eigentlich ist es nur ein Relaunch einer Regionalseite im Internet (unter einem neuen Label namens „Der Westen„), die einer der größten Zeitungen Deutschlands gehört (WAZ). Groß jucken würde das außerhalb der Medienszene wohl kaum jemanden, wenn da nicht zwei zusätzlichen Elemente hinzukämen. Einerseits zeichnet Lyssa dafür mit verantwortlich, die als Bloggerin in der Blog-Szene bekannt war und andererseits versucht die WAZ mit dem Relaunch dem Auftritt etwas mehr modernes Netzfeeling mit Hilfe von bestimmten Web 2.0-Gimmicks einzuhauchen, also ein Versuch, den moderneren User für die Seiten zu interessieren. Die bisherigen Auftritte der WAZ scheinen nicht so wirklich Massen angelockt zu haben. Zudem seien 50% der Onlinenutzer auch Abonnenten der WAZ, den Anteil möchte man gerne senken, also mehr WAZ-Fremde anlocken, sprich neue Leserkreise erschließen.
Siehe dazu erste Meinungen:
– Pottblog: DerWesten.de – Internet-Portal der WAZ-Mediengruppe gestartet
blog.50hz.de: Dem Westen schon mal auf den Zahn gefühlt
– Turi2: WAZ, DerWesten, Borchert
– Spon: Ganz, ganz tief im Westen
– Wissenswerkstatt: Was länge währt“¦ » Die WAZ geht mit „Der Westen“? an den Start
– Onlinejournalismus: Der Westen ist, endlich, live
– FAZ-Interview mit Lyssa („Wir mussten etwas tun“)
Ingesamt gefällt es anscheinend, was man aus den Beiträgen so entnehmen kann. Was ich mir bisher so angeschaut habe, kommt halt brav daher, bisserl moderner durch Zutaten wie Geomapping, Kommentierung, Tagging, Blogging, Community-Profile etcpp. Ist aber schwer für mich, einen Vergleich zu vorher zu ziehen. Kenne das Vorher eben nicht. Aber ich tippe, dass dies jetzt ein „kleiner“ Quantensprung für die WAZ ist, nicht nur äußerlich, sonder auch gerade wegen den internen Anpassungsmaßnahmen, die rund 800 Redakteure ins Boot zu hieven (an der Stelle würde mich es brenned, wie nun die Verteilung der Prozesskosten aussieht, aber auch die Änderung der Produktivität). Und auch mit Sicherheit eines der modernsten Auftritte der großen Verlage da draußen.
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Aber die richtigen Knaller fehlen mir. Die Gelegenheit schlechthin, etwas Craigslist-artiges auf die Beine zu stellen, hat man sich wohl nicht getraut, um nicht den bisherigen Kleinanzeigeangeboten hausintern Konkurrenz zu machen. Schad, das Prinzip Craigslist, davon bin ich überzeugt, funktioniert immer und wäre der regional ausgerichteten Seite wunderbar zu Gesicht gestanden. Und das ist noch nicht mal bleeding-edge, habe selten sowas stinkeeinfaches wie Craigslist zu Gesicht bekommen. Kaum Eintritts- wie auch Nutzungshürden. Und brutal lokalisierbar. Was man ebenfalls verpasst hat, ist ein Twitter-Tool, das es den Nutzern erlaubt, sich übergreifend und auch lokal unmittelbar untereinander auszutauschen. Links und Verweise zu setzen. Sich gegenseitig über Lokales zu informieren. Der Plattform gefühltes, regionales Leben einzuhauchen. Wenn man Twitter ein ortsbezogenes Element verpasst, würde ich im Rhein-Main Gebiet umgehend mitmachen, gäbe es denn sowas. Und dazu brauche ich keine SMS-Elemente. Onsite! Und Bedenken, dass Twitter zu webzwonullig ist, sind Schmarrn. Wir nutzen seit jeher IMs/IRC-Systeme. Neben Mailing wohl das etablierteste Austauschmedium schlechthin. Ich habe mir genügend über Twitter und dessen klitzekleinen Besonderheiten den Mund fuselig geredet. Werde das nicht nochmals wiederholen.
Und Visuelles? Sprich Bilder mit Regionalbezug? Da wird WAZ nochmals kräftig nachschießen müssen, die Bilderfunktionen sind kümmerlich, eine wohl absichtliche Verweigerung gegenüber den Möglichkeiten. Siehe hierzu lediglich die neuen Flickr-Features, was im Regionalen möglich und machbar ist. Ohne den User überanstrengen zu müssen. Und hey, 800 WAZ-Lokalredakteure? Die da mitmachen sollen? Die alleine können bereits den Tipping Point ganz weit nach links schieben, damit andere auch Lust haben mitzumachen.
Wie schaut es mit Offline-Möglichkeiten aus? Wird man ähnlich wie die New York Times einen Offlinereader anbieten (ein wegweisendes Projekt imho, auch was die Konnektivität zwischen Browser und Desktop angeht, hier tut sich bei Mozilla Einiges in Zukunft)? Ob auf Basis von Silverlight oder Flash? Das hätte das Projekt mit Sicherheit gesprengt, aber auch Der Westen wird daran nicht vorbeikommen, die User werden nicht bei der heutigen technischen Nutzung stehenbleiben.
Den Innovationspreis der Konservativen wird die WAZ sicherlich gewinnen. Den Innovationspreis im Netz mit Sicherheit nicht. Schade, wäre doch eine Ehe der Moderne mit dem Altertum oW problemlos möglich und machbar, wir reden ja nicht von Rocket Science oder das Der Westen zu einem Social Network entartet, statt das zu sein, was es ist, eine lokale Nachrichtenseite. So ist man lediglich auf halbem Wege stehengeblieben. Nicht Fisch nicht Fleisch. Langweilig modern. Bisserl stromlinienförmiger. Also, schauen wir mal, ob man damit nur gut oder richtig, richtig gut fahren wird. Ich tippe, dass man das Ziel, den bisherigen Leserkreis zu vergrößern, mit dem jetzigen Auftritt nicht wirklich schaffen wird. Es ist trotz allem -eben den o.g. Punkten wie Geomappping, Blogging, Tagging- ein 08/15 Auftritt einer regionalen Webseite, die ihren eigentlichen Anziehungspunkten noch Gesicht verleihen muss, bevor das wirklich klappt. Denn jeder einzelne Hauptnavigationspunkt kommt recht gesichtlos daher, irgendwie fehlt mir das Gefühl. So reicht es eben nicht, einen Anlaufpunkt namens „Video“ zu haben. Es ist die Kultur, die eine Seite ausmacht, das gefühlte Gefühl:) Und das ist irgendwie nicht stimmig, ich kanns nur nicht in Worte kleiden. Und das wird dann besonders wichtig, wenn man mit den Nutzern auch interagieren möchte bzw. den Nutzern eigene Interaktionspunkte anbietet. Um die zu nutzen, muss ich mich wie zu Hause fühlen. Heimelig. Oder eben als Gast in einem guten, coolen, gemütlichen Schuppen. Wo man gerne miteinander quatscht und seinen Cafe trinkt. Na, ich glaube, die WAZ muss da nochmal Künstler dranlassen, die „Der Westen“ gefühltes Leben einhauchen. Die ein Gefühl für die Zusammensetzung und Interkonnektivität von Funktionen haben, damit das alles ein anfassbares, wiedererkannbares Profil bekommt. Die alles entscheidende Frage dabei ist, die mir nicht klar ist: will Der Westen nun mehr Mitlesen und Mitmachen oder mehr Mitlesen mit bisserl Mitmachen der Stickyness wegen sein?