Liveshopping-Dienste gibt es in Deutschland zu Genüge mittlerweile, nachdem sich das Woot-Konzept (es wird leidglich ein Produkt an einem Tag angeboten) auch hierzulande herumgesprochen hat, wie man eCommerce noch aufziehen kann. Woot betreibt das mit einem exorbitanten Erfolg in den USA und ist auch weltweit unangefochten der Vorreiter. Und wie schaut es hier aus? Wer nicht zufällig Exciting Commerce verfolgt, wird die Namen nicht kennen: Guut, Schutzgeld, Preisbock, ibood, niboki, a better tomorrow, usw…
Da ich noch am ehesten Kontakte zu Preisbock habe (siehe Banner rechts) und auch bereits zum Barcamp Jena damals bei denen vor Ort war, liegt es nahe, sich diesen Anbieter exemplarisch zu schnappen und zu befragen, wie es denn nun damit läuft. Möglicherweise werde ich das auch noch mit Schutzgeld und Guut ebenfalls machen, da diese drei die führenden Anbieter in D sein sollen. Lets go:
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1. Christian, zunächst einmal eine kleiner Schnelleinstieg: Wer bist Du, für welche Firma arbeitest Du -Ihr sitzt sicher nicht zufällig im Intershop-Tower in Jena- und was macht Eure Firma?
Also ich bin Christian Grötsch, 28 Jahre, Wirtschaftsingenieur und seit etwas mehr als 2 Jahren Chef der Firma dotSource, die in dieser Zeit von 1 auf heute 30 Mitarbeiter gewachsen ist. Wir drei Gründer sitzen als Ex-Intershopper natürlich einerseits aus nostalgischen Gründen, aber andererseits auch aus geschäftlichen Gründen hier im Turm. Vermutlich gibt es hier im Turm deutschlandweit die größte Ansammlung von Internetspezialisten auf der kleinsten Grundfläche. Wir haben hier enorm viele Software und Internetfirmen, die kurzen Wege erleichtern den Wissensaustausch dabei. Inoffiziell sitzen wir natürlich wegen der schönen Aussicht im Turm.
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Die dotSource macht einerseits Webentwicklung in großen komplexen E-Commerce-Projekten für Kunden wie Intershop, T-Systems Multimediasolutions und die Deutsche Post. Dieses machen wir sowohl extern vor Ort beim Kunden als auch hier bei uns im Turm. Des Weiteren machen wir natürlich auch alles drumherum, also Webkonzeption, Online-Marketing und Usabilityoptimierung. Wir sind eine Internet-Agentur für große E-Commerce und Social-Commerce Projekte. Vor rund einem Jahr haben wir die Idee für Preisbock und Newskraft gehabt und beide gleichzeitig voran getrieben. Seit Januar sind Preisbock.de und Newskraft.de zwei eigenständige Firmen, die sich zu unserer großen Freude auch sehr positiv entwickeln.
2. Wenn ich es richtig verstanden habe, seid ihr Intershop-Kinder sozusagen. Möchtest Du uns Deine Erlebnisse mit der Intershop-Story schildern, insoweit Du das von den New Economy Zeiten aus überblicken kannst oder lassen wir das Thema auf sich beruhen?
Gern erzähle ich Dir einige positive und negative Erlebnisse. Bevor wir drei (Christian Malik, Carsten Gwosdz und ich) zu Intershop gekommen sind, haben wir das Onlineauktionshaus www.auxion.de entwicklungsseitig vorangetrieben, welches ja in Deutschland, Spanien, Portugal und Südafrika (www.auxion.co.za ) online war bzw. ist. Deshalb waren wir das Arbeiten in einem Startup schon gewohnt. Als wir dann im Herbst 2000 zu Intershop kamen, platzte nahezu zeitgleich die New-Economy Blase und in den Jahren darauf folgten diverse Kündigungswellen. Rückblickend können wir für uns sagen, das wir sehr viel bei Intershop gelernt und der Firma sehr viel zu verdanken haben, einerseits lernten wir professionelles Arbeiten in großen Entwicklungsteams und andererseits viel über Vermarktung und Betrieb großer Softwaresysteme. Ich für meinen Teil habe auch gelernt, wie man unglaublich viel Geld zum Fenster rauswerfen kann und wie bestimmte Personen über Jahre hinweg Mißmanagement betrieben haben. Also ich habe gesehen, wie man es nicht macht. Glücklicherweise geht es Intershop seit etwa einem Jahr wieder sehr gut und ich denke, dass die Firma durch viele interne Verbesserungen nun endlich über den Berg ist. Heute zählt Intershop zu den wichtigsten Kunden meiner Agentur und wir sind natürlich intensiv miteinander vernetzt. Ohne Intershop wäre Preisbock, Handelskraft, Newskraft und dotSource nie Wirklichkeit geworden.
