: Der erste war im Sommer 2006. Da hatte ich als Motzblogger erstmals 1.000 Nutzer auf meiner Seite – und wusste, dass ich so nicht weitermachen wollte. Der zweite war irgendwann im Frühjahr, als ich nach neun Monaten als zweimal-täglicher Branchendienst 10.000 Abonnenten beisammen hatte. Der dritte war gerade jetzt, als ich festgestellt habe, dass turi2 als relativ kleiner, aber feiner Dienst 2008 mehr Umsatz geschrieben hat als Sascha Lobos gesamtes Blog-Netzwerk Adnation mit über einem Dutzend Blogs. Was es für Blogs in Deutschland bedeutet, dass ein Spätstarter in so kurzer Zeit der kommerziell erfolgreichste und inhaltlich einflussreichste geworden ist, darüber müssten sich andere Gedanken machen. Zum Beispiel Du, lieber Robert.
Peter, nun erklär uns doch zunächst, was Du mit in „so kurzer Zeit erfolgreichster“ meinst? Gibt es dazu Zahlen, die Du angeben möchtest? Und egal ob ja oder nein, denkst Du, dass diejenigen Blogger, die gerne kommerziell erfolgreich sein würden, es bisher in der Breite gesehen nicht so gut gemacht haben und woran lag es?
turi2 hat 2008 netto Werbung im Wert von knapp 275.000 Euro geschrieben. Das ernährte 4 Redakteure voll und einige halb. Außerdem blieb noch genug Geld übrig, um drei vollstaendige TV-Equipments mit Kamera, Ton, Licht und Schnittcomputer zu kaufen.
Ich kann nur für uns antworten: Wir haben uns den Arsch aufgerissen, um voranzukommen. Und wir sind vorangekommen. Wir vergleichen uns ubrigens nicht mit Bloggern, sondern mit anderen Verlagen. Und es kann ich nur sagen: Wer zweinullig denkt und arbeitet, ist klassischen Verlagen in vielen überlegen. Die meisten Fachverlage bekommen beispielsweise Tränen in den Augen, wenn sie erfahren, dass unsere hoch überlegene Publishing-Basis blog.de uns im Monat 4 Euro kostet.
Abschließende Frage. Wie geht es mit turi2 weiter? Was dürfen wir 2009 von Euch an Neuigkeiten sehen, was das Paket turi2 angeht?
Auf keinen Fall wollen wir das Blog auf Ebay oder sonstwo verkaufen. Wir sind gekommen, um zu bleiben. turi2 ist nur der Anfang. Wir wollen einen Verlag aufbauen, der das Beste aus den Medien 1.0 und dem Web 2.0 zusammenbringt. Mehr Branchenfernsehen, mehr Background und mehr Community auf turi2. Dazu eine professionellere Vermarktung und ein höherer News-Takt. Mit unseren neuen Korrespondenten in den USA und Asien und mittlerweile 10 Mitarbeitern wird es nicht mehr heißen: turi2, der Dienst, der früher aufsteht, sondern turi2, der Dienst, der niemals schläft.
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Early warning an die Turi-Hater: Kommentiert human, Dummgebabbel-Bemerkungen werden gelöscht. Bin eh nicht mehr online gleich, Kommentare werden sowieso erst später freigeschaltet, sollten welche in der Moderationsschleife hängen.