Sonstiges

Gründerwellen und Timing

Andreas hat sich im Rahmen seiner Master Thesis The Emerging Market for Web-based Enterprise Software mit Gründungswellen von Internetunternehmen beschäftigt, Unternehmensgründungen: Timing ist entscheidend. Und stellt eine interessante, aber kaum überraschende Häufung anno 1999 und 2005 fest:
Gründungswellen

Häufig wird ein Faktor übersehen, der schwer zu greifen und zu beeinflussen ist, aber einen ganz entscheidenden Einfluss auf Überleben und Erfolg einer neuen Firma hat: Das richtige Timing. Spezifisch: Der Zeitpunkt, an dem eine Firma in den Markt eintritt. Man beobachtet in vielen (Technologie-)Märkten, dass die erfolgreichen Firmen alle in einem Zeitfenster von 2-3 Jahren entstanden sind.

Und er begründet die Wichtigkeit des Timings mit vier Ursachen: Konjunkturzyklen, Investitionsbereitschaft, Konkurrenz und Adaption.

Dennoch erklärt das nicht, warum ausgrechnet zwischen 2001-2004 alle bekannten, als Web 2.0 bezeichneten Unternehmen gegründet wurden, die in ihrer jeweiligen Klasse die Vorlage für viele Nachahmer spielten: Wikipedia (2001), Digg (11/2004), Del.Icio.Us (09/2003), Bloglines (30.06.03, Mark Fletchers Startposting, wie süß), Technorati (07/03), Woot (07/2004), Flickr (02/2004), Friendster (03/02), Etsy (06/05), YouTube (02/05). Manche davon sind noch immer die unangefochtene No.1 (Wikipedia, Woot, Digg, Flickr), andere haben ihre führende Position verloren (Friendster an MySpace und Facebook, Technorati wackelt, Bloglines an Google Reader). Insofern stimmt die Aussagen von Andreas nicht, dass nicht der „Erste“ das Szepter tendentiell abgeben muss. Natürlich kann man noch weiter zurückgehen und einen Vorgänger finden:) Aber, was auffällt, dass eine ganze Reihe von Ideen zu einer Kulmination von „zusammengeschusterten“ Werken beigetragen haben. Wenn man so will, ist zB Flickr entscheidend von Friendster (social connecting via Profilen), del.icio.us (tagging), Blogs und RSS beeinflusst worden. YouTube wiederum von den Embedding-Funktionen von Flickr. Andrew Baron von Rocketboom hat mir erzählt, dass seine Idee auf der Vernetzung von Ereignissen beruhte: Blogs waren gut im Kommen, aber es gab wenige Videoblogs. Das fand er spannend. Da er zu der Zeit für eine US-Politiker mit Videofilmchen via Netz gearbeitet hat, fiel ihm auf, dass viele Browser bereits Flash verstehen können. Also kombinierte er seine Flash-Erfahrung mit der Blog-Idee. Und so wurde Rocketboom geboren. Ganz einfaches Beispiel dafür, wie bestehende Dinge mit hochkochenden Dingen kombiniert werden.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

6 Kommentare

  • Ich habe die Master thesis nicht durchgelesen, was aber im Blogbeitrag vergessen wurde ist das menschliche Kapital (gerade im Silicon Valley). Nach dem ersten Crash haben sich selbst kleinere Startups Topleute leisten koennen und genau dies verhalf zig Startups gute Produkte zu entwickeln.

    Eine Analyse zum Timing von IT Startups wuerde ich mir nicht als Thesis anmassen. Man lese das Buch „Founders at work“ durch, welches die Gruender von vielen der oben genannten Startups interviewt hat. Neben den 4 genannten Gruenden, kam der Erfolg auch oft durch „hard work“, „luck“ and the „right people“.

  • Diese Einwaende verdienen eine ausfuehrliche Antwort: mehr dazu bei mir unter
    http://medienkonvergenz.com/2007/09/20/unternehmensgruendungen-und-timing-ein-nachtrag/.

    Und zum vorhergehenden Kommentar: Mein Beitrag drehte sich explizit nur um den Faktor Timing. Dass es natuerlich noch viele andere Einflussfaktoren fuer den Erfolg eines Startups gibt, steht am Anfang des Beitrags. Zudem: „hard work“ und „the right people“ sind vermutlich Voraussetzungen fuer jede Art erfolgreicher Geschaeftstaetigkeit, und „luck“ kann man leider nicht sehr gut beeinflussen…

  • ja, ziemlich spannend. Ich wollte Dir ganz gerne den Ball zuwerfen hinsichtlich der Ideensteilvorlagen wie Wikipedia, Flickr, del.icio.us etc. Du hast doch gefragt, wie man das erkennen kann, wenn sich was tut. Daher der Ansatz, bestimmte Ideen, die early adaptoren in der breiten Masse begeistern, als Indikator zu nehmen, dass was kommt. Ohne diese frühen Pioniere (die ja auch „nur“ auf vorherigen Ideen aufbauen und weiterdenken), gäbe es keine Größen wie Google etc. aber auch nur dann, wenn bestimmte Ideen breitflächig gestreut werden und dann zu einem neuen Mix führen, das sie andere anregen. Das war so ein Zeitpunkt der Kulmination ungefähr zwischen 2001-2004. Was hälst Du davon?

  • Ja, sehr guter Punkt. In der Innovationsforschung ist es schon lange eine beliebte Strategie, sich die fruehe Entwicklung neuer Konzepte genau anzuschauen und daraus abzuleiten, wann die grosse Welle kommen koennte (wird z.B. gemacht bei Christensen/Disruption oder Utterback/Dominant Designs).

    Nur ist das fuer eine einzelne Firma, vor allem ein kleines Startup, recht schwer systematisch zu machen. Da spielt dann halt der Faktor „Luck“ eine ziemlich grosse Rolle…