3. Nun zu Preisbock, erklär uns kurz und knackig, was das sein soll und seit wann es das gibt?
Preisbock ist nach neuesten Alexa Zahlen Deutschlands führender Liveshoppinganbieter. Bei Preisbock bietet seinen Fans seit Sommer 2007 jeden Tag ein günstiges Produkt an.
4. Ist es nicht irgendwie merkwürdig, dass ein Firma, die eigentlich Software für Händler anbietet, auf einmal nun auch auf der Händlerseite steht? Wie kamt Ihr auf diese Idee? Ist ja nicht gerade so, dass einem das Handelsblut in die Wiege gelegt wird, wie schwer ist es gewesen und ist es immer noch, sich dahingehend Know How aufzubauen? Und kann es sein, dass Ihr ingesamt davon profitiert, Eure Handelskunden besser zu verstehen? Gibt es also sozusagen Crossover Effekte, die auf Dotsource positiv abstrahlen?
Am Anfang stand die Idee, einen woot.com Clone zu bauen. Das haben wir getan, da wir unsere geschäftliche Basis erweitern wollten, um so unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen zu sein. Alle haben ja im Moment Angst, dass sich 2000 wiederholt. E-Commerce Know-How gibt es an dem Ort, in dem weltweit der erste Onlineshop programmiert wurde, natürlich reichlich. Wir profitieren im Moment sehr von mehreren Firmen hier im Turm, die Mitarbeiter beschäftigen, die jahrelang im Versandhandel tätig waren. Die Firma Alea – die ein Warenwirtschaftssystem für die größten deutschen Versandhändler entwickelt – ist ein gutes Beispiel dafür. Lehrgeld bezahlt man natürlich immer, bisher klappts aber ganz gut. Mittlerweile gibt es recht starke Synergieeffekte in allen Bereichen, das geht von der Entwicklung über Online-Marketing bis zum Vertrieb. In der Tat profitiert unsere Agentur derzeit sehr stark vom Bock.
5. Eine Firma zu betreiben, ist schon schwer genug. Eine zweite Firma im ähnlichen Segment doppelt so hart. Aber zwei Firmen, die sich in unterschiedlichen Segmenten tummeln (Softwareanbieter und ECommerce), muss vierfach so schwer sein. Gelingt die Grätsche wirklich? Wer zuviel macht, läuft doch Gefahr, sich zu verzetteln, oder?
Ich muss sagen, dass ich derzeit wirklich bei 150% Last arbeite und hin und wieder recht viel liegen bleibt. In unserem Fall sind es ja sogar drei Firmen, die wir parallel hochzimmern, allerdings sind wir zum Glück drei Gründer und können unsere Kraft auf jeweils eine Firma konzentrieren. Glücklicherweise ist unsere Agentur bereits in einer sehr stabilen Situation mit langlaufenden Großaufträgen, so dass alles im Moment noch ganz gut funktioniert. Die Ausgründung von Preisbock und Newskraft war ein erster Schritt, die Abhängigkeiten und die Verzettelungsgefahr zu reduzieren
6. Preisbock tummelt sich zusammen mit knapp einem dutzend Anbietern auf dem deutschen Markt, die man auch als Liveshopping-Firmen bezeichnet. Ich kann mich erinnern, dass der Vater der Idee – das US-Unternehmen Woot.com – bereits vor zwei Jahren erstmalig in Deutschland konzeptionell kopiert und umgesetzt wurde. Das lief aber nicht so toll damals. Nun auf einmal, anno 2008, scheint es bei allen Liveshopping-Anbietern besser zu laufen. Wie erklärst Du Dir diesen Zeitverzug? Denn, die Kunden ticken doch nicht auf einmal anders?
Naja ich denke die Medienaufmerksamkeit und auch Du haben der Idee zum Durchbruch verholfen, aber wirklich bewiesen, dass man dieses Konzept in Deutschland profitabel betreiben kann, ist es noch nicht.
7. Wie siehst Du die Zukunftsaussichten für „One Day- One Product“ generell und speziell für Preisbock? Wo geht es hin mit Euch? Ist das gar immer noch ein Experiment, das den Point of No Return noch nicht erreich hat? Oder wird das ein geschäftliches Standbein für Euch, das Ihr unbedingt etablieren möchtet? Kannst Du uns eine Einschätzung geben, wie zufrieden Ihr bisher mit Eurem Ansatz seid?
Wir sind im Moment sehr zufrieden, es mit wenig Budget bis auf Platz 2 in Deutschland geschafft zu haben. Preisbock ist – nachdem Karsten Schneider (adicash.de), Lukasz Gadowski und Oliver Jung an Bord sind – kein Experiment mehr. Wir optimieren unseren Ansatz auch kontinuierlich und die nächsten Monate werden zeigen, ob wir gut genug sind. Wir haben, wie jeder andere Unternehmer, natürlich auch Angst zu scheitern. Im Moment sind wir zuversichtlich, dass wir es schaffen.
