Was StudiVZ, Lokalisten & Co. vorgemacht haben, fällt Radiosendern noch schwer: Der Aufbau erfolgreicher Onlinecommunities. Gerade mal jeder zehnte deutsche Sender bereichert seine Website um eine Community – sei es mit selbstentwickelten Plattformen oder in Kooperation mit bestehenden Communities wie spin.de oder waslos.de.
Doch die Mitgliederzahlen nehmen sich bislang bescheiden aus. Mit rund 130.000 registrierten Teilnehmern darf sich R.SH hierzulande als größte Community bezeichnen, auf Platz 2 folgt Antenne Bayern mit 105.000 Nutzern. Da viele Sender ihre Mitgliederzahlen jedoch nicht veröffentlichen, und zudem von vielen inaktiven „Karteileichen“ auszugehen ist, können die Zahlen lediglich als Trend verstanden werden.
Während etablierte Medienunternehmen immer stärker ins „Web 2.0“ und Social Networks investieren, halten sich die Hörfunkveranstalter auffallend zurück. Ein Grund dafür sind möglicherweise die bislang mäßigen Erfolge von Vorreitern wie Antenne West und RPR1. Mit ihren Communities friendel.com bzw. myinsider.de, die hinsichtlich Features, Design und Nutzerführung als Social Networks durchgehen, wollten sie White-Label-Plattformen schaffen. Diese sollten an andere Medienunternehmen lizenziert werden, um so die Entwicklungskosten zu refinanzieren. Der Erfolg blieb bisher aus: Die Mitgliederzahlen liegen zwischen 10.000 – 30.000, und Lizenzpartner wurden ebenfalls nicht gewonnen.
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Daher ist es verständlich, wenn Radiosender ihre Onlineauftritte mit Livestream, Webcam und Musikwunsch-Formularen bereits als „interaktiv“ genug ansehen und vor höheren Investitionen zurückschrecken. Doch gerade Communities tragen zur Hörerbindung bei, da sie einen Anreiz zur täglichen Wiederkehr auf die Senderwebsite bieten und die Nutzer zudem ihre Freunde, Verwandten und Bekannten in die Community einladen. Gegenüber deutschlandweit agierenden Social Networks haben Radiocommunities zudem einen Heimvorteil, da sie nur die Menschen eines Bundeslandes vernetzen. Radio Salü, RPR1 und Einslive nutzen dies geschickt und haben ihre Communities auf regionale Flirts & Bekanntschaften ausgerichtet.
Bei der Vermarktung ihrer Communities tun sich die Radiosender ebenso schwer wie die großen Flagschiffe à la StudiVZ. Da Werbetreibende lieber „sichere“ Umfelder mit redaktionellen Inhalten buchen statt Bannerplätze im Umfeld von Foren und Chats zu belegen, können auf diesem Wege kaum Erlöse erzielt werden.
Die Monetarisierung von Nutzerdaten beherrschen die meisten Radiosender jedoch sehr gut. Schon beim Registrierungsprozess fragen sie oft detaillierte persönliche Daten ab. Und dass, obwohl laut Datenschutzgesetz lediglich solche Daten erhoben werden dürfen, die für den Betrieb einer Community zwingend erforderlich sind. Ob die vollständige Postanschrift, das Geburtsdatum und die Handynummer dazugehören, darf zumindest bezweifelt werden. Die Hamburger RBC GmbH fungiert als Adresspool zahlreicher deutscher Radiosender und vermarktet die z.B. von Onlinecommunities generierten Adressen an Dritte.
Einen anderen Weg geht Antenne Bayern. Dem Sender gelingt es im großen Stil, seine Hörer zu kostenpflichtigen Premiummitgliedschaften zu bewegen. Regelmäßig sind mehr als 50% der Clubmitglieder von Antenne Bayern als Premiummitglieder in der Community unterwegs – zu erkennen an ihrem goldenen Schildchen „echtes Mitglied“. Zwischen € 2,50 und € 5 im Monat (je nach Laufzeit) ist den Bayern der erweiterte Funktionsumfang ihrer Radiocommunity wert. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass wichtige Funktionen wie das Schließen virtueller Freundschaften oder das Verschicken von Nachrichten zwischen Mitgliedern ohne Premiummitgliedschaft gar nicht möglich ist. In anderen Social Networks gehören solche Funktionen hingegen zum kostenlosen Standard.
Das Wagnis von Antenne Bayern, Kernfunktionen der Community kostenpflichtig anzubieten, dürfte sich dennoch gelohnt zu haben: Bei vorsichtig geschätzten 5% Premiummitgliedschaften von 100.000 Nutzern, die im Durchschnitt € 3 pro Monat zahlen, ergibt sich ein Monatsumsatz von € 15.000. Je nach Bezahlvariante (Click&Buy, Premium-SMS oder 0900-Hotline) sind davon allerdings Provisionen von 30-50% an den Zahlungsanbieter abzuziehen.
Welche Vermarktungsstrategie für eine Radiocommunity am vorteilhaftesten ist, hängt letztendlich auch davon ab, mit welcher Intensität sie betreut werden kann. Premiummitgliedschaften erfordern z.B. einen sehr viel höheren Supportaufwand als die Vermarktung von Bannerplätzen oder Adressdaten. Was der reine Vergleich von Kosten und Erlösen jedoch nicht berücksichtigt, ist die Wirkung der Community hinsichtlich Hörerbindung und –neugewinnung. Denn die macht sich auch nach Jahren noch bezahlt.
- Mehr Details zu 25 Onlinecommunities deutscher Radiosender habe ich auf meiner Website veröffentlicht.