8. Ein Vergleich mit der Konkurrenz sei außer Konkurrenz erlaubt;) Woot.com ist wie gesagt der Vater der Idee. Und für meinen Geschmack machen die das exzellent. Simple und schnelle Bestellmöglichkeit, knallige Preise, hervorragende Variation der Produkte, fantastische Kundenansprache, Förderung der Community-Kreativität, ein brummendes Forum und mittlerweile hat Woot gar spezielle Angebote für Wein und TShirts. Woots Geschäftszahlen sind schwindelerregend. Neidisch wie auch bewundernd darf man gerne sein, aber inwiefern lernt Ihr noch von Woot oder geht Ihr eigene Wege? So ist es ja schwer möglich, Woots Story zu kopieren, die einen sehr eigenen Weg gegangen sind. Schwer vorstellbar, dass man wie Woot die deutschen Kunden genauso anspricht, die ja eher konservativ angehaucht sind, oder? Sprich, denkst Du, dass Preisbock ein wiedererkannbares Gesicht bereits hat oder sich noch profilieren muss? Wo werdet Ihr die Hebel ansetzen? Wo habt Ihr sie angesetzt? Auf welche Wege setzt Preisbock, um sich weiter bekannt zu machen? Wird es das Knallerprodukt sein, das Knallerpricing, exzellentes Communitymanagement, die Produktvariation, Marketing, Affiliate? Wie wollt Ihr noch bekannter und größer werden? Welche Ansätze werden wir künftig umgesetzt sehen und was kann man erwarten?
Also im Moment setzen wir auf alle von Dir genannten Punkte. Ende April werden wir den Preisbock auch relaunchen, um bestimmte Nachteile unseres Konzeptes auszugleichen. Unsere gesamte Aufmerksamkeit konzentriert sich im Moment auf Knallerprodukte und Communityaufbau. Mehr möchte ich dazu im Moment nicht verraten.
9. Noch eine Frage zur Größe: Ist es nicht so, dass der führende Liveshopping-Anbieter den anderen unweigerlich davonläuft, da economies of scales vorliegen? Wer mehr umsetzt, bekommt bessere Einkaufskonditionen, gesamtheitlich spannendere Angebote, kann damit bessere Preise aber auch Produkte anbieten (say Wal Mart & Aldi & Lidl, was diese Mengenproblematik angeht). Oder verhält sich das Segment anders?
Das verhält sich in diesem Segment genauso, allerdings ist es im Moment so, dass es noch kein Anbieter geschafft hat, sich von den anderen abzusetzen. Dadurch bleibt es nach wie vor spannend, wer das Rennen macht. Es könnte auch sein, dass ein bisher noch völlig unbekannter Anbieter vieles Besser macht und gewinnt.
10. Vorletzte Frage: Könnt Ihr mittlerweile besser einschätzen, wie ein Produkt laufen wird? Oder ist das immer noch ein Glücksspiel? Sind die Lieferanten dann sauer, wenn es mal so nicht geklappt hat?
Na ja, wir sind immer noch nahezu täglich überrascht, was gut läuft. Die größte Überraschung war sicherlich der Klitschko-Edition Boxsack und eine Wasserkaraffe, aber wir werden auch besser und die Community sagt uns ja zum Glück, was sie gern auf dem Bock sehen würde. Händler kennen das Geschäft und sind selten sauer, da unsere Vergütung ja provisionsbasiert erfolgt. Etwa 50% unserer Produkte handeln wir mittlerweile selbst und möchten diesen Mix auch beibehalten.
11. Letzte Frage: Wo sind noch Punkte, die Du gerne ansprechen möchtest, auf die ich nicht oder zu wenig eingegangen bin?
Ich denke, Deine Fragen haben vielfach ins Schwarze getroffen und die wesentlichen Herausforderungen benannt, denen wir uns im Moment stellen müssen. Ich danke Dir auch im Namen des Preisbock-Teams für die Gelegenheit, mit diesem Interview auf deinem Blog zu erscheinen.
Abschließend ein Foto von den drei „Landratten“:
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Wenns klappt, gibts die nächsten Tage einen Einblick in Sharewise, das heute angesprochene Finanzportal. Und Sevenload ist demnächst auch bald dran, nachdem sich die Lage so langsam beruhigt. Auf der Liste stehen ebenfalls StudiVZ, Wer Kennt Wen, Netzathleten, Xing, Qype und Dodo, ein ganz junges Reiseportal. Na ja, langweilig wirds mir nicht